MH17: Kaum neue Erkenntnisse

Auf der Pressekonferenz wurden auch die gefundenen Teile der Rakete gezeigt, fraglich ist schon, ob sie von der selben Rakete stammen.

Das Gemeinsame Ermittlungsteam ist "überzeugt", dass das Buk-Transportfahrzeug von der russischen 53. Brigade stammt, aber es überwiegen offenbar die offenen Fragen

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Das von der niederländischen Staatsanwaltschaft geleitete Gemeinsame Ermittlungsteam (JIT), an dem Vertreter von Australien, Belgien, Malaysia, den Niederlanden und der Ukraine mitwirken, hat heute auf einer Pressekonferenz in Utrecht den vorläufigen Ermittlungsstand über den MH17-Fall bekanntgegeben. Danach ist das JIT zu der Erkenntnis gekommen, wie der Leiter der Ermittlungen, Fred Westerbeke sagte, dass die Passagiermaschine mit einer Buk-Rakete in der Nähe von Pervomaiskyi (Ort wurde korrigiert) abgeschossen wurde. Das Start- und Transportfahrzeug Buk-Telar, mit der die Rakete transportiert worden ist, soll von der russischen 53. Luftabwehrbrigade aus Kursk stammen.

Damit bestätigt JIT einen Bericht von Bellincat, das bereits auf die Brigade hingewiesen hatte. Morgen wird Bellincat auf einer Pressekonferenz vermutlich auf Verantwortliche hinweisen, was JIT heute (noch) nicht machte. Genannt wurde von Bellincat der russische Generalleutnant Nikolai Tkachyov, der gegewnärtig als Chefinspektor des Zentralen Militärdistrikts tätig ist und seinerzeit unter dem Pseudonym Delfin kommuniziert haben soll. Der russische Militär weist ebenso wie die russische Regierung jede Beteiligung an dem Abschuss zurück. Das JIT kann allerdings nicht belegen, ob die Brigade aktiv an dem Abschuss beteiligt war. Es ist also keineswegs so, wie manche Medien schon in der Überschrift suggerieren: "Flug MH17 wurde von russischer Armee abgeschossen".

Ausführliche Vergleiche von Bildern dienen zur Identifikation einer Buk-Telar der 53. Brigade.

Nach Westerbeke sei man aufgrund "ausführlicher vergleichender Ermittlungen" zu der Überzeugung gekommen, dass es sich um eine Buk-Telar der 53. Brigade gehandelt hat. Mit den Vergleichen meint man verschiedene Bilder, aus denen man Charakteristiken ableitet, die eine Art "Finderabdruck" ergeben sollen, den man wiederum mit anderen russischen und ukrainischen Buk-Telar verglichen hat. Die einzige Übereinstimmung habe es mit der Selbstfahrlaffete gegeben, die mehrmals bei einem Konvoi der 53. Brigade fotografiert worden war.

Daraus schließt das JIT, dass Personen der Brigade oder aus deren Umfeld Wissen über den Einsatz dieser Buk-Rakete und der daran beteiligten Menschen haben. Man muss aus dem Aufruf schließen, dass sich Zeugen und Insider melden sollen, die Informationen über die Beteiligten, den Auftrag und den Verantwortlichen haben, dass die Verantwortlichen nicht bekannt sind oder es nicht hinreichend Beweise für deren Beteiligung vorhanden sind.

Zudem ist noch nicht hinreichend gesichert, wo die Rakete, deren Bruchstücke - ein Teil des Gehäuses und Venturi, das Rohr aus dem Antriebsgase entweichen - gefunden wurden, herstammt. Nach der Typenbezeichnung 9M1318869032, die auf dem Gehäuse der Rakete gefunden wurde, wurde die Rakete aus der Buk-Reihe 9M38 1986 von der Dolgoprudny Research and Manufacturing Enterprise in Moskau hergestellt. Unklar aber sei, ob die beiden Fundstücke, also das Rohr und das Gehäuse, zu der Rakete der 53. Brigade gehören. Das JIT bittet um Informationen über die Nummern auf dem Venturi und dem Gehäuse und woher die Teile stammen. Da scheint man dann doch nicht sehr weit gekommen zu sein, auch wenn Westerbeke versicherte, man habe "trotz der Umstände und der Komplexität der Ermittlung" in der letzten Zeit einen "wesentlichen Fortschritt" erzielt.

Westerbeke verweist dabei allerdings auf den Bericht aus dem Jahr 2016, wo man über 100 Personen gesprochen habe, die mit dem Abschuss zu tun haben könnten. Hier sei man weiter gekommen und habe die Rolle von vielen näher bestimmen können. Er gab aber weder Einzelheiten noch Namen bekannt. Dies würde vor Gericht bekannt gegeben werden. Man weiß also nicht wirklich, wie weit die Ermittlungen über die Verantwortlichen gekommen sind. Dass man noch ziemlich im Dunklen der Beweisführung stochert, dürfte der Aufruf an die Öffentlichkeit belegen, die Fragen zu beantworten, die mit der Kontrolle und dem Einsatz des Buk-Telar-Fahrzeugs und auch mit der Rakete, die davon abgeschossen wurde, zusammenhängen.