Kampf dem Tourismuswohnungsboom in Portugal

Castelo de S. Jorge/Lissabon

(Bild:  Mister No / CC BY 3.0 )

Ein neues Gesetz gibt den Kommunen und Hausgemeinschaften das Recht, Ferienwohnungen, die wie Pilze aus dem Boden schießen, zu schließen

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Portugal ist als Tourismusland angesagt. Kürzlich wurde das kleine Land am westlichen Rand Europas mit seiner Hauptstadt Lissabon sogar zum zweiten Mal in Folge als "bestes Tourismusziel in Europa" von den Spezialisten des World Travel Awards (WTA) gewählt.

Das ist verständlich, angesichts seiner netten und hilfsbereiten Menschen, gutem Essen und Trinken zu vernünftigen Preisen, schöner Strände … Der Tourismusboom hat zwar Arbeitsplätze geschaffen und bringt Geld in ein Land, das zu den Krisenländern gehörte, die über den europäischen Rettungsschirm aufgefangen wurden.

Doch der Boom zeigt immer deutlicher auch seien Schattenseiten. Die sozialistische Regierung, die das Land erfolgreich mit ihren linksradikalen Unterstützern aus dem Austeritätskurs und aus der Krise geführt hat, geht nun verstärkt gegen diese Schattenseiten vor.

Gesetz gegen Verdrängung durch Tourismus

So wurde nun diese Woche im Parlament ein Gesetz verabschiedet, das den Hausgemeinschaften und Gemeinden neue Rechte zubilligt, um zu verhindern, dass die angestammte Bevölkerung noch weiter verdrängt wird, weil immer mehr Wohnungen in lukrative Ferienwohnungen umgewandelt werden.

Eigenbedarf anmelden, umbauen und dann an Touristen vermieten, war die Devise der letzten Jahre mit zum Teil fatalen Folgen. Allein in Lissabon, der zweitgrößten Stadt Porto und dem Tourismusgebiet Algarve, sind bisher 70.000 Ferienwohnungen offiziell registriert, davon die Hälfte allein im vergangenen Jahr.

Dazu kommen allerdings noch zahlreiche Wohnungen, die illegal vermietet werden. Dem soll nun mit dem neuen Gesetz zum Teil ein Riegel vorgeschoben werden, nachdem schon in einigen Städten Kurtaxen eingeführt wurden, um die entstehenden Kosten für die Städte aufzufangen.

Nun haben die Gemeinden das Recht, diese Wohnungen, die oft über AirBnB oder andere Plattformen im Internet vermittelt werden, zu regulieren und ihre Zahl zu beschränken.

Eine Höchstmenge kann für jeden Stadtteil im Verhältnis zur Bevölkerungsdichte festgelegt werden. Die Kommunisten wollten das noch klarer regeln und auf 30% in einem Haus und im Stadtteil beschränken, kamen damit aber nicht durch.

Missbrauch kann nun von Gemeinden nun mit Geldstrafen geahndet und Touristenwohnungen sogar geschlossen werden, wenn die Mehrheit der Hausbewohner genervt ist. Sie verlieren dann ihre Lizenz, die nach dem Auslaufen nicht mehr erneuert wird.

Das letzte Wort hat die Gemeinde

Das letzte Wort dabei hat immer die Gemeinde. Sie kann auch Aufschläge für Abgaben erhöhen, die für diese Touristenwohnungen entrichtet werden müssen. Beschränkt wird auch die Zahl dieser Wohnungen, die eine Firma oder Person betreiben kann. Es dürfen maximal sieben sein. Abgeschlossen werden muss eine Versicherung, die eventuelle Schäden abdeckt. Bisher blieben Hausgemeinschaften oft auf Kosten von Schäden sitzen, die Touristen am Haus oder am Mobiliar verursacht haben.

In Lissabon, Porto oder anderen Städten finden viele inzwischen, dass Touristen wie Heuschrecken über ihre Stadtteile hergefallen sind. Immer mehr Menschen sind genervt über Lärm, Belästigung durch Touristen, die früh am Morgen oder spät in der Nacht ihre Koffer über die Aufgänge schleppen oder betrunken lärmen, oder über verstopfte Gassen und Straßen.

Andere fühlen sich schlicht fremd im eigenen Haus, weil die ehemaligen Nachbarn verdrängt wurden, oft durch Zwangsräumung. Sechs Millionen Menschen haben offiziell im vergangenen Jahre Urlaub in Lissabon gemacht, das nur 500.000 Einwohner hat.

Schutz vor Zwangsräumungen

Das neue Gesetz vervollständigt nun ein kürzlich beschlossenes Gesetz. Das sieht den Schutz vor Zwangsräumungen von Mietern vor, die seit 15 Jahren in ihrer Wohnung leben oder behindert sind. Zwangsräumungen wurden zunächst für ein Jahr ausgesetzt und dazu werden gerade in den Altstädten Sozialwohnungen geschaffen.

Seit Jahren sind die Mieter, vor allem in den für Touristen besonders attraktiven Stadtteilen von massiven Mieterhöhungen betroffen. Die konservative Vorgängerregierung hatte unter dem Diktat der internationalen Geldgeber auch die Mietpreisbindung geschleift, womit für viele Menschen die Mieten inzwischen unbezahlbar wurden.

"Der Tourist zerstört, was er sucht, indem er es findet"

Auch einige, die vom Tourismus leben, sind besorgt über die Entwicklung. "Der Tourist zerstört, was er sucht, indem er es findet", ist ein weiser Satz, den der Schriftsteller Hans‑Magnus Enzensberger einst gesagt hat.

Deshalb ist der Unternehmer Nuno Leitão besorgt, dass zu viel Tourismus den Charakter seiner Heimaststadt Lissabon zerstören könnte. "Ich hoffe, dass geht jetzt nicht den Bach runter", erklärt er.

"Die größte Herausforderung für Portugal und insbesondere für Lissabon ist, dass das Leben hier authentisch bleibt."

Er erklärt, und das kann bestätigt werden, dass die Portugiesen (noch) einen natürlichen Umgang mit den Touristen haben, das Gespräch suchen, versuchen zu helfen.