Auswärtiges Amt: Kriegsmarketing statt Friedensdiplomatie?

Ein unterirdischer Gang verbindet den Altbau mit dem Neubau des Auswärtigen Amtes. Foreign_Office_Berlin_2007_011.jpg:Bild: Gryffindor/gemeinfrei

Das deutsche Außenministerium will "kampagnenfähig" werden und hat dazu vor kurzem mehrere PR-Experten und Journalisten eingestellt. Propaganda betreibe man aber nicht

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So wie sich die deutsche Außenpolitik in den letzten zwei Jahrzehnten gewandelt hat, beginnend mit der Teilnahme am völkerrechtswidrigen Krieg gegen Jugoslawien 1999, verändert sich seither auch das Selbstverständnis des Auswärtigen Amtes.

Seit 2016 gibt es eine Abteilung für "Strategische Kommunikation", wo man, ähnlich wie im bereits 2015 auf EU-Ebene gestarteten "Strategischen Kommunikationsteam Ost" (Propaganda-Offensive der EU, die eigene Außenpolitik den Bürgern besser vermitteln und "Desinformation" bekämpfen will. Zudem ist man bestrebt, potenziellen Flüchtlingen bereits in ihren Heimatländern Deutschland als Fluchtziel "auszureden". Auf einer entsprechenden Website rumoursaboutgermany.info versucht das Amt, die Flüchtlinge direkt anzusprechen.

Im Auswärtigen Amt leitete die Abteilung zunächst Ralf Beste, ein langjähriger Spiegel-Journalist. Nachdem dieser mittlerweile zum Planungsschef des Amtes aufgestiegen ist, besetzt nun der Karrierediplomat Andreas Kindl den Posten. Ende 2017 suchte die Abteilung per öffentlicher Ausschreibung neue Mitarbeiter, darunter ausdrücklich "Kampagnenexperten", Social-Media-Experten, Journalisten und Videojournalisten. Man wollte ein Redaktionsteam aufbauen, das eigene Inhalte erstellen und unter die Leute bringen kann. In der Ausschreibung hieß es recht unverblümt:

Eine professionelle und nachhaltige Kommunikation im In- und Ausland wird für die deutsche Außenpolitik immer wichtiger. Im Ausland sind die Erwartungen an Deutschlands Rolle und Verantwortung in der internationalen Politik gestiegen. In gleichem Maße steigt die Notwendigkeit, die Legitimierung für eine aktive Außenpolitik zu stärken. (…) Zentrales Ziel des Bereichs 'Strategische Kommunikation' ist es, das Auswärtige Amt kampagnenfähig zu machen, d.h. außenpolitisch relevante Themen kommunikativ rasch und zugleich nachhaltig zu bespielen, v.a. im digitalen Raum.

Ausschreibung

Seit März ist das Team mit sechs freiberuflichen Mitarbeitern nun komplett und einsatzbereit. Wie die neue "strategische Kommunikation" aussieht, lässt sich an einer scharfen Stellungnahme zum Fall Skripal ablesen, in der das Auswärtige Amt behauptet, ein OPCW-Labor habe "ohne Zweifel das russische Gift" nachgewiesen - eine klare Desinformation, also eben das, was man eigentlich bekämpfen möchte. Selbst die Briten sprechen nicht vom Nachweis "russischen Gifts", sondern, in einer auffällig konsequent verwendeten, juristisch spitzfindigen Formulierung vom "Gift eines Typs, wie er in Russland entwickelt wurde" - was noch nichts über den konkreten Täter in diesem Fall aussagt. Den Kampagnenexperten vom Auswärtigen Amt sind diese Feinheiten entweder nicht geläufig oder wurden bewusst verwischt.

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