Nordkorea: Atomwaffentestgelände scheint unbrauchbar geworden zu sein

Gerade gibt sich Kim Jong-un wenig kämpferisch.

Die Bereitschaft von Kim Jong-un zu Gesprächen auch mit Donald Trump könnte davon motiviert sein, erst einmal keine Atomwaffentests mehr durchführen zu können

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Möglicherweise hat Kim Jong-un schlechtere Karten, um mit Donald Trump zu verhandeln. Auch für den Gipfel am Freitag, an dem erstmals seit 2007 wieder ein Gipfeltreffen der nord- und südkoreanischen Regierungschefs stattfinden wird, könnten die neuen Erkenntnisse Folgen haben, weil das Drohpotential Nordkoreas geringer werden könnte.

Morgen werden sich der südkoreanische Präsident Moon Jae-in und Kim Jong-un in der Grenzstadt Panmunjeom treffen. In Südkorea spekuliert man sogar auf einen Friedensvertrag, seit 1953 gibt es nur einen Waffenstillstand. Offenbar ist das bergige Gelände der nordkoreanischen Atomwaffentests eingebrochen, was zukünftige Tests auf längere Zeit verhindern könnte. Chinesische Wissenschaftler haben diese Beobachtung gemacht.

Am 21. April erst hatte der nordkoreanische Diktator Kim Jong-un erklärt, dass er die Atomwaffen- und Raketentests einstellen wolle und das Atomwaffentestgelände nicht mehr benutzt würde. Das könnte weniger eine Geste gegenüber Trump gewesen sein als eine Konsequenz aus dem Wissen, dass die Punggye-ri-Atomwaffentestanlage nicht mehr verwendbar ist. Hier fanden die fünf Atomwaffentests statt, die Nordkorea bislang durchgeführt und damit für größtmögliche Aufmerksamkeit gesorgt hat. Nordkorea wollte damit und mit seinem Raketentests bezeugen, eine Atommacht geworden zu sein, um sich dadurch vor möglichen Angriffen zu schützen.

38North hatte allerdings noch am Dienstag berichtet, dass Satellitenbilder am 20. April "ungewöhnliche Aktivitäten" zeigen würden. Man habe ein Dutzend Förderwagen am Müllberg beim westlichen Eingangsstollen gesichtet, wisse aber nicht, ob dies mit der Ankündigung von Kim Jong-un zusammenhänge. In allen anderen Bereichen, einschließlich dem Kommandozentrum, seien keine Aktivitäten festzustellen, nur in einem südlichen Bereich wurden einige Menschen beobachtet. Man kommt zu dem "spekulativen" Schluss, es könne ein erster Hinweis dafür sein, dass Nordkorea beabsichtige, den Bau weiterer Tunnel im Testgelände einzustellen.

Nach den zwei chinesischen Wissenschaftlerteams, über deren Ergebnisse SCMP berichtet, habe der letzte Atomwaffentest am 3. September 2017 (Nordkorea hat angeblich erfolgreich einen Atomwaffentest durchgeführt) mit einer Sprengkraft von 100 Kilotonnen in einer Tiefe von 700 Metern ein Loch mit einem Durchmesser von 200 Metern in den Berg gerissen, das sich durch einen Zusammenbruch aber wieder geschlossen habe. Aber durch Löcher könne radioaktive Strahlung entweichen. Man müsse ein mögliches Entweichen radioaktiver Strahlung beobachten, sagen die Wissenschaftler, deren Bericht vermutlich demnächst in den Geophysical Research Letters veröffentlicht wird.

Nach dem letzten Test gab sich Kim Jong-un noch als starker Mann mit Atomwaffen.

Damals waren bereits Befürchtungen geäußert worden, dass das Testgelände zusammenbrechen und radioaktive Strahlung freigeben könne, die möglicherweise auch Südkorea und China gefährden würden. Gemessen wurden drei Erdbeben in der Region. Die zweite chinesische Wissenschaftlergruppe geht davon aus, dass beim letzten Atomwaffentest ein "Kamin" entstanden sei, durch den womöglich Radioaktivität in die Luft entweichen kann. Das Team von Liu Junqing von der Erdbebenbehörde Jilin, die zur Chinesischen Erdbebenbehörde in Changchun gehört, hatten bereits im März berichtet, dass vermutlich durch die Atomwaffenexplosion kurzfristig ein offener Raum geschaffen und dann wieder geschlossen wurde, was durch seismische Messungen belegt werde, aber nicht sicher sei.

Zu vermuten ist, dass das nordkoreanische Regime schon seit dem letzten Atomwaffentest über die Lage Kenntnis hatte. Vielleicht hat man erstmals die Eskalation verstärkt, um dann plötzlich umzulenken, als ob das politisch gewollt sei, aber mit den Bedingungen des Atomwaffenprogramms nichts zu tun habe. Derzeit scheint man weiter daran festhalten zu wollen, eine Atommacht zu sein und bleiben zu wollen. Das dürfte aber taktische Gründe haben, um eine entsprechende Verhandlungsposition nicht zu gefährden.

SCMP zitiert Zhao Lianfeng vom Institut für Geologie an der Chinesischen Akademie der Wissenschaften, nach dem beide Studien belegen sollen, dass unter Wissenschaftlern Einigkeit besteht, dass das Atomwaffengelände unwiederherstellbar zerstört wurde. Das stimme mit eigenen Beobachtungen überein. Gut möglich aber auch, dass China Nordkorea gewarnt hatte, auf dem Atomwaffentestgelände weitere Versuche durchzuführen, schließlich wäre von einem radioaktiven Fallaout auch China betroffen. Bislang wurden aber offensichtlich noch keine erhöhten Werte gemessen. Auch das könnte Nordkorea bewogen haben, nach der Eskalation einen diplomatischen Weg zu beschreiten, zunächst gegenüber Südkorea und dann auch gegenüber den USA.