Schon wieder geht es um eine Pipeline

Bild: Harald Hoyer, CC BY-SA 2.0

US-Regierung droht mit Handelskrieg, wenn Deutschland weiter das Pipelineprojekt Nord Stream 2 mit Russland verfolgt

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Wenn es um geostrategische Interessen geht, spielen trotz aller Rede von einer Klimawende erneuerbare Energien praktisch keine Rolle. Sie sind auch vorwiegend dezentral und lokal, während fossile Energien weiterhin den primären Energie- oder Blutkreislauf der Welt speisen und daher in aller Regel eine Rolle bei geopolitischen Konflikten spielen. Man darf annehmen, dass Washington nicht zuletzt deswegen das Abkommen mit dem Iran aufgekündigt hat. Nicht zur Unterstützung Israels oder aus Angst vor der nuklearen Aufrüstung, sondern um so Iran als Öllieferant auszuschalten.

Im Hintergrund von Donald Trumps angedrohtem Handelskrieg gegen Deutschland stehen wie schon unter Obama ökonomische Interessen, Europa von der Energieabhängigkeit von Russland zu lösen. Dabei sollen die USA im Sinne von "Amerika wieder groß machen" sowie Alliierte profitieren, die statt Russland Europa mit Gas und Öl versorgen (Hinter dem Rücken der Öffentlichkeit sponsert die EU eine eigene Gasinfrastruktur). Die Ukraine, durch die weiter Pipelines von Russland nach Europa laufen, ist dabei ein Trojanisches Pferd, um Nord Stream 2 zu verhindern. Aber es geht Washington keineswegs darum, dass die Ukraine von den russischen Exporten weiter profitiert - 2018 sollen 3 Milliarden US-Dollar in die Kassen gespült werden (Ukraine wird zum unsicheren Gas-Transit-Land) -, denn seit dem Beginn des Frackings kämpfen die USA um Möglichkeiten, andere Staaten von amerikanischen Öl und Gas abhängig zu machen.

Bei dem letzten Treffen im April soll Donald Trump ganz offen Bundeskanzlerin Merkel, die sich heute mit Wladimir Putin in Sotschi trifft, mit einem Handelskrieg gedroht haben, wenn es die Gaspipeline Nord Stream 2 durch die Ostsee unter Umgehung der Ukraine weiterverfolgt. Das haben, so berichtet das Wall Street Journal, deutsche, amerikanische und europäische Regierungsangehörige gesagt. Merkel hatte beim Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Poroschenko noch erklärt, man werde die Interessen der Ukraine als Transitland berücksichtigen und dafür Garantien durchsetzen. Das war offenbar für Washington nicht überzeugend.

Nach Ansicht von Washington würde Nord Stream 2 die Abhängigkeit Europas von Russlands Gas erhöhen. Zudem werden Befürchtungen geäußert, dass Russland Unterwasser-Überwachungstechnik mit der Pipeline installiert. Das sagte zumindest Sandra Oudkirk vom US-Außenministerium, zuständig für Energiepolitik. Die Drohung kam auch zu dem Zeitpunkt, zu dem die EU erklärte hatte, europäische Unternehmen, die mit dem Iran Handel treiben, vor US-Sanktionen zu schützen. An Nord Stream 2 sind Konzerne aus mehreren europäischen Ländern neben Gazprom beteiligt: Royal Dutch Shell Plc, Wintershall, Uniper SE, OMV AG und Engie SA.

Nach Oudkirk seien Sanktionen eine Folge eines im letzten Jahr aufgrund der Intervention in der Ukraine und der Einmischung in die US-Wahlen verabschiedeten Gesetzes, das der US-Regierung erlaube, gegen russische Energieprojekte einzuschreiten: "Das bedeutet, dass jedes Pipeline-Projekt, und es gibt viele davon möglicherweise betroffene Projekte, mit einem erhöhten Sanktionsrisiko bedroht ist." Die USA seien gegen Nord Stream 2 wegen Sicherheitssorgen, wobei sie auf Überwachungstechnik hinwies, ohne das weiter auszuführen, was darauf hindeutet, dass das nur vorgeschoben ist.

Oudkirk machte klar, was von Washington statt Nord Stream 2 verlangt wird. Europa könne doch Gas vom Kaspischen Meer, dem östlichen Mittelmeer, Algerien, Australien oder eben den USA improtieren. Dass sie noch hinzufügte, Washington sei "neutral", sofern es nur kein russisches Gas ist, überzeugt nicht wirklich.

Klar ist, dass es auf eine direkte Konfrontation von Deutschland mit den USA hinausläuft. Derzeit scheint ein Kompromiss kaum möglich. Möglicherweise könnte Trump Nord Stream 2 akzeptieren, wenn Deutschland beim Iran-Abkommen einlenkt. Kaum denkbar scheint, dass sich Berlin gegen Trump im Hinblick auf den Iran durchsetzen und die Pipeline Nord Stream 2 realisieren könnte, die die Hegemonie der USA mindern und mit den gestiegenen Energiepreisen Russland bevorteilen könnte. Zudem soll unterbunden werden, dass die antirussischen Sanktionen unterlaufen und nicht von Washington kontrollierte Beziehungen von Deutschland und anderen EU-Staaten mit Russland aufgebaut werden.

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