Der Fall Marc Jan Eumann (5)

Rheinland-Filz

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Was bisher geschah:
Folge 1: Wie man in Rheinland-Pfalz Landesmediendirektor wird
Folge 2: Eine öffentliche Wahl als Staatsgeheimnis
Folge 3: Der beste Rundfunkbeitrag aller Zeiten!
Folge 4: Rheinland-Pfalz - Rechtsstaat oder failed state?

Wenn eine Partei seit fast drei Jahrzehnten die Regierung stellt, ist bei der Besetzung öffentlicher Ämter eine Verfilzung realistisch gesehen unausweichlich. Kontrollierbar ist allenfalls der Grad an Anstandslosigkeit, wie dreist die Parteibuch-Kaste das grundgesetzlich vorgegebene Prinzip der Bestenauslese außer Kraft setzt. Problematisch ist vor allem auch die Negativ-Auslese, da gute Leute nicht in die Politik gehen oder es im rauen Klima innerhalb einer Partei lange aushalten. Wenn sich Berufspolitiker nicht durch Kompetenz und Persönlichkeit für Mandate und Ämter qualifizieren, sondern durch Sitzfleisch, Stehvermögen, Konspiration und Opportunismus, muss man sich über das hemdsärmlige Personal nicht wundern.

SPD-Hochburg Rheinland-Filz

Der Fall des Berufspolitikers Dr. Marc Jan Eumann ist symptomatisch. Der Privatgelehrte hatte im Kölner Müllspenden-Skandal für die SPD den Kopf hingehalten und wurde von der Partei später dafür mit dem fünfstellig besoldeten Amt eines Staatssekretärs belohnt, das nach Wahlverlust in NRW nun durch die Direktorenstelle einer Landesmedienanstalt ersetzt wird. Können muss er dafür nichts, denn wenn es kompliziert wird, beauftragt die LMK eine renommierte Anwaltskanzlei. Eumann wird monatlich rund 10.000,- € für eine eher repräsentative Tätigkeit und Abhängen in Gremien erhalten – mehr als ein Präsident eines Oberverwaltungsgerichts.

Apropos: Als 2007 ein neuer Präsident des Koblenzer Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Filz gesucht wurde, machte der vormalige Mitarbeiter der rheinland-filzischen Staatskanzlei und Fraktionsjurist der rheinland-filzischen SPD, Lars Brocker, das Rennen; seit 2012 fungiert er auch als Präsident der rheinland-filzischen Verfassungsgerichtshofs. Brocker saß nun dem Senat des OVG vor, das über die Redlichkeit der SPD-Ämterpatronage des Herrn Dr. Eumann zu befinden hatte. Das OVG hätte ein Signal für den Rechtsstaat setzen und einen „rechtsfreien Raum“ schließen können – wenn man es denn gewollt hätte.

Grundrechtsfreier Raum

Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts ist – höflich formuliert – ergebnisorientiert subsummiert. Während unabhängige Juristen übereinstimmend zu dem Schluss gelangen, dass die „Wahl“ des Herrn Dr. Eumann weder mit dem Prinzip der Bestenauslese noch mit dem Transparenzgebot des Bundesverfassungsgerichts vereinbar ist, billigen die rheinland-filzischen Richter der LMK-Versammlung Narrenfreiheit zu, weil diese ja so pluralistisch zusammengesetzt sei.

Befremdlich hieran ist, dass die LMK-Versammlung ja gar keine informierte Entscheidung traf, sondern lediglich eine „Wahl“ durchgewinkt hatte, die bereits von einer konspirativen Findungskommission unter absurder Geheimhaltung getroffen wurde, ohne alternative Kandidaten auch nur zu erwägen. Diese „Findungskommission“ war mit drei Politikern, zwei Kirchenfürsten und einem Bildhauer besetzt – und bildet damit nicht die Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts ab, dass die Staatsbank höchstens ein Drittel ausmachen soll. Solch Klüngelei von Politikern und Pfaffen hält man in Rheinland-Filz also für Pluralismus.

Narrenfreiheit und Narrenkappe

Anders als das Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße billigte das Oberverwaltungsgericht nicht nur der LMK-Versammlung Narrenfreiheit zu, sondern hielt und erklärt auch den Antragsteller zum Narren. So sprach ihm das Gericht die Antragsbefugnis ab, da seine Bewerbung nicht ernstlich gemeint gewesen sei, da diese Spitzen gegen den ausgekungelten Kandidat enthielt. Sogar aus Äußerungen, die nach der Bewerbung in politischem Kontext gefallen waren, wollte das Gericht allen Ernstes folgern, der Antragsteller hätte kein Interesse an dem sensationell vergüteten Job.

Damit nicht genug, behauptete bzw. insinuierte das Gericht u.a. in einer Pressemitteilung, der Antragsteller hätte geäußert, er habe „formal“ kandidiert. Tatsächlich aber hatte er sich zunächst formlos nach den Anforderungen des (wie sich herausstellte, nicht existierenden) Verfahrens erkundigt und sich nach dieser Interessenbekundung dann auch formal beworben – im Gegensatz zu Herrn Dr. Eumann, von dem keine Bewerbung aktenkundig ist. Wie sich ein Bewerber öffentlich darstellt, ist aber allein dessen Sache. Wenn er einen fünftstelligen Betrag für ein verwaltungsgerichtliches Verfahren einsetzt, ist die Unterstellung mangelnder Ernstlichkeit ein Affront - und in der Verwaltungsrechtsgeschichte offenbar ein Novum.

Wenn ein Gericht einem Antragsteller allerdings eine so nicht getätigte Äußerung in den Mund legt und ihn damit in einer Pressemitteilung in Misskredit bringt, etwa bei den 392 Personen, die ihm zur Finanzierung des Rechtsstreits ihren „Rundfunkbeitrag“ anvertraut hatten, ist dies eine für ein Gericht bemerkenswert unprofessionelle Verletzung von Persönlichkeitsrechten. (Standesgemäße Abmahnung ist raus ...)

Gratulation

Zum 1. April tritt Herr Dr. Eumann dann nun sein Amt als neuer Direktor der Landeszentrale für Medien und Kommunikation an. Herzlichen Glückwunsch!