Russland und China demonstrieren Kooperation mit massiver Militärübung

Tupolev Tu-22M. Bild: mil.ru

300.000 Soldaten sollen an Vostok-2018 teilnehmen, die Kosten werden von Moskau mit der angespannten internationalen Situation begründet

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Russland wird zusammen mit China und der Mongolei vom 11. bis 15. September eine gewaltige Militärübung starten. Nach dem russischen Verteidigungsminister Sergei Shoigu werden an Vostok-2018 300.000 Soldaten sowie 1000 Flugzeuge, Hubschrauber und Drohnen sowie die russische Marine teilnehmen. Es handle sich um die größten Manöver seit 37 Jahren. 1981 waren aber "nur" 150.000 sowjetische Soldaten an der Zapad-81-Übung beteiligt. Jetzt wird also ein Drittel der russischen Streitkräfte mit etwa einer Million Soldaten für die Großübungen aufgeboten. Klar ist auch hier, dass für große zwischenstaatliche Konflikte, für die Landesverteidigung, geübt wird

Schon das letzte, bislang größte Manöver Zapad-2017, das mit Weißrussland durchgeführt wurde, hatte im Westen für Unruhe gesorgt. Es waren Befürchtungen geäußert worden, dass Russland die Gelegenheit nutzen könnte, nach dem Vorbild der Krim in die baltischen Länder einzurücken und/oder die Suwalki-Lücke zu schließen, um die baltischen Länder vom Rest der Nato abzutrennen. Die Befürchtungen lassen sich aber gleichzeitig natürlich auch als Angstszenarien verstehen, mit denen die Nato-Übungen und die Nato-Aufrüstung an der russischen Grenze legitimiert und Russland als bedrohlicher Gegner dargestellt werden sollen (Wer hat Angst vor dem russischen Manöver Zapad 2017?).

Kreml-Sprecher Dmitry Peskow rechtfertigte die Übung im Kontext der gespannten internationalen Lage. Innenpolitisch steht die Regierung gerade unter Druck wegen der geplanten Rentenreform, die mit leeren Kassen begründet wird (Putin unterstützt umstrittene Erhöhung des Rentenalters). Es kam seit der Ankündigung während der Fußballweltmeisterschaft zu Protesten, die Kritik richtet sich auch zunehmend gegen die militärischen Auslandseinsätze. Auch die gewaltige Militärübung wird viel Geld kosten, weswegen Peskow beteuert in seiner Antwort auf die Frage eines Journalisten, ob unter den wirtschaftlichen Bedingungen die Übung wirklich notwendig sei, dass die Sozialsysteme und das Rentensystem "ein konstantes Element der Staatspolitik und eine sehr wichtige Komponente" seien: "Aber die Verteidigungskapazitäten unseres Landes sind in der gegenwärtigen internationalen Situation, die oft sehr aggressiv und unfreundlich gegen unser Land ist, gerechtfertigt, notwendig und alternativlos." Die Teilnahme von China zeige, dass die beiden Länder auf allen Ebenen enger kooperieren.

Auch militärisch rücken China und Russland enge zusammen

Im Mai hatten Russland und China eine verstärkte militärische Zusammenarbeit und eine engere "strategische Kooperation" vereinbart. Die Militärübung ist eine Folge, auch wenn aus China nur 3200 Soldaten und 30 Flugzeuge an dem Manöver in der Transbaikal-Region. Nach dem Militärexperten Song Zhongping aus Hongkong ist es für die Volksarmee trotz der geringen Beteiligung eine gute Gelegenheit, vom russischen Militär zu lernen, da sie "seit Jahrzehnten" keine Kampferfahrung mehr habe, so berichtet die SCMP. Zuletzt führte China in den 1970er Jahren Krieg mit Vietnam.

Gerade war auch eine Zusammenarbeit der Militäruniversitäten beider Länder. vereinbart worden. Und am Montag trafen sich die Generalstäbe beider Länder in Moskau, um die bilaterale militärische Kooperation voranzubringen. Sie so eng wie noch nie und von zentraler Bedeutung zur Wahrung des Friedens und der internationalen Sicherheit, so der russische Generalstabschef Valery Gerasimov.

Simulation eines Atomkriegs?

Aus dem Pentagon heißt es, die Manöver würden von den Geheidiensten genau beobachtet. Nach einem Pentagon-Sprecher soll dabei auch von Russland und China der Einsatz von Atomwaffen simuliert werden: "Das ist ihre strategische Botschaft." Pentagon-Sprecher Eric Pahon forderte Russland auf, über die Übungen und Operationen in Europa zu informieren, "um seine Absichten klarzustellen und mögliche Missverständnisse zu minimieren".

Angeblich sei die neue russische Doktrin, schnell künftige Konflikte zu eskalieren, indem schon kurz nach Ausbruch von Kämpfen Atomwaffen eingesetzt werden sollen. Das sei der Hintergrund, warum die USA ihrerseits ein Arsenal von Mini-Nukes aufbauen wollen, die explizit auch bei nicht-nuklearen Konflikten eingesetzt werden sollen. China soll nach dem US-Militär auch kleine Atomwaffen entwickeln. Zudem rückt nun hinter Russland wieder verstärkt China als Bedrohung der amerikanischen Dominanz in den Vordergrund.

Dagegen beklagt die russische Regierung, dass die Zahl großer Nato-Manöver an der russischen Grenze (https://www.heise.de/tp/features/Namejs-Trident-Juncture-und-Wostok-4146763.html). weiter zunehme. Trainiert würden nicht nur defensive Operationen, so Außenamtssprecherin Maria Zakharova gestern, sondern auch offensive "in nördlichen Breitengraden während 'hochintensiven' Konflikts mit einem gleichwertigen Feind … Diese Machtdemonstration findet nahe der russischen Grenze statt und ist klar antirussisch." Der Norden Europas, der militärisch ruhig gewesen sei, und die baltische Region werden zu einem Gebiet, indem massive Kampfoperationen simuliert" werden. Es sei nicht so, wie sie oft höre, dass Russland gegen Europa potentielle Aggression aufbaue: "Es ist in Wirklichkeit andersherum.

Anfang September führt Russland eine Marineübung im Mittelmeer mit 25 Kriegsschiffen und 30 Flugzeugen durch. Das dürfte auch mit der angespannten Lage in Syrien zu tun haben. Russland warnt davor, dass "Terroristen" in Idlib in einer False-Flag-Operation Giftgas einsetzen wollen, während die USA drohen, bei einem erneuten Vorfall noch härter als bislang reagieren werden (Alle Seiten spielen mit dem Szenario eines Giftgasangriffs in Idlib).