Australischer Senator fordert Volksentscheid über ein Verbot zur Einwanderung von Muslimen

Die australische Politik setzt seit Jahren auf Abschreckung. Bild: Australian Customs and Border Protection Service

Fraser Anning sieht das als "Endlösung", er will zurück in die Zeit, als die europäisch-christliche Identität vorherrschend war

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Fraser Anning, ein Hotelier, ist im November für Queensland als Nachrücker in den Senat eingezogen. Er blieb allerdings nur einen Tag einer von insgesamt vier Senatoren für die rechtsnationalistische Partei One Nation, die 1997 von der Abgeordneten Pauline Hanson gegründet wurde, nachdem sie für die Liberalen nicht mehr kandidieren durfte (In Australien sorgt eine rechte, antimuslimische Partei für Aufregung). Dann trat er aus der Partei aus, vielmehr wurde er angeblich von Hanson hinazusgeworfen, und blieb unabhängig, bis er am 4. Juni in die Katter's Australian Party (KAP) eintrat. Die ist vom Rechtspopulismus bislang nicht so stark geprägt gewesen, sondern eher von einem sozialkonservativen, protektionistischen Wirtschaftsnationalismus, der sich auch gegen Privatisierungen ausspricht. Mit Anning könnte sich dies aber deutlich ändern.

Mit seiner ersten Rede im Senat setzte Anning ganz klare rechtspopulistische und rassistische Linien. Er verwies schon in den ersten Worten darauf, dass die Menschen eine Nation ausmachen. Aber keine beliebigen Menschen braucht es, sondern "die gemeinsamen Bande einer vererbten Identität" seien es, die Menschen vereinen. Er sei als Sohn eines Viehzüchters im Busch aufgewachsen, betonte er. Er sei australischer Nationalist und ein konservativer Christ, sei für niedrige Steuern, traditionelle Werte, persönliche Verantwortung, harte Arbeit und Meinungsfreiheit. Die Menschen sollten ihre Kinder nach ihren Vorstellungen erziehen können, ohne Einmischung von Vertretern eines "nanny state" und von "kulturellen Marxisten": Das finde er in Katter's Australian Party, für die Australien und Australier zuerst kommen. Gottgegeben sei das Recht auf Privateigentum und von Schusswaffen.

Und dann erläuterte er seinen Nationalismus weiter. Vor 50 Jahren sei Australien eine "zusammenhängende, vorwiegend anglo-keltische Nation" gewesen. Die Ureinwohner, die die damaligen Einwanderer verdrängt und unterdrückt haben, erwähnte er sicherheitshalber nicht. Noch in den 1960er Jahren habe es eine "gemeinsame Grundlage jüdisch-christlicher Werte" und eine Anerkennung der vorwiegend europäischen Identität gegeben, die Familie mit der Verbindung von Mann und Frau sei dadurch als "grundlegende Einheit der Gesellschaft" unterstützt worden. Dass man sich da von der muslimischen Kultur und Religion wenig unterscheidet, erwähnt der Populist natürlich auch nicht.

Aber dann sei es zu einer gewaltigen Veränderung und tektonischen Erschütterungen gekommen, als in den 1970er Jahren der damalige Labour-Regierungschef Gough Whitlam "sowjetisch orientierte UN-Abkommen über Diskriminierung übernommen und die Selektion von Migranten nach ihrer ethnischen Herkunft verboten hatte". Whitlam sei vom italienischen Marxisten Antonio Gramsci und seiner politischen Korrektheit und dem langen Marsch durch die Institutionen beeinflusst gewesen. Politische Korrektheit sei, Menschen einer Meinung zu unterwerfen, die sie als falsch empfinden. So gebe es nur zwei Geschlechter, aber der kulturelle Marxismus habe den Schmarrn der "gender fluidity" durchgesetzt.

Anning will also die "Subversion der australischen Kultur und Werte" wieder zurückfahren und in die Zeit vor Whitlam zurückkehren. Dabei wird ein Mix an wenig zusammenhängenden politischen Zielen genannt, wie es rechtspopulistischen Politikern weltweit zu eigen ist. So soll die Macht der Banken gebrochen, mehr für Familien und Bauern gemacht, persönliche Freiheit und Meinungsfreiheit wiederhergestellt, Hausbesitz zu einer nationalen Priorität, der Einfluss Chinas eingedämmt, Kohlekraftwerke gebaut und die Kultur von "linken Extremisten" wiedergewonnen werden. Und auch die Auslandshilfe soll beschnitten werde, zu viel ginge an Staaten mit den schlimmsten Menschenrechtsverletzungen. Auch das im nationalistischen Sinn: "We need to stop throwing money around overseas and focus on helping everyday Australians. Our Farmers, Working Class and Rural Communities are struggling whilst we send billions into the Middle East, Asia and Africa...."

