Die SPD will zur Migrationsdebatte etwas Senf geben

Aber daran wird die Regierung nicht scheitern und Seehofers Pläne könnten eher von seinen politischen Freunde in Österreich und Italien konterkariert werden

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Nach dem tagelangen Streit zwischen Merkel und Seehofer über den Umgang von in anderen EU-Ländern registrierten Migranten muss nun die SPD zeigen, dass sie auch noch ein politischer Faktor in der Regierungskoalition ist und nicht einfach abnickt, was die Unionsparteien nach viel Gepolter beschlossen haben. Doch auch in diesem Streit gilt: Auch dieses Mal wird die Koalition an der SPD nicht scheitern. Es wird daher noch manches Geplänkel geben.

Nicht geschlossen, doch niemand darf raus

So will die SPD die an der deutsch-österreichischen Grenze entstehenden Lager nicht "Transitzentren" nennen und geschlossen sollen die Einrichtungen auch nicht sein. Der der CSU angehörende Staatssekretär im Bundesinnenministerium Stephan Mayer hat eine originelle Lösung für das Problem vorgeschlagen. Er erklärte: "Transitzentren sind keine Gefängnisse. In den Zentren kann sich jeder frei bewegen, raus darf aber niemand."

Kanzlerin Merkel hat nun erklärt, dass die Migranten maximal zwei Tage in den Transitzentren bleiben sollen und berief sich auf das Grundgesetz. Doch in den letzten Jahren wurde das Grundgesetz nun wirklich oft genug neu formuliert, wenn es darum ging, Gesetze zu verschärfen, um beispielsweise Migranten besser von Deutschland wegzuhalten.

Dass es im aktuellen Fall zwischen der Union und der SPD zu Formelkompromissen kommen wird, liegt einfach daran, dass die SPD-Führung aus verschiedenen Gründen kein Interesse hat, an der Flüchtlingsfrage den Streit in der Regierung weiter zu eskalieren. Schließlich hat sie Angst, damit einen Teil ihrer noch verbliebenen Basis zu verlieren. Die SPD-Ortsgruppen im Ruhrgebiet beispielsweise wären kaum dafür zu gewinnen.

Der Dissens ist einkalkuliert

Dort versucht die AfD einen Teil ehemaliger SPD-Wähler zu gewinnen. Andererseits gibt sich die SPD vor allem in den Großstädten eher offen und liberal. Dort kommt es gut an, wenn die SPD-Vorsitzende Nahles erklärt, dass ihre Partei nicht alles abnickt, was die Unionsparteien beschließen. Deshalb ist auch der momentane Dissens schon einkalkuliert.

Nur ist eben klar, dass er die Regierung nicht in Gefahr bringt. Hätte die SPD wirklich vorgehabt, eine andere Flüchtingspolitik durchzusetzen, hätte sie sich auf dem Höhepunkt der Auseinandersetzung zwischen CSU und CDU nicht weggeduckt und immer nur die beiden Unionsparteien gemahnt, doch bitte beim Streit an Deutschland zu denken. "Wir erwarten von CDU und CSU, dass sie die Streitereien endgültig beenden und dass sie sich zu dieser Koalition bekennen", erklärte Nahles mehrmals.

Wer so argumentiert, will natürlich keine grundsätzliche politische Debatte. Das gilt übrigens auch für die Parteien links von der SPD.

Die Redner der Linken in der aktuellen Parlamentsdebatte hatten auch nur das reibungslose Funktionieren des Landes im Blick. Sie beklagten das "Chaos" auf Seiten der Regierung und sahen die Regierungsfähigkeit gefährdet, wie es Dietmar Bartsch für die Linkspartei monierte.

Allein dass hier der Begriff "Chaos" wie bei allen Freunden von Recht und Ordnung wieder einmal negativ belegt wurde, zeigt wie staatstragend diese Position in Berlin ist.