Es wird immer enger für den spanischen Richter Llarena

Der Obserte Gerichtshof in Madrid, wo Ermittlungsrichter Pablo Llarena wirkt. Bild: VDF/CC BY-SA-3.0

Das katalanische Parlament hat Anzeige gegen den Ermittlungsrichter wegen rechtswidriger Inhaftierung und Rechtsbeugung erstattet, Merkel soll ein Blutbad beim Unabhängigkeitsreferendum gestoppt haben

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Die Schlinge um den Hals des umstrittenen spanischen Ermittlungsrichters Pablo Llarena, der katalanische Politiker verfolgt, zieht sich weiter zu. Llarena hat im Auftrag der Vorgängerregierung die absurden Anklagen wegen einer angeblichen Rebellion (gemeint ist eine gewaltsame öffentliche Erhebung) formuliert. Er ist aber schon an Belgien und Deutschland gescheitert.

Während Puigdemont in Deutschland und vier ehemalige Regierungsmitglieder in Belgien und Schottland auf freiem Fuß sind, hält Llarena weiter neun katalanische Politiker in Untersuchungshaft. Auch deshalb hat das katalanische Parlament nun Anzeige gegen den Richter erstattet. Für das Parlament hat die Aufgabe Parlamentspräsident Roger Torrent übernommen. Angezeigt wurden auch drei Richter der Berufungskammer des Obersten Gerichtshofs, die Llarenas mehr als zweifelhaften Entscheidungen stets abnicken.

Ausgeführt wird auch, dass die Grundrechte der inhaftierten Parlamentsmitglieder und der Exilierten missachtet werden. Und der Ansicht ist auch das UN-Menschenrechtskomitee, das von Spanien und Llarena gefordert hatte, die Rechte des Parlamentariers Sànchez zu garantieren, auch als Präsidentschaftskandidat gewählt werden zu können. Llarena hat mit fadenscheinigen Begründungen seine Amtseinführung verhindert. Den Kandidaten Jordi Turull ließ er sogar noch vor dem zweiten Wahlgang verhaften, damit er nicht zum katalanischen Präsident gewählt werden konnte, weil das der Regierung unter Mariano Rajoy missfiel.

Deshalb, so die Anzeige, machten sich Llarena und die drei Richter der Berufungskammer auch der illegalen Inhaftierung schuldig. Dazu komme Rechtsbeugung, wie sie herausragende Verfassungsrechtler dem Richter immer wieder vorgeworfen hatten, und die Behinderung des Parlaments. In der Anzeige, die am Freitag bei der zweiten Kammer des Obersten Gerichtshofs eingegangen ist, wird festgestellt, dass die andauernde Untersuchungshaft der Politiker selbst eine Straftat sei, da gegen ihre Grundrechte verstoßen werde. Erinnert wird zudem daran, dass sie Immunität genießen und nach ihrer Wahl am 21. Dezember hätten freigelassen werden müssen.

Formuliert wird auch, dass die fortdauernde Inhaftierung ein "Angriff auf die Gewaltenteilung, die katalanische Regierung und die Parlamentsautonomie" bedeute, denn das Parlament hat die unverletzliche Kompetenz, sich für seine Funktion eigenständig zu organisieren und dazu gehört die Investitur des Präsidenten der katalanischen Regierung, ohne Einmischung irgendeines anderen Organs. "Die Einschränkung der Rechte der Parlamentarier verletzt nicht nur deren subjektive Rechte und bedeutet einen Angriff auf die Institution, der ich vorstehe, sondern ist auch ein Angriff auf die gesamte Bevölkerung Kataloniens, deren Rechte auf eine politische Repräsentation beschränkt wurden, da den gewählten Vertretern die Ausübung ihres Mandats nicht erlaubt wurde", stellt Torrent in seiner Anzeige fest.

