Tesla: Zweifelhafte Modernität

Bild: Norio Nakayama / Lizenz: CC BY-SA 2.0

Die Energie- und Klimawochenschau: Gewerkschaftsfeindliche Konzerne, die ihre Arbeiter in Gutsherrenmanier behandeln, Jobmotor Windkraft und das vorgeschobene Arbeitsplatzargument, wenn es um die Braunkohle geht

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Bei Tesla läuft es zur Zeit nicht richtig rund, und das ist noch sehr wohlwollend ausgedrückt. Vorstandschef Elon Musk schwört zwar, sein Unternehmen bis zum Jahresende wieder profitabel machen zu können, aber mancher mag ihm das nicht recht abnehmen.

Der Verkauf des Zugpferds Model 3 (bisher über 400.000 Vorbestellungen) will nicht recht in Gang kommen, und jetzt wurde dessen Produktion vorübergehend ganz eingestellt. Die Arbeiter werden in den Urlaub geschickt oder müssten vier bis fünf Tage zu Hause sitzen, ohne entlohnt zu werden, schreibt das Handelsblatt. Die Schließung sei ohne Vorwarnung erfolgt.

Ein willkürlicher Umgang mit den Beschäftigten scheint also für den sich gerne als modernen Visionär inszenierenden Musk nicht im Widerspruch zum gepflegten Image zu stehen. Die linke, in New York erscheinende Zeitung People's World berichtet von Entlassungen und Diskriminierungen von Arbeitern, die das Unternehmen im Verdacht hat, für Gewerkschaften einzutreten.

Ein Mitarbeiter wird zitiert, der verbreitete Arbeitszeiten von deutlich über 40 Stunden in der Woche beklagt und von Überstunden spricht, gegen deren Verordnung man sich nicht wehren könne. Die Maschinen seien oftmals nicht ergonomisch und es komme zu vermeidbaren Verletzungen.

Auch rassistische Ausfälle von Vorgesetzten scheinen bei dem E-Auto-Hersteller nicht unüblich zu sein, wenn man einem Bericht der Los Angeles Times glauben kann. Demnächst wird voraussichtlich ein Prozess eröffnet, den zwei Leiharbeiter gegen das Unternehmen angestrengt haben.

Der Darstellung der Zeitung ist zu entnehmen, dass sie nur aufgrund ihrer Stellung als Leiharbeiter dazu in der Lage sind. Teslas Angestellte seien hingegen vertraglich verpflichtet, ihre entsprechenden Vorwürfe in einem verbindlichen internen Schlichtungsverfahren zu klären. Auch dies hört sich nicht gerade nach modernen Standards an - es sei denn, man hält den Rückfall hinter rechtsstaatliche Verhältnisse für modern.

Zu Teslas technischen Problemen gehört auch, wie der oben verlinkte Beitrag des Handelsblattes ausführt, der übertriebene Einsatz von Produktionsrobotern, der die Fertigung zum Teil verlangsamt hatte. Außerdem hatte Ende März ein tödlicher Unfall mit einem Tesla X für schlechte Schlagzeilen gesorgt, die dem Börsenkurs des Unternehmens zusetzen.

Nach einer Darstellung des US-amerikanischen Magazins Forbes war der Wagen mit Autopilot unterwegs gewesen. Das System hatte aber eine Betonabsperrung am Rande der Straße nicht erkannt.

Nebenbei erfährt der Leser auch, dass Tesla Unmengen von Daten seiner Kunden sammelt, um mit diesen die Autopiloten der Fahrzeuge zu trainieren. Die "Freie Fahrt für freie Bürger 2.0" wird also darin bestehen, dass der so sehr auf seine Individualität bedachte Autofahrer seine Gewohnheiten und Bewegungen den Autokonzernen detailliert preisgibt. Wie der Fall Facebook zeigt, könnte sich daraus durchaus ein lukrativer Nebenerwerb für Tesla entwickeln lassen. Brave new world.

Die Alternative zur Alternative

So sieht es also aus, wenn versucht wird, die alte Auto-Kultur mit PS-protzigen Elektroautos fortzuschreiben. Aber es gebe natürlich eine Alternative, die in der Ausweitung der öffentlichen Verkehrssysteme läge. Die hätte zudem den Vorteil, dass sie nicht nur Energie- und Platz sparend ist, sondern auch erheblich demokratischer. Sie bietet Mobilität nämlich nicht nur jenem Teil der Gesellschaft, der alt und finanzkräftig genug ist, um ein Automobil zu steuern.

Aber natürlich müsste sich an den real-existierenden "Öffis" noch gewaltig viel ändern. In Städten wie Berlin hat sich inzwischen ein gewaltiger Investitionsstau aufgebaut, weil in Zeiten ausgebluteter öffentlicher Haushalte auch die Verkehrsunternehmen knapp gehalten werden.

In der Hauptstadt kommt erschwerend hinzu, dass die S-Bahn von der staatlichen, aber privatwirtschaftlich aufgestellten DB AG als Melkkuh behandelt wird, die Fahrzeugpark und Personal bis an die Grenze des Erträglichen auslastet. Unter anderem wurden aus den Werkstätten mehrere hundert Mitarbeiter entlassen, sodass es jahrelang zu erheblichen Ausfällen kam, weil zu viele Waggons nicht mehr einsatzbereit waren.