Jemen: Angriffe auf die Wasserversorgung

Protest gegen den Krieg im Jemen, 2017. Foto: Felton Davis/ CC BY 2.0

Angesichts der schlechten Hygiene wird die erneute Ausbreitung der Cholera befürchtet. Netanjahu erklärt, dass Israel sich im Konflikt um die Bab-al-Mandab-Wasserstraße der saudischen Koalition gegen Iran anschließen würde

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Ein sofortiger Stopp der Kampfhandlungen im Jemen wäre bitter nötig; schon wenn sie "nur" in der Hafenstadt al-Hudeida wirklich eingestellt würden, wäre das schon ein wichtiger Schritt. Dort werden lebensnotwenige Versorgungseinrichtungen angegriffen, klagen UN-Hilfsorganisationen.

UNICEF beschreibt eine "Eskalation der Angriffe auf Systeme und Einrichtungen, die wesentlich sind für die tägliche Versorgung". Zwei Luftangriffe hätten Lagerhäuser mit Lebensmitteln gegolten, einschließlich Versorgungsmitteln, die mit Wasser zu tun haben. Zudem sei ein Treibstofftank getroffen worden und eine Trinkwasseranlage, die al-Hodeida versorgt.

Warnung vor einer Katastrophe

Fotos von Kindern, die aus löchrigen Wasserleitungen trinken, machen die Runde. Lise Grande, manchem Leser vielleicht noch als OCHA-Spezial-Beauftragte im Irak bekannt, ist jetzt für das Office zur Koordinierung humanitärer Angelegenheiten der Vereinten Nationen im Jemen tätig. Ihre Warnung betrifft die Wasserversorgung und die damit zusammenhängende sanitäre Infrastruktur in Hinblick auf die Cholera-Ausbreitung.

Sie spricht von katastrophalen Folgen der Angriffe. Da die Luftangriffe wie die Kämpfe am Boden die Versorgung mit Wasser wie auch die hygienischen Umstände sehr stark beeinträchtigen, fürchtet sie, dass die Cholera-Epidemie sich ausbreiten könnte.

Die Epidemie im letzte Jahr sei der schlimmste Ausbruch von Cholera in der "modernen Geschichte" gewesen und Hodeida sei eins der Epizentren der Epidemie gewesen. In der letzten Woche habe man einen exponentiellen Anstieg von Fällen in Hodeida beobachtet. "Der Jemen könnte einen Angriff von einer nicht mehr aufzuhaltenden Epidemie entfernt sein", lautet ihr Satz für die Medien.

80 Prozent der Bewohner Jemens benötigen humanitäre Hilfe, 22,2 Millionen, darunter über 11 Millionen Kinder, so der Juni-Lagebericht von UNICEF. Abby Maxman, Direktorin von Oxfam America, beschreibt die Lage so:

8,4 Millionen aus einer Bevölkerung von knapp unter 30 Millionen (27 Millionen im Sommer 2016, Einf. d. Verf.) haben nur eine Mahlzeit am Tag und sie wissen nicht, woher sie die nächste bekommen. Man kann sich darauf gefasst machen, dass sich ihre Zahl sehr schnell fast verdoppelt, falls die Häfen schließen.

Abby Maxman, Oxfam

Sie rate dazu, wie Fox News berichtet, dass die Kriegsparteien an den Verhandlungstisch zurückkehren.

Das ist derzeit nicht in Sichtweite, so die Schilderung zweier Konfliktkenner auf reliefweb. Die "schlimmste menschengemachte humanitäre Krise unserer Zeit" habe viele Beteiligte, viele Ebenen und eine Dynamik, die nach der Hintergrundeinschätzung von Elie Abouaoun und Sarhang Hamasaeed schwer in Griff zu bekommen ist.

Die Huthi-Rebellen und Iran

Dass die Luftangriffe auf die Hafenstadt nach eben genannten Klagen der UN-Organisationen weitergehen, obwohl es von Seiten der Vereinigten Emirate und Saudi-Arabien hieß, dass man auf die Versorgung und die Situation der Zivilbevölkerung Rücksicht nehme, ist bezeichnend. Der Krieg hat viele Mitspieler und Ebenen, dass sich jemand an Regeln oder Absprachen hält, ist schwer durchzusetzen.

Es gibt landesinterne, lokale, tribale, soziale und politische Konflikte (vgl. auch Südjemenitische Separatisten erobern halb Aden und es gibt, diese überlagernd, den Hegemonialkonflikt zwischen Saudi-Arabien sowie die dazugehörige Koalition und Iran, das in politischen Statements und in der Berichterstattung häufig eins-zu- eins mit den "Huthi-Rebellen" gesetzt wird.

Auch die beiden genannten Experten Elie Abouaoun und Sarhang Hamasaeed vom Think-Tank US Institute of Peace erklären klar und deutlich wie viele andere auch, dass Iran und die Huthis nicht identisch sind, dass "Irans Fußabdruck im Jemen deutlich kleiner ist als im Irak". Dennoch wird genau mit der Rolle Irans im Jemen der Konflikt angeschürt.

Für das jüngste Beispiel sorgt wieder einmal der israelische Premierminister Netanjahu, der Iran seit vielen Jahren mit allem Übel im Nahen Osten gleichsetzt, und dessen Waffenklirren Richtung Iran dank der Unterstützung Trump und der saudi-arabischen Führung eine neue reale Dimension bekommen hat.