Bulle, Querdenker, heimlicher Herrscher

Bild: Tim Reckmann / ccnull.de / CC-BY-NC-2.0

Red-Bull-Vermarkter Mateschitz ist tot. Er hat eine lukrative, aber wenig wohlschmeckende Mischung vertrieben und stand für einen liberal-autoritären Führungsstil. Gerne auch bei seinem Investitionsobjekt Österreich.

Den Tod des österreichischen Multimilliardärs und Red-Bull-Vermarkters Dietrich Mateschitz im Alter von 78 Jahren meldete am späten Samstagabend zuerst das Motorsport-Fachmagazin Speedweek. Das Blatt gehört zum Red-Bull-Konzern. Der Österreicher sei infolge "einer langen, schweren Krankheit" verstorben.

In Nachrufen wurde Mateschitz am Wochenende oft als "Gründer" oder "Erfinder" von Red Bull bezeichnet. Dabei müsste nur sagen: Der 28-fache Milliardär und mit Abstand reichste Österreicher hat ein nachweislich nicht überdurchschnittlich aufputschendes, thailändisches Getränk mit dem Namen Krating Daeng oder eben Red Bull nur klug promotet.

Die Spitzen der österreichischen Republik danken ihm ehrerbietig dafür. Etwas überflüssig, hat sich doch Mateschitz ein eigenes Medienimperium aufgebaut, das zeitlebens auch der Huldigung seiner Person diente.

Warum ein einziger Mann den fast hunderttausendfachen Lebensarbeitsverdienst eines österreichischen Arbeitnehmers "verdient" haben soll, konnte bislang nicht geklärt werden. Telepolis widmete sich bereits 2018 dem Red-Bull-Imperium und der Person Mateschitz. Hier der leicht überarbeitete Text.


Nur selten äußerte sich Dietrich Mateschitz in der Öffentlichkeit. Wenn er es tat, durfte er mit einer gewissen höfischen Ehrerbietung rechnen. In Österreich wird diese seit Jahrhunderten eingeübt und mit der Nase im Staub erkundigt man sich stets zuerst nach Mateschitz' Milliardenbesitz. Hier winkte er meist ab und dies völlig zu Recht. Mateschitz sei kein "Dagobert Duck", der auf einem riesigen Geldberg säße.

Dies wäre auch sehr unklug gewesen. Die Marke Red Bull wurde zu dem, was sie ist, durch konsequentes Investment in "symbolisches Kapital". Dabei wurde Sportlern, Extremsportlern (die zuweilen im Auftrage des Konzerns ihr Leben gaben) oder Hip-Hop-DJs jener Coolnessfaktor abgekauft, den eine Zuckerbrause nicht haben kann, die jährlich auf circa sechs Milliarden Aludosen verteilt wird.

In dieser Maßnahme zeigt sich das zwar hässliche und deswegen der ständigen Aufhübschung bedürftige Gesicht des Kapitalismus, aber dies braucht dem Bullenkonzern nicht mehr vorgehalten werden als anderen. Außerdem könnte ihm zugutegehalten werden, dass die Gewinne an die "Symbolkapitallieferanten" zumindest teilweise ausgezahlt werden. Also, was soll’s?

Mikro-Makro-Einerlei

Aus drei Gründen ist diese Sicht verfehlt. Erstens unterlief Mateschitz jener bekannte Mikro-Makro-Kategorienfehler, er war zweitens blind gegenüber seiner eigenen Gutsherrenart und er hielt deswegen, drittens, den rechts-autoritären Umbau der Gesellschaft für gerechtfertigt.

Der Reihe nach: Mateschitz rühmte sich regelmäßig, mit Red Bull im Plus zu bilanzieren, wenig Fremdkapital zu bedürfen und fleißig zu investieren. Gleichzeitig brüstete er sich seine Steuern in Österreich zu zahlen und sah dies wohl als eine Art Investment an. Er forderte somit von seinem Investmentobjekt Austria ebenso Sparsamkeit und Gewinnorientierung.

Was bei einem Konzern, einem mikroökonomischen Gebilde, Ziel ist, nämlich der Reinerlös, kann aber niemals Ziel eines makroökonomischen Gebildes sein, wie es die Republik Österreich oder die Europäische Union nun einmal sind.

Österreich hat kein Sparbuch, die Schulden des Staates sind zugleich das Vermögen seiner Bürger, insofern diese reich genug sind, ihr Geld dem Staat zu leihen. Gleichzeitig muss ein Staat Strukturen bereitstellen, die niemals gewinnbringend sein können.

Unternehmer, die frei von der Verantwortung sind, divergierende gesellschaftliche Interessen befrieden zu müssen, scheinen dies geflissentlich nicht zu begreifen und sind deswegen fast immer schlechte politische Ratgeber. Mateschitz zumindest mochte sich "sehr genau anschauen", was mit "seinen" Millionen passiert, die er als Steuern bereitstellt. Anders gesagt, er wollte mitregieren und meinte, dies stünde ihm aufgrund seines Investments auch zu.

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