Südchinesisches Meer: Die alten Kolonialherren wollen wieder mitmischen

Flugzeugträger USS John C. Stennis 2016 im Südchinesischen Meer. Bild: US Navy

Großbritannien und Frankreich, zwei alte Kolonialmächte, die sich in Ostasien nicht gerade beliebt gemacht haben, wollen der USA in der Auseinandersetzung mit China im Südchinesischen Meer den Rücken stärken

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Frankreich und Großbritannien, schon vereint mit den USA bei der Bombardierung syrischer Ziele in Syrien in Reaktion auf den angeblichen Giftgasangriff in Douma, wollen auch im Südchinesischen Meer vereint mit den USA mitmischen. Wie Asia Times schreibt, soll es künftig dort regelmäßig Patrouillenfahrten der Marine der beiden Länder geben.

In China wird das mit Sicherheit Erinnerungen an die Opiumkriege und andere Überfälle der Europäer im 19. Jahrhundert wecken, an denen sich zuletzt auch das Deutsche Reich beteiligte.

Die unbewohnten Atolle in dem von der Malaiischen Halbinsel, Borneo, dem Philippinischen Archipel, Vietnam, China und Taiwan eingerahmten Meer sind zwischen den Anrainern heiß umstritten, zu denen allerdings weder die USA noch die genannten europäischen Mächte gehören. Letztere haben vielmehr durch unklare Grenzziehungen in jener Zeit, als sie Vietnam (Frankreich) und Malaysia (Großbritannien) ausplünderten, zu den heutigen Problemen ihren Beitrag geleistet.

Nun ist Chinas Politik gegenüber den Ansprüchen der anderen Anrainer durchaus aggressiv. Die Volksrepublik hat in den letzten Jahren zahlreiche militärische Einrichtungen auf verschiedenen Inseln installiert und zeigt Bereitschaft, obwohl an Erklärungen zum Waffenverzicht gebunden, seine Ansprüche mit seiner expandierenden Marine durchzusetzen.

Andererseits ist das chinesische Vorgehen angesichts der misslichen Lage der Volksrepublik auch nicht ganz unverständlich. Immerhin ist China, das bevölkerungsreichste Land der Erde, die einzige Großmacht, die keinen direkten Zugang zum offenen Ozean hat. Seine Küsten liegen an Randmeeren, die gegenüber dem Pazifik durch mit den USA verbündete Staaten abgeschirmt sind.

Einige von ihnen beherbergen diverse US-Stützpunkte, auf denen zusammen etwa 75.000 Soldaten stationiert sind. Hinzu kommt der US-Stützpunkt auf Guam, östlich der Philippinen, auf dem Langstreckenbomber beheimatet sind, sowie eine US-Politik, die wenig Hehl daraus macht, dass all diese Basen vor allem auch der militärischen Kontrolle Chinas dienen.

Offiziell geht es den USA, wie auch den beiden europäischen Mächten, um die "Freiheit der Seefahrt" im Südchinesischen Meer. Durchgesetzt wird diese für gewöhnlich von Washington mit militärischen Provokationen, indem Kriegsschiffe oder auch Flugzeuge durch umstrittene Gewässer geschickt werden. Eine Politik, die im Übrigen auch gegenüber Verbündeten wie Kanada angewendet wird, das die Gewässer zwischen seinen Inseln im Nordwesten, die Nordwest-Passage durch die Arktis in den Pazifik, als sein Hoheitsgewässer betrachtet, was die US-Regierung nicht akzeptieren mag.

Die neue Welt-Bank

Die westlichen Muskelspiele finden vor dem Hintergrund sich zunehmend verschiebender ökonomischer Machtverhältnisse statt. In der Region wird ein erheblicher Teil der globalen Devisenreserven gehalten. Die Volksrepublik hält allein 3,11 Billionen US-Dollar und das autonome Hongkong weitere 0,43 Billionen US-Dollar. In Singapur sind es 0,29, auf Taiwan 0,46, in Japan 1,26 und in Südkorea 0,4 Billionen US-Dollar. Macht zusammen knapp sechs Billionen US-Dollar. Die Region ist also der große Kreditgeber des Planeten, denn natürlich werden diese Gelder größten Teils in Staatsanleihen und ähnlichen Papieren angelegt.

China ist außerdem inzwischen in gegenwärtigen Wechselkursen gerechnet die weltweit zweitgrößte Volkswirtschaft. In Kaufkraftparitäten beträgt das chinesische Bruttosozialprodukt allerdings bereits rund 21,4, das der USA nur knapp 19 Billionen US-Dollar. (Eine Billion ist im hiesigen Sprachgebrauch eine 1 mit 12 Nullen und sollte nicht mit der US-amerikanischen billion (Milliarde) verwechselt werden.)

Sollte also der US-Dollar weiter an Gewicht und vielleicht sogar seine herausragende Position verlieren, dann würde das ökonomische Gewicht der weiter um jährlich etwa sechs Prozent wachsenden chinesischen Volkswirtschaft zusätzlich einen Schub bekommen. Schon jetzt ist China bemüht, den US-Dollar im Handel mit vielen Ländern durch seine eigene Währung bzw. die des entsprechenden Landes zu ersetzen.

Neue Allianzen

Auch Russland hatte jüngst angeboten, in seinen Geschäften den US-Dollar durch den Euro zu ersetzen. Das würde diesen stärken, was allerdings nicht unbedingt im Interesse der exportsüchtigen deutschen Industrie wäre.

Zu den Hintergründen des anglo-britischen Abenteuers gehört weiter, dass östlich der EU-Außengrenzen vom Westen oder zumindest seinen Medien weitgehend ignoriert die 2015 gegründete Eurasische Wirtschaftsunion prächtig gedeiht, wie Pepe Escobar auf Asia Times Online schreibt. Dieser gehören neben der Russischen Föderation Weißrussland, Armenien, Kirgisien und Kasachstan an. Mit Iran wurde gerade ein Freihandelsabkommen unterzeichnet und einige weitere ehemalige Sowjetrepubliken haben Abkommen mit der Union über zollfreien Warenverkehr.

Insbesondere kooperiert auch China mit der der Union und bettet seine Seidentraßeninitiative in deren Strukturen ein. Escobar spricht von der Schaffung gegenseitiger Abhängigkeiten, mit der Putin eine Dominanz Chinas zu verhindern suche und zugleich ein Gegengewicht zu den USA schaffen wolle. Am Wochenende trifft sich im chinesischen Qingdao die Schanghai Kooperation, die für diesen Ansatz und die ökonomische Integration weiter Teile Eurasiens ein zusätzliches wichtiges Instrument ist.