Rajoy ist zunehmend isoliert - abgesehen von Merkel

Proteste gestern in Barcelona. Bild: CDR

Der spanische Regierungschef nennt deutsches Vorgehen "modellhaft", dabei legitimiert nun auch die CSU das Selbstbestimmungsrecht der Katalanen

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Auch der vierte Versuch, einen katalanischen Präsidenten ins Amt zu bringen, wird von der spanischen Justiz unter Umgehung aller bisherigen juristischen Gepflogenheiten verhindert. Richter Pablo Llarena lässt den vom Parlament bestimmten Kandidaten Jordi Sànchez erneut am Freitag nicht ins Parlament und verhindert auch, dass er per Videokonferenz ins Präsidentenamt eingeführt wird. Er setzt sich über die Maßnahmen des UN-Menschenrechtskomitees hinweg, das von Spanien und von Llarenas Obersten Gerichtshof gefordert hatte, "alle Maßnahmen zu ergreifen, damit Jordi Sànchez seine politischen Rechte ausüben kann".

Es wird also, das war zu erwarten, am Freitag keinen neuen Versuch geben, einen Präsidenten zu wählen, das hatten die Unabhängigkeitsparteien schon im Vorfeld erklärt. Der Richter ignoriert weiter alle Kritik von hochrangigen Juristen, die ihm "groteske" Anklagen, "Rechtsbeugung" und "Rechtsumgehung" vorwerfen. Der angesehene Verfassungsrechtler Javier Pérez Royo und viele andere Juristen sprechen von "Rechtsbeugung gegen die Demokratie". Sie gehen davon aus, dass sich Llarena erneut strafbar macht und eigentlich seine Richterbefugnisse hätte längst verlieren müssen. Eine Amtseinführung zu verhindern, sei der "schwerste Fall von Rechtsbeugung, die ein Richter in einer Demokratie" begehen könne, meint Royo. An Llarena, der nur die Forderung der spanischen Regierung umsetzt, prallt diese Kritik weiter ab. Er verweist nur lapidar in seinem Beschluss am Donnerstag auf seinen früheren Beschluss hin. Er meint, dass es zudem keine "konkrete Anweisung" vom UN-Menschenrechtskomitee gegeben habe, die ohnehin für sein Gericht nicht bindend sei.

Allerdings wird Spanien immer stärker für sein Vorgehen kritisiert, sogar noch vor dem neuen Schritt, mit dem die spanische Justiz in die Falle getappt ist. In einem Aufruf fordert ein Bündnis von Nichtregierungsorganisationen aus verschiedenen europäischen Ländern von der spanischen Regierung die "Aufhebung des Haftbefehls gegen Carles Puigdemont" und die Einstellung der Verfahren gegen die übrigen" Verantwortlichen für das Unabhängigkeitsreferendum" am vergangenen 1. Oktober in Katalonien. "Ein Haftbefehl verschärft den Konflikt und wälzt ihn auf die Justiz ab, statt nach politischen Lösungen zu suchen. Was hier passiert, geht ganz Europa an. Der europäische Haftbefehl darf nicht politisch missbraucht werden", erklären Mehr Demokratie, OMNIBUS für Direkte Demokratie, Democracy International, Meer Democratie NL, mehr demokratie! Österreich, Democratie.nu Belgien und der Initiative zur Erweiterung der Demokratie in Luxemburg (Stand 11. April) und fordern alle Bürger auf, ihre Petition mit ihrer Unterschrift zu unterstützen.

Klar ist, dass Spanien erneut in eine katalanische Falle getappt ist. Denn die Katalanen hatten mit der Amtseinführung vor allem vor, Spanien international weiter zu isolieren. Sànchez wäre, hätte es Llarena nicht verhindert, nur ein Übergangspräsident geworden, den die Katalanen nicht wirklich wollen, da sie erneut ihren "legitimen Präsidenten" Puigdemont wollen. So hat Madrid, massiv im Dilemma, nun wohl ganz offensichtlich zum Ziel, bis in einem Monat jede Investitur zu verhindern, um erneut wählen zu können. Dafür werden keine undemokratischen Mühen gescheut.

Denn die aus Spanien verordneten Zwangswahlen gingen im vergangenen Dezember wie der Hornberger Schießen aus, da sie die Unabhängigkeitsparteien trotz dokumentierter Unregelmäßigkeiten erneut gewonnen haben. Man versucht also weiter aus Madrid, die Umsetzung eines demokratischen Wahlergebnisses zu verhindern und dreht an der Repressionsschraube. Die Hoffnung ist, dass mit mehr Unterdrückung und Inhaftierungen (und verstärktem Wahlbetrug?) dann das von Madrid erwünschte Ergebnis erreicht wird.