Italien: Was hinter dem Erfolg der Lega steckt

Bild: Luca Giarelli / CC-BY-SA 3.0

Anlässlich der erneut gescheiterten Regierungsbildungsversuche hat sich unsere Korrespondentin das theoretische Gerüst des Wahlsiegers angesehen

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Gestern ist eine abermalige Konsultationsrunde mit Staatspräsident Sergio Mattarella zur Regierungsbildung ohne Ergebnis zu Ende gegangen. Der Versuch eine Regierungskoalition zwischen dem Movimento 5 Stelle und Lega Nord auf die Beine zu stellen ist gescheitert, womit die aktuelle politische Krise wohl direkt auf im Juli angesetzte Neuwahlen zusteuert.

Die Wählerschaft hatte am 4. März Italiens ältester, noch aktiver Großpartei, der Lega Nord, mehr Vertrauen als erwartet entgegengebracht. Landesweit konnte sie 18% der Stimmen erreichen. Ist dieser Erfolg dem Imagewechsel unter Matteo Salvinis Leitung zuzuschreiben?

Es war eine postideologische Wahl, die angeblich das Zeitalter der 3. Republik eingeleitet hat. Der Triumph Salvinis lepenistischer Lega Nord bestätigt, dass sich auch in Italien eine neue politische Dimension etabliert hat, die jenseits der ehemaligen Rechts-Links-Gegenüberstellungen liegt. Der Dualismus hat sich in die Vertikale verschoben. Salvini ist es gelungen, sich mit der Lega Nord, die seit Jahrzehnten den Norden regiert, als authentische Alternative zu allen derzeitigen Machthabern zu präsentieren.

Durchbruch in den roten Hochburgen

Beeindruckend war Salvinis Durchbruch v.a. in den historischen linken Hochburgen unterhalb Padaniens: in der Emilia-Romagna, in der Toskana, in Umbrien und in den Marken haben sich 20% der Wähler für die Lega Nord ausgesprochen. Sogar im Süden konnte eine positive Bilanz gezogen werden.

Ist die Lega Nord immer noch eine separatistische Partei, die sich für die Föderalisierung des italienischen Zentralstaates bzw. die Erlangung der Autonomie für den Norden Italiens einsetzt? Vielmehr hat sie sich von der lokalen Ein-Themen-Protestpartei zu einer nationalen Macht mit populistischen und typischen rechtsnationalen Elementen entwickelt, die mit der ursprünglichen Lega wenig zu tun haben.

Gianfranco Miglio

Die Lega Nord für die Unabhängigkeit von Padanien enstand im Jahr 1989 durch die Vereinigung verschiedener Autonomiebewegungen; alle im Glauben geeint, die Übel des Landes stammen aus Süditalien. Mitten im Tangentopoli-Skandal betrat die Lega dann das Parlament. Chefideologe war damals Gianfranco Miglio, obwohl die sehr intensive Beziehung zwischen Miglio und der Lega eher von kurzer Dauer gewesen ist.

Lange bevor er 1992 in der Parteiliste der Lega Nord zum Senator gewählt wurde, hatte der Politologe mehrfach die neuartigen, autonomiebestrebten, separatistischen Impulse des Nordens befürwortet; er erhoffte sich dadurch eine Territorialisierung des politischen Konflikts und folglich eine föderalistische Transformation der Institutionen.

Die Besonderheit dieses neuen politischen Modells, das lokale Forderungen und zentrale Macht gegenüberstellte, war in Miglios Augen zum einen revolutionär und zum anderen potenziell sehr positiv. Er ahnte, dass die Lokalisierung und Fragmentierung der Macht zur Rechenschaftspflicht der politischen Akteure führen könnte, was wiederum die Gesellschaft stärken und die Freiheit jener Gemeinschaften erweitern würde, die bereit waren, föderalistische Abkommen zu schließen.

Die Lega begann, sich bei den Wählern durchzusetzen; sie stand für einen Populismus mit starken liberalen Konnotationen, die auch die Zustimmung all derer gewinnen konnten, die weniger Steuern, weniger Bürokratie, weniger Staat und mehr Privatisierung wollten.

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