US-Delegation torpediert Still-Initiative

Stillen, eine Zuckersteuer sowie Warnhinweise auf ungesunden Lebensmitteln werden von der Trump-Administration nicht geschätzt. Die US-Regierung stellt sich in Gesundheitsfragen auf die Seite der Unternehmen.

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Von
  • Inge Wünnenberg

In den westlichen Industrienationen herrscht Einigkeit, dass Muttermilch die opimale Ernährung für ein Neugeborenes ist. Das gilt ebenso für die erste Zeit nach der Geburt. Deshalb erwartete man von der Vollversammlung der Weltgesundheitsorganisation Ende Mai in Genf in dieser Hinsicht keine Überraschungen. Von den Hunderten anwesenden Regierungsdelegierten wurde angenommen, dass sie ohne großes Federlesen eine Resolution zur Förderung des Stillens verabschieden würden. Unter anderem ging es darum, die Länder zu ermutigen, ebenso fälschliche wie irreführende Werbemaßnahmen für Milchersatzprodukte einzugrenzen.

Doch dann trat die Delegation der US-Regierung in Aktion, wie die New York Times jetzt brichtete. Nach Sichtweise der Zeitung vertraten die Amerikaner in Genf eindeutig die Interessen der Hersteller von Säuglingsnahrung. Denn sie versuchten, den Wortlaut der Resolution zu verwässern, indem sie jenen Text streichen wollten, der Regierungen ermutigt, "das Stillen zu schützen, zu fördern und zu unterstützen". In der Kritik der US-Abordnung stand auch jene Passage, derzufolge die Förderung von Nahrungsmitteln eingeschränkt werden solle, die laut Experten für kleine Kinder schädlich sein könnten.

Als der Vorstoß der US-Delegation jedoch auf Widerstand stieß, versuchten die Amerikaner unverhohlen mit Drohungen und Einschüchterungen ihre Vorstellungen durchzusetzen. Der Abordnung aus Ecuador, die zuvor die Resolution hatten einbringen wollen, drohten die Washingtoner Abgesandten mit Strafmaßnahmen beim Handel und der Reduzierung von Militär-Hilfen. Zunächst schien es sogar, dass sich die Trump-Truppe mit ihren Vorstellungen durchsetzen würde. Zwischenzeitlich warnte sie sogar davor, dass die USA ihren WHO-Beitrag kürzen könnten. Aus Angst vor Vergeltungsmaßnahmen schreckten mehrere Delegationen davor zurück, die Resolution anstelle Ecuadors einzubringen. Am Ende war es Russland, das den Amerikanern die Stirn bot. Die Resolution wurde – allerdings mit kleineren Textänderungen – verabschiedet.

Auf Anfrage der New York Times erklärte das Department of Health and Human Services als federführende US-Behörde, bei dem Bemühen, die Resolution zu ändern, es sei um die Frauen gegangen: "Wir wissen, dass nicht alle Frauen stillen können", äußerte sich ein Sprecher der Behörde. "Diese Frauen sollten Alternativen haben und nicht stigmatisiert werden." Doch diese Argumentation ist fadenscheinig und klingt eher nach einem Luxusproblem westlicher Gesellschaften. In den Entwicklungsländern dagegen existieren ganz andere Herausforderungen. Dort überwiegen eindeutig die Vorteile des Stillens. Dort könnte die Kindersterblichkeit drastisch reduziert werden, weil die Muttermilch vielfach vor Infektionen schützt.

Hinter dem Auftritt der US-Delegation in Genf steckte etwas ganz anderes: "Die Konfrontation war das jüngste Beispiel dafür, dass sich die Trump-Administration in zahlreichen Fragen der öffentlichen Gesundheit und des Umweltschutzes auf die Seite der Unternehmen stellt", schreibt die New York Times unverblümt. Am Ende steht zynischerweise nicht die Gesundheit der Menschen oder das Interesse des Verbrauchers im Fokus: Die New York Times berichtet zum Beispiel ebenfalls, dass die US-Regierung bei Neuverhandlungen zum nordamerikanischen Freihandelsabkommen versucht, Warnhinweise auf Junk Food und zuckerhaltigen Getränken zu verhindern. Auch während des Genfer Treffens gelang es den USA, Erklärungen zur Unterstützung der Sodasteuer zu unterbinden. Da wird es spannend sein zu beobachten, wie es mit den Steuern auf zuckerhaltige Getränke in den USA weitergehen wird.

(inwu)