Umgehung des neuen Leistungsschutzrechts durch Links auf Google-Suchen

Grafik: TP

Das in Deutschland vor geraumer Zeit eingeführte Leistungsschutzrecht hat den Verlagen nur Ärger, aber kein Geld gebracht. Jetzt kommt ein neuer Anlauf mit einem Spiel über Brüsseler Bande.

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Kaum ist die DSGVO scharf geschaltet, droht der nächste gesetzliche Eingriff, der das Internet innerhalb der EU maßgeblich verändern könnte. Der Rechtsausschuss des EU-Parlaments hat sich am 20. Juni 2018 für die Einführung von Upload-Filtern ausgesprochen.

Der Ausschuss unterstützt damit den Vorschlag des CDU-Abgeordneten Axel Voss für eine Reform des Urheberrechts. Zudem soll bei der Einführung einer europaweiten Urheberrechtsreform ein europaweites Leistungsschutzrecht eingeführt werden. Beide Reformvorschläge erhielten im Rechtsausschuss eine Mehrheit. Soweit setzten sich die Rechteinhaber und die Lobby der Verlage durch, die bislang im Internet noch kaum ein tragfähiges Geschäftsmodell entwickeln konnten.

Noch bewegt sich alles im Entwurfsbereich des Rechtsauschusses. Dennoch zeichnet sich ab, dass kleinere Informationsanbieter, die ihre Arbeit eher als persönliche Mission, denn als Quelle des Reichtums sehen, auf der Strecke bleiben. Das Internet rutscht auf diesem Weg immer stärker in die Hände der Meinungsmonopolisten und droht künftig deutlich weniger bunt zu werden.

So hat Felix von Leitner schon mal für den Fall, dass sich der aktuelle Entwurf letztlich durchsetzt, das Ende von Fefes Blog angekündigt:

Tja, liebe Leser, es war eine schöne Zeit hier mit dem Blog.

Aber jetzt ist wohl vorbei dann. Ein marodierender Einzeltäter namens Axel Voss (CDU, natürlich) hat es geschafft, auf EU-Ebene den ganzen desinteressierten Abgeordneten das verkackte und in Deutschland zu Recht gescheiterte Leistungsschutzrecht aufzuschwatzen.

Das heißt: Uploadfilter ("eine Zensur findet nicht statt", my ass), und Lizenzgebühren für Links und Snippets.

Damit wäre eine Linksammlung wie dieses Blog natürlich tot. Ich mag euch und mein Blog, aber ich werde nicht irgendwelche Verleger für das Privileg bezahlen, kostenlos für ihre Inhalte Werbung machen zu dürfen. Die haben ja wohl ne Macke!

Die nächsten Schritte

In Brüssel wird das Thema jetzt im nächsten Schritt im Plenum des EU-Parlaments behandelt und geht dann in die informellen Trilog-Verhandlungen mit der Kommission und dem von den Regierungen der Mitgliedsländer gebildeten Europäischen Rat. Mit den informellen Trilog-Verhandlungen soll die Gesetzgebung in der EU beschleunigt werden. Faktisch handelt es sich bei den nichtöffentlichen Sitzungen um eine Black Box, welche die Gelegenheit für so manchen Kuhhandel bietet. Da wird dann eine Zustimmung mit einer anderen zum Nutzen der Gegenseite erkauft.

Nicht immer lassen sich derartige Abläufe im Nachhinein nachvollziehen. Telepolis hat aktuell den Kölner Medienanwalt Christian Solmecke zu den möglichen Auswirkungen des im Rechtsausschuss beschlossenen Entwurfs befragt.

Wer bezahlt für Links, die Forennutzer im Forum eines Mediums wie heise.de einstellen?

Christian Solmecke: Tatsächlich wird diese Handlung zumindest nach dem aktuellsten Parlamentsvorschlag nicht unter das Leistungsschutzrecht fallen. Sicher ist das aber nicht.

Denn in dem Vorschlag heißt es: "1a. The rights referred to in paragraph 1 shall not prevent legitimate private and noncommercial use of press publications by individual users."

Zwar ist unklar, was genau mit "privat" gemeint ist - so könnte man es auch so verstehen, dass ja eigentlich jeder öffentlich geteilte Link nebst Vorschautext und Überschrift nicht mehr privat ist, sondern öffentlich.

Doch auf der anderen Seite wird durch die Betonung des Wortes "commercial" klar, dass es nicht um das Teilen von Links durch normale Nutzer gehen soll, sondern nur um solche, die kommerziellen Interessen dienen.

Dies stellt auch Verhandlungsführer Voss selbst auf seiner Seite klar und schreibt: "Die private Nutzung von Hyperlinks bleibt völlig kostenfrei, denn diese ist von dem Leistungsschutzrecht des Art. 11 ausgenommen. (…) Ausschließlich für die kommerzielle Verwendung können Presseverleger eine Vergütung verlangen."

Gilt die Lizenzierungspflicht auch rückwirkend?

Christian Solmecke: Im aktuelle Entwurf steht "The right referred to in paragraph 1 shall not apply with retroactive effect." Also soll das Gesetz nicht rückwirkend gelten!

Kann man als Autor die Lizenzierungspflicht auf Google oder eine andere Suchmaschine abwälzen, indem man in seine Texte nur konkrete Links auf Google-Suchen oder eine andere Suchmaschine einbindet?

Christian Solmecke: Letztlich soll die Pflicht zur Lizenzierung der Verlagstexte ja hauptsächlich Konzerne wie den Google- oder auch den Facebook-Konzern treffen. Diese Unternehmen sollen verpflichtet sein, mit den Verlagen Lizenzverträge abzuschließen. Die Autoren sollen von den Verlagen ihren Teil der Erlöse erhalten. Die Autoren selbst müssen aber nichts lizenzieren.

Welche Möglichkeiten gibt es jetzt noch, den Gesetzesentwurf zu stoppen?

Wer gegen die Brüsseler Pläne zur Durchsetzung der Upload-Filter ist, hat nur noch wenig Möglichkeiten, da die Zeit drängt, denn am 4. Juli 2018 soll im Plenum des EU-Parlaments abgestimmt werden. Rechtsanwalt Christian Solmecke empfiehlt, sich möglichst schnell an der auf Change.org gestarteten Petition zu beteiligen.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Buchempfehlung (Amazon Affiliates) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Amazon Affiliates) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.