Auch der Rechte Sektor spielte im Fall Babchenko mit

Festnahme von Boris German, der als Drahtzieher für den Auftragsmord beschuldigt wird. Bild: SBU

Boris German, der als Drahtzieher im Auftrag der russischen Geheimdienste inhaftiert wurde, will für die ukrainische Spionageabwehr gearbeitet haben und spricht von einer False-Flag-Aktion

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Angeblich hat der ukrainische Geheimdienst SBU zusammen mit dem kremlkritischen russischen Journalisten Babchenko dessen heimtückische Ermordung inszeniert, um einen geplanten Anschlag auf ihn selbst zu verhindern. Damit sollte der Drahtzieher gefangen werden, der angeblich im Auftrag der russischen Geheimdienste den Killer bereits beauftragt hatte. Der sei aber umgedreht worden; am Tag nach dem Anschlag wurde der angebliche Drahtzieher namens "G" auf offener Straße unter laufender Kamera des SBU festgenommen.

Der ukrainischen Regierung, vor allem für Präsident Poroschenko, galt die Vortäuschung des Mords als großer Erfolg, der zeige, dass die Ukraine gelernt habe, sich gegen Russland zu wehren. Dass dabei auch das befreundete Ausland ebenso wie die ukrainische Öffentlichkeit getäuscht wurde und man nun allgemein vermutlich Informationen, die von der ukrainischen Regierung und vor allem vom SBU, aber auch von pro-ukrainischen Medien kommen, mit größerer Skepsis begegnen wird, liegt auf der Hand.

Das wird der politischen Führung auf die Füße fallen. Babchenko, dessen Ruf schweren Schaden erlitten hat, erklärte, er werde das Angebot annehmen, ukrainischer Staatsbürger zu werden. Ob der SBU bzw. die Regierung ihm andere Angebote für die Mitwirkung gemacht haben, ist noch nicht bekannt.

Der ukrainische Außenminister Pavlo Klimkin, der am stärksten mit dem Scherbenhaufen konfrontiert ist, hat sich schon mal abgesetzt und erklärt, er habe von dem Schauspiel nichts gewusst.

Der als Drahtzieher festgenommene Ukrainer Boris German wurde für zwei Monate in Präventivhaft genommen. Nach ersten Verhören habe er nicht genau gesagt, wer seine Auftraggeber sind. Das stört den Generalstaatsanwalt Yuriy Lutsenko wenig: "Jetzt wissen wir aus seinem Mund, dass der Befehl von russischen Geheimdiensten kam. Aber wir wissen nicht genau, wer den Befehl gegeben hat", sagte er am Donnerstagabend.

Man wisse auch nicht, welcher russische Geheimdienst den Auftrag gegeben habe, aber man werde alle beschlagnahmten Beweisstücke danach durchsuchen. Man könne auch ohne Aussage von German durch "investigative Maßnahmen" die Auftraggeber ermitteln. Das könne aber mindestens eine Woche dauern.

German hat nach seiner Darstellung für die Spionageabwehr gearbeitet

Allerdings soll der Beschuldigte vor Gericht am Donnerstag gesagt haben, er habe als ukrainischer Spionageabwehragent gehandelt. Mit der ukrainischen Spionageabwehr, eine Abteilung des SBU, habe er die Zusammenarbeit begonnen, nachdem er von einem "alten Bekannten", der in Moskau lebt und bei einer "Putin-Stiftung" arbeitet, um Unruhe in der Ukraine zu schaffen, angesprochen wurde.

Er habe dann mehr über den russischen Geldfluss, mit dem Politiker und Terrorgruppen finanziert würden, in die Ukraine herausbringen sollen. Ob der Bekannte, der Vyacheslav Pivovarkin oder Vyacheslav Pivovarnik heißen soll, der Auftraggeber für die Ermordung Babchenkos war, bleibt unklar.

Die Liste mit den 30 Personen, die in der Ukraine angeblich getötet werden sollten, sei von einer "russischen Quelle" gekommen und der Spionageabwehr übergeben worden: "Wir wussten, dass das eine False-Flag-Operation sein würde. Alles war bekannt. Aber um die Information von der russischen Quelle zu erhalten, mussten wir ihnen etwas zeigen, einen Beweis, dass wir den Job gemacht haben, um ihr Vertrauen zu gewinnen."

Und noch ein ehemaliger Priester und Mitglied des Rechten Sektors

Die Sache wird noch verworrener. Nach German hätten Spionageabwehragenten den Killjob an den Kriegsveteranen Alexey Tsymbalyuk gegeben, weil der ein Priester sei, niemand töten und direkt dem SBU alles erzählen würde.

Staatsanwalt Ruslan Kravchenko erklärte, dass Germans Darstellung seiner Arbeit für die Spionageabwehr, die eine Abteilung des SBU ist, den Beweisen, die es für den Fall gibt, widerspricht. Danach sei nämlich das Motiv des Beschuldigten klar gegeben. Man werde aber die Behauptungen überprüfen.

Alexey Tsymbalyuk oder Oleksii Tsymbaliuk nennt sich auch "Vater Aristarkh". Er war 2006 Priester in der Ukrainischen Orthodoxen Kirche geworden. Dann soll er mit der Kirche unzufrieden gewesen sein und lebte einige Zeit als Mönch, um schließlich Aktivist des Rechten Sektors zu werden, der mit den Rechtsextremen an die Front in der Ostukraine zum Kämpfen gezogen war.

Das macht die Angelegenheit noch verworrener, denn da kommen womöglich dann noch Machenschaften der Rechtsextremen dazu, die möglicherweise auch hinter den Maidan-Morden steckten.

Warum allerdings der Priesterveteran niemanden töten würde, wie German sagte, ist schleierhaft, wenn er im Donbass gekämpft hat. Glaubwürdiger klingt da schon seine eigene Darstellung, dass er dem SBU den Mordanschlag berichtet und daraufhin an der Inszenierung teilgenommen habe. Er schrieb, dass erstmalig in diesem Fall der SBU aktiv gegen die Aktionen russischer Geheimdienste geworden sei:

"Es ist großartig, dass es im SBU talentierte Angestellte gibt, denen man ganz sicher über einen Auftragsmord berichten kann … Das sind Leute, die große Mühen auf sich nehmen, um das Leben in der Ukraine sicherer zu machen. Ich schreibe dies, ohne meine wahre Identität zu kaschieren, da es nach der Veröffentlichung der Aufnahmen, die mich bei der Vorauszahlung für den Mord an einer Person ohne Veränderung der Stimme zeigen, keinen Sinn macht. "

Er werde aber in nächster Zeit nichts mehr sagen, da er eine Schweigevereinbarung unterschrieben habe. Wenn die Geldübergabe gefilmt wurde, hätte man den Drahtzieher auch ohne inszenierten Mord festnehmen könne.