Auch spanische Börse erfreut über Sturz der Korruptionspartei von Rajoy?

Pedro Sánchez auf dem Weg ins Parlament zur Debatte über den Misstrauensantrag. Bild: congreso.es

Nachdem die Börsen in dieser Woche wegen den Sorgenkindern Italien und Spanien in die Knie gingen, scheint der Ibex in Madrid zu feiern, dass der Rücktritt von Rajoy näher kommt

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Die Börsen in Europa werden in diesen Tagen wieder einmal von der Angst um den Euro geplagt. Direkte Auslöser ist vor allem das politische Chaos in Italien, aber auch die Lage in Spanien. Das hoch verschuldete Italien bekommt nun wieder nur mal eine Übergangsregierung, weil die Regierungsbildung geplatzt ist. Auf der anderen Seite ist die Tatsache, dass neben dem drittgrößten Euroland mit Spanien auch das viertgrößte mit seinem massiven Korruptionssumpf der regierenden Korruptionspartei in die politische Krise abgerutscht ist. Ohnehin stecken die beiden großen Länder weiter auch in einer ökonomischen Krise, die vor allem über die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) aufgehübscht wird.

Das hatte nicht nur zu Wirbel an den Börsen gerührt, sondern auch die Risikoaufschläge der Krisenländer sind zeitweise wieder sehr deutlich gestiegen. Allen dürfte klar sein, was passiert, wenn die Renditen für hochverschuldete Länder wie Italien und Spanien hochschießen und sich länger auf hohem Niveau halten. Erschwerend kommt hinzu, dass die EZB fast ihr gesamtes Pulver verschossen hat. Zuletzt sind die Risikoaufschläge (Spread) für spanische und italienische Staatsanleihen wieder zurückgegangen, allerdings gerade im Fall Italiens ist der Spread mit fast 260 Basispunkten im Verhältnis zu deutschen Anleihen weiter hoch, zu hoch für das Land, das seit langem eine tickende Zeitbombe ist, wo Banken weiter wanken.

Erstaunlich ist aber, dass der Spread für Spanien am Donnerstag nur fast 120 Punkte betragen hat und die Madrider Börse am heutigen Donnerstag bisher den ganzen Tag im grünen Bereich steht. Dabei wird gleichzeitig unweit von der Börse im Parlament über den Misstrauensantrag debattiert, um die "Diebe und Kerkermeister aus der Regierung zu vertreiben". Der Ibex hielt sich weiter im grünen Bereich, obwohl in Deutschland der Leitindex Dax den gesamten Tag im Minus hängt, weil US-Strafzölle immer wahrscheinlicher werden. Die Börse in Spanien hat auch nicht ins Minus gedreht, als der Sozialdemokrat (PSOE) Pedro Sánchez kurz nach 11 Uhr schließlich den zentralen Satz ausgesprochen hat. Der hat ihn einen guten Schritt näher an den Posten des Ministerpräsidenten gebracht, während er den (noch) Regierungschef Mariano Rajoy und seine Volkspartei (PP) einen Schritt näher an den Abgrund befördert wurden.

Zunächst hat Sánchez den Rajoy aufgefordert, dem unrühmlichen Spiel endlich ein Ende zu bereiten, die politische Verantwortung für die Korruption und illegale Finanzierung seiner Partei über Jahrzehnte zu übernehmen und endlich zurückzutreten. Da Rajoy darauf aber nicht eingegangen ist, erklärte der PSOE-Chef: "Wir werden den Haushalt beibehalten, obwohl unsere Fraktion dagegen opponiert hat."

Genau das wollte die Baskisch-Nationalistische Partei (PNV) auch im Plenum hören, bevor sie offiziell entscheidet, ob sie für den Antrag der PSOE stimmt und Sánchez auf den Sessel des Ministerpräsidenten hebt. Denn praktisch alles hängt am Freitag bei der Abstimmung von den baskischen Christdemokraten ab. Denen hat Sánchez den Weg geebnet, die Investitionen im Baskenland nicht gefährden wollen, aber zudem unter dem Druck ihrer Partner in Katalonien stehen. Denn die Katalanen wollen den politikunfähigen Rajoy absägen, der die Lage in Katalonien immer weiter zugespitzt hat.

Für Katalanen und Basken besteht eine geringe Hoffnung, dass Sánchez auch die Krise mit Katalonien etwas anders angehen und eine Tür zu Veränderungen aufstoßen könnte, wenn er von Podemos und baskischen und katalanischen Parteien abhängig ist. Dass er ein Treffen mit dem neuen katalanischen Regierungschef Quim Torra angekündigt hat, verstärkt die Hoffnung. Dass Rajoy andererseits weiter sein Veto gegen die Regierungsbildung in Katalonien aufrecht erhält, um die Zwangsverwaltung nicht zu beenden, macht es der PNV noch schwerer, den Misstrauensantrag von Sánchez über Enthaltung durchfallen zu lassen. Rajoy verhindert weiter die Regierungsbildung in Katalonien und die automatische Aussetzung der Zwangsverwaltung.

Vorbild Portugal?

Man kann am Verhalten der spanischen und internationalen Finanzmärkte somit auch ablesen, dass man sogar dort darauf hofft, dass Rajoy und seine korrupte Clique endlich abgesägt werden. Die Hoffnungen könnten auch mit den ökonomischen Vorstellungen zusammenhängen, die Sánchez bisher rudimentär dargelegt hat. Die ähneln eher der Politik, die die Linksregierung in Portugal seit Jahren erfolgreich macht. Dort regieren die Sozialisten und werden von zwei linksradikalen Parteien toleriert. Deren Politik hat zu einem nachhaltigen Wachstum geführt, wie Bundeskanzlerin Angela Merkel heute beim Besuch im Land feststellen konnte. Die Erfolge, erzielt durch das Abrücken von der Austeritätspolitik, mussten längst auch die härtesten Gegner der Linksregierung eingestehen, wie der ehemalige Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble.

Während die PP-Regierung in Spanien bisher an der Austeritätspolitik - für einfache Leute versteht sich - festgehalten hat, wurden in Portugal die gekürzten Renten und Löhne wieder erhöht und Sondersteuern abgeschafft, die die Konservativen auf Drängen Berlins und Brüssels eingeführt hatten. Portugal hat die Arbeitslosigkeit darüber auf 7,4% gesenkt, in Spanien liegt sie noch immer über 16%. Das zeitigt weiter fatale Folgen für die Staatskassen. Während in Portugal die Einnahmen der Steuer-und Sozialkassen fließen, sind die Kassen in Spanien leer, die Rentenreserven geplündert und das Land hat das Haushaltsdefizit noch immer nicht im Griff, obwohl das Wachstum höher als im Nachbarland ist. So hoffen sogar an den Börsen viele darauf, dass es mit dem Abgang der korrupten Regierungspartei zu einem Politikwechsel kommt, mit dem die extreme Arbeitslosigkeit abgebaut wird, um auch die Staatsfinanzen zu stabilisieren.