Den angezeigten Richtern wird "systematischer und wiederholter Verstoß gegen die Grundsätze von Objektivität und Unparteilichkeit" vorgeworfen. Die Richter geben in ihren Beschlüssen "klare politische und außerjuristische Bewertungen ab". Als Beispiel wird ein angebliches Unbehagen angeführt, das nach ihrer Ansicht mehr als die Hälfte der katalanischen Bevölkerung und praktisch die gesamte Bevölkerung Spaniens empfinden würde.

In Belgien läuft zudem längst eine Zivilklage gegen den Richter. Er wird für den 4. September vor ein belgisches Gericht geladen und kann, sollte er nicht kommen, auch in Abwesenheit verurteilt werden. Ihm wird fehlende Unparteilichkeit vorgeworfen und seine Ablösung beantragt. Der belgische Anwalt von Puigdemont begründet die Klage damit, dass es in Belgien eine "wirkliche Gewaltenteilung" gäbe und ein "unabhängiges Gericht" entscheiden werde. Da beides in Spanien nicht gewährleistet sei, habe man dort nicht geklagt, fügte Paul Bekaert an. Würde Llarena in Belgien verurteilt, wären seine Verfahren in Spanien nichtig.

Doch für Llarena wird auch der Stuhl in Spanien immer heißer. Telepolis hatte längst festgestellt, dass der Regierungsrichter auf einem Schleudersitz sitzt. Da die neue sozialdemokratische Regierung leichte Entspannungssignale an Katalonien senden will, setzt sie sich für die Verlegung der Gefangenen nach Katalonien ein. Klar ist aber, dass auch das spanische Strafvollzugsrecht eine Inhaftierung in Heimatnähe vorsieht, um nicht auch Familie, Freunde und Kinder mit langen Reisen in entfernte Gefängnisse zu bestrafen. Dagegen verstößt Spanien seit vier Jahrzehnten im Fall der Basken. Es sitzen mehr Basken im entfernten Andalusien als im Baskenland oder angrenzenden Regionen. In nur 17% der Fälle sind sie weniger als 400 Kilometern von der Heimat entfernt inhaftiert, bei 37% sind es sogar zwischen 800 und 1100 Kilometer.

Llarena und die neue Regierung schieben sich nun die heiße Kartoffel zu. Llarena weigert sich, die Entscheidung zu treffen und behauptet, das müsse die Regierung tun. Doch die schwache Minderheitsregierung traut sich mit Blick auf die erwartete Kritik der ultrarechten Parteien nicht und behauptet, das sei eine Kompetenz der Justiz. Dem ewigen Nachrücker, Ministerpräsident Pedro Sánchez, fehlt der Mut, der schon in seiner ersten Woche einen Skandal aushalten musste.

Hat Merkel Schlimmeres verhindert?

Und etwas abseits dieses Themas bleibt anzumerken, dass es offensichtlich Bundeskanzlerin Angela Merkel war, die beim Unabhängigkeitsreferendum am 1. Oktober ein Blutbad verhindert hat. Es war klar, dass es am Mittag eine Intervention gegeben haben muss. Plötzlich wurden paramilitärische Truppen zurückgepfiffen, die eine "militärähnliche Operation" gegen friedliche Bürger durchgezogen hatten. Sie schlugen auch am Abend nicht wieder zu, wie es erwartet worden war, um prall gefüllte Urnen zu beschlagnahmen.

Der katalanische Ombudsmann Rafael Ribó erklärte der schottischen Zeitung The National, er habe Beweise, dass Merkel Mariano Rajoy während des brutalen Vorgehens angerufen habe. Sie soll ihm erklärt haben, dass "Europa nicht akzeptieren kann", was er in Katalonien treibt. Das ist die einzige Erklärung, warum ab 14 Uhr nicht mehr mit illegalen Gummigeschossen das Augenlicht von Wählern ausgeschossen und keine Köpfe mehr blutig geschlagen wurden. Spanien war offensichtlich auch zu einem Massaker bereit, so wurde Katalonien auch mit "Toten" auf den Straßen und dem Einsatz scharfer Munition gedroht.