Berlin: Hält sich die "Bausenatorin, die nicht baut"?

Nur eine unter vielen Stellen in Berlin, an denen nicht gebaut wird: Das Tempelhofer Feld. Foto: Tony Webster. Lizenz: CC BY 2.0

SPD und Grüne haben Katrin Lompscher eine Frist bis Mitte August gesetzt

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Wenn eine Nachfrage größer ist als ein Angebot, dann steigt der Preis. So ist es derzeit auch in vielen Großstädten. Will man daran etwas ändern, dann helfen keine staatlichen Preisdiktate (wie die Geschichte inzwischen bereits häufiger lehrte). Dann hilft nur: Entweder Nachfrage senken oder Angebot erhöhen.

Das Begrenzen der Nachfrage auf dem Wohnungsmarkt ist möglich, wie etwa das Beispiel China zeigt (vgl. Wie China den Hunger besiegte), dauert aber eine Zeit. Schneller geht heute das Bauen von Wohnungen. Theoretisch. Denn praktisch werden sie vielerorts eher langsam oder gar nicht gebaut. Ganz besonders in Berlin, wo deshalb inzwischen der Stuhl der Bausenatorin Katrin Lompscher wackelt.

"Die Bausenatorin, die nicht baut", titelte der Tagespiegel gestern - und das nicht ohne Grundlage: Von den 30.000 städtischen Wohnungen, die die rot-rot-grüne Koalition bis 2021 versprochen hat, ist sie weit entfernt. So weit, dass der Senat Lompscher nach einer Klausur letzte Woche eine Frist bis Mitte August setzte, um ein Strategie vorzulegen, "wie sie Wohnraum schaffen will".

Anstatt um "Vorstellungen zum Wohnungsbau oder fachliche Konzepte" ging es um einen Frauenförderplan

Dass sich dem Tagesspiegel zufolge inzwischen nicht nur die Sozialdemokraten, sondern auch die (selbst nicht unbedingt als baufreudig bekannten) Grünen gegen die Politikerin der Linkspartei wenden, liegt auch daran, dass Lompscher bei der Besetzung des im März frei gewordenen Abteilungsleiterpostens für den Wohnungsneubau von zehn Bewerbern mit den entsprechenden fachlichen oder beamtenrechtlichen Voraussetzungen neben einem Referatsleiter aus der Stadtentwicklungsverwaltung nur die (offiziell parteilose, aber ihrer Partei zugerechnete) Jugendstadträtin Sandra Obermeyer zu einem "Assessment-Center" bat.

Dort soll es dann nicht etwa um "Vorstellungen zum Wohnungsbau oder fachliche Konzepte" gegangen sein, sondern über einen Frauenförderplan. Dass der Job danach an Obermeyer ging, war angesichts dieser Themenstellung ebenso wenig überraschend wie die Fragen, die es nach dem Bekanntwerden dieses Verfahrens (zu dem sich Lompschers Sprecherin nicht äußern will) aus der Öffentlichkeit gab.

Verschränkung verschiedener politischer Moden

Lompscher die alleinige Verantwortung dafür zuzuweisen, dass die Mieten in Berlin und anderen deutschen Ballungsräumen im letzten Jahrzehnt massiv stiegen, wäre allerdings verkehrt - immerhin ist sie erst seit 2016 Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen. Vor ihr trugen zahlreiche andere Politiker aus verschiedenen Parteien mit einer Verschränkung verschiedener politischer Moden zu dieser Entwicklung bei - vom übertriebenen Denkmalschutz (vgl. Der Staat als Messie) bis hin zu entweder undurchdachten oder korruptionsbeeinflussten Privatisierungen (vgl. Wie verhindert wird, dass Mieter ihre Wohnungen kaufen können).

In Dresden rechtfertigte der PDS-Landespolitiker Ronald Weckesser den Verkauf von 48.000 städtischen Wohnungen an die US-Investorengruppe "Fortress" damals mit einem Verweis auf den "kulturellen Bereich", der sonst der Gefahr von Kürzungen ausgesetzt gewesen wäre. Und, so Weckesser: "Welcher Linke will das schon?"

Gewollt hätten das möglicherweise einige der 100.000 Mieter, die kurz nach der Privatisierung erlebten, dass die vorher öffentlichkeitswirksam gepriesene "Sozialcharta", die ihnen Schutz vor Mieterhöhungen, Kündigungen und ungewollten Umbauten versprach, sich während der Dauer einer Pressekonferenz in reine Makulatur verwandelte: Dort gab der Geschäftsführer der "Fortress Deutschland GmbH" bekannt, dass die Wohnungen so schnell wie möglich in die GAGFAH integriert und so nach luxemburgischem Recht an die Börse gebracht würden, wo die vor dem Verkauf gemachten Versprechungen keinen Pfifferling mehr wert waren (vgl. Linkspartei will Opernhäuser statt Wohnungen).

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Buchempfehlung (Amazon Affiliates) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Amazon Affiliates) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.