Überfremdung des Einwanderungslands USA?

Bild: takomabibelot/public domain

Mit Trump ist eine weiße Anti-Einwanderungspolitik an der Macht. Mehr als ein Fünftel der US-Bevölkerung soll Zuhause kein Englisch sprechen

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In den USA geht in manchen Teilen der weißen Bevölkerung, allesamt Menschen mit Migrationshintergrund, auch wenn schon lange zurückliegend, die Angst um, nicht mehr die Bevölkerungsmehrheit zu stellen. Zudem wird befürchtet, dass die Mehrheit der Bevölkerung bald spanisch sprechen wird, wie das in manchen Regionen im Süden des Landes bereits der Fall ist.

Die Angst geht über die weißen Nationalisten und Rassisten hinaus, denen Donald Trump auch seinen Wahlerfolg zu verdanken hat. Das Bild der USA als Schmelztiegel, in dem Einwanderer aus allen Ländern und Kulturen aufgenommen und assimiliert werden, ist schon länger verblasst. Im Hintergrund steht, dass es einen wachsenden Abstand zwischen der kosmopolitischen, multikulturalistischen und liberalen Elite und Teilen der (noch) Mehrheitsbevölkerung gibt, die Angst vor dem Nieder- oder Untergang und dem Verlust der Dominanz hat.

Der konservative Politikwissenschaftler Samuel Huntington hatte bereits früh den Zeitgeist erfasst. 1996 kritisierte er den Globalismus in seinem bekannten Buch "Kampf der Kulturen" und prophezeite den Konflikt zwischen dem (christlichen) Westen und der islamischen Kultur, und er machte 2004 mit seinem Buch "Who Are We? Die Krise der amerikanischen Identität" auf die Ursachen des amerikanischen Nationalismus und der Ängste der weißen US-Bevölkerung vor dem Zerfall der traditionellen amerikanischen Identität aufmerksam (USA: Vom Einwanderungsland zur fremdenfeindlichen Festung?).

Donald Trump versucht nicht nur die Mauer buchstäblich im Süden des Landes hochzuziehen und die Immigration drastisch zu begrenzen, er gab auch der ausländerfeindlichen Stimmung Ausdruck, indem er etwa sagte, dass die Einwanderer aus "shithole countries" kämen und nicht gerade "die besten Menschen" sind. Er sagte auch, sie seien keine Menschen, sondern Tiere, und charakterisierte sie auch als Kriminelle.

Die Statistik belegt, dass die Zeit der Mehrheit der weißen Bevölkerung ihrem Ende zugeht, wenn man alle Latinos nicht als Weiße betrachtet. Der Anteil der Latinos ist schon seit mehr als 15 Jahren größer als der der Schwarzen. Für den 2008 verstorbenen Huntington ist die US-Kultur "weiß, britisch und protestantisch". Den amerikanischen Traum, so Huntington, gebe es nur durch Assimilation - und er müsse englisch und einsprachig geträumt werden, um wirklich zu werden. Er prophezeite die Stärkung des weißen Nationalismus und damit der Politik, die mit Donald Trump nun ins Weiße Haus eingezogen ist.

Neuere Zahlen scheinen die Angst vor der Überfremdung, eigentlich seltsam in einem Land, in dem die Ureinwohner von den weißen Migranten fast ausgelöscht wurden, zu bestätigen. Nach einem Bericht des Migration Policy Institute würden schon jetzt 22 Prozent der Bevölkerung Zuhause nicht Englisch, sondern vorwiegend Spanisch sprechen (aber war das vor 200 oder 300 Jahren so viel anders?). Jetzt sind 44 Millionen Amerikaner (13,5 Prozent) im Ausland geboren, angeblich so viel wie noch nie, was man aber in einem von Immigranten besiedelten Land relativieren müsste.

In Nevada sprechen 31 Prozent nicht Englisch Zuhause, in Florida 29 Prozent. Die Einwanderer verteilen sich nicht gleichmäßig über das Land. So stieg die Zahl der Immigranten in den letzten 8 Jahren um 9 Prozent in den USA, aber in 15 Bundesstaaten wie North Dakota, Delaware, Nebraska, Wyoming, Alaska, Florida, Washington oder Iowa um 15 Prozent. Jeder fünfte Immigrant lebt in diesen Bundesstaaten. Unter den Einwanderern dominieren die Mexikaner und Kubaner, aber der Anteil der Einwanderer aus Indien und China steigt. Doch in den Bundesstaaten, in denen die Zahl der Einwanderer überdurchschnittlich gestiegen ist, sollen auch etwas mehr Englisch sehr gut sprechen und eine bessere Ausbildung erzielen.

In den 15 Bundesstaaten würden die legalen Einwanderer mit einer Green Card knapp von den "illegalen" übertroffen. Hier leben angeblich 1,7 Millionen "illegale" Migranten, die zwischen 2010 und 2014 ins Land gekommen sind. Insgesamt sollen sich 11 Millionen Menschen in den USA "illegal" aufhalten. Zwischen 2010 und 2016 erhielten 7,4 Millionen Einwanderer eine Aufenthaltserlaubnis durch eine Green Card.

Einwanderer haben vor allem zum Wachstum der Bevölkerung beigetragen, auch insoweit, dass Frauen, die eingewandert sind, deutlich mehr Kinder kriegen als die heimische Bevölkerung. In der Regel arbeiten mehr Immigranten relativ zu ihrem Bevölkerungsanteil als die Menschen, die in den USA geboren wurden. Wenig erstaunlich ist, dass sie vor allem im Dienstleistungsbereich tätig sind, aber das hängt von ihrem Ausbildungsgrad und dem Bundesstaat ab, in dem sie leben. 16 Prozent der Immigrantenfamilien leben unter der Armutsschwelle, bei den in den USA Geborenen sind es 12-14 Prozent.

In Deutschland ist der Anteil der Menschen ohne Migrationshintergrund von 66,851 Millionen im Jahr 2005 auf 63,848 Millionen im Jahr 2016 leicht gesunken. 10,623 Millionen Ausländer, darunter 1,6 Millionen Schutzsuchende, lebten 2016 in Deutschland, 5,7 Millionen Männer und 4,9 Millionen Frauen. Die meisten (70 Prozent) kommen aus anderen EU-Ländern, viele aus der Türkei und Syrien.

Auffällig ist, dass in Ostdeutschland der Ausländeranteil am niedrigsten ist, während er in Teilen Bayerns, Baden-Württembergs, Hessens und Nordrhein-Westfalens mit Hamburg, Bremen und Berlin am höchsten ist. In München, wo der Anteil der Ausländer mit 16,7 Prozent in Bayern am höchsten ist, gab es gerade eine gut besuchte Protestkundgebung gegen Ausländer- und Migrantenfeindlichkeit. In Frankfurt ist der Ausländeranteil mit über 28 Prozent am höchsten. In Berlin beträgt der Ausländeranteil nur 16,7 Prozent. In Leipzig sind es 8,3 Prozent, in Dresden gerade einmal 6,2 Prozent, im Umland gerade einmal um die 2,5 Prozent.