Rechtspopulististischer und völkischer Jargon

Zentral ist aber für ihn die Reduzierung der Einwanderung und die Selektion der Einwanderer, die sich der von ihm vorgegebenen Kultur am besten anpassen können. Schließlich habe Australien, das allerdings bereits eine harte Antimigrationspolitik hat (Die Kehrseite der Flüchtlingspolitik Australiens), die höchste Einwanderungsrate. Ein Drittel der Australier seien Einwanderer - bis auf die Ureinwohner eigentlich auch die europäischen Kolonisatoren, was aber für den Demagogen keine Rolle spielt. Es habe eine Flut an Einwanderung gegeben, die "ethno-kulturelle Vielfalt", deutsch: "Multikulti", zerstöre aber den "sozialen Zusammenhalt".

Streng begrenzt müssten Arbeits- und Studentenvisa und die Familienzusammenführung werden. Die Einwanderung müsse begrenzt und die Vielfalt der (noch) herrschenden Kultur angepasst werden: "Wir als Nation müssen darauf bestehen, dass diejenigen, die hierher kommen dürfen, überwiegend die historische europäisch-christliche Zusammensetzung der australischen Gesellschaft widerspiegeln und unsere Sprache, Kultur und Werte als ein Volk annehmen."

Am wenigsten würden sich Muslime assimilieren. Der erste Terroranschlag sei 1915 von Muslimen verübt worden, seitdem seien muslimische Einwanderer ein Problem gewesen. Die Religion paralysiere die soziale Entwicklung der Gläubien: "Es gibt keine stärkere rückwärtsgewandte Kraft in der Welt." Das führt den Senator zu der Forderung nach einer Beendigung der muslimischen Einwanderung. Die Muslime seien die schlimmsten Einwanderer, was Kriminalität, Abhängigkeit vom Sozialstaat und Terrorismsus betrifft: "Die Mehrheit der Muslime im arbeitsfähigen Alter arbeiten nicht und leben vom Sozialstaat."

Anning schlägt eine "Endlösung" für die Einwanderung von Muslimen vor, die ins rechtspopulistische Raster passt. Weil die Australier nicht gefragt worden seien, ob sie eine nicht-europäische Migration wünschen, fordert er nun einen Volksentscheid, um den Australieren die Entscheidung zu gewähren, ob sie "die Einwanderung von nicht Englisch sprechenden Migranten aus der Dritten Welt und vor allem von Muslimen wollen". Die Australier haben ihre Politiker allerdings gewählt, die sich für eine größere Offenheit entschieden haben, die aber im Verhältnis zu anderen Staaten trotzdem schon äußerst restriktiv ist, was Flüchtlinge und Asylbewerber betrifft.

Zudem wurden die Menschen praktisch über die meisten politischen Entscheidungen in einer repräsentativen Demokratie nicht befragt. Warum also ausgerechnet über muslimische Einwanderer und nicht beispielsweise über Kohlekraftwerke oder die gleichgeschlechtliche Ehe? Nanning geht davon aus, dass mit der Angst vor der kulturellen Veränderung bei den Menschen mit einem europäischen Migrations- und Invasorenhintergrund am einfachsten zu punkten ist. Wir sind wir und schotten uns gegen Fremde ab, mit dem geschichtlich immer simulierten Identitären oder Völkischen, mit der "ethnoreligiösen Identität", kann man schnell Mehrheiten finden und alle anderen politischen Fragen, meist sehr viel wichtiger, in den Hintergrund drängen. Im Wahn befinden sich Rechtspopulisten sowieso, wenn sie die Linke, die kaum mehr Bedeutung hat, als herrschende Kraft stilisieren. Bei Anning sind es die "Gramsci-inspired left-wing elites". Das ist ein Kampf gegen Windmühlen. Aber derzeit offenbar erfolgreich.

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