Das Gesetz des Stärkeren

Sicherheitsberater John Bolton droht dem ICC. Screenshof aus dem Video der Federalist Society

Die Renaissance der Antike, verkündet durch John Bolton gegen den Internationalen Strafgerichtshof - Ein Kommentar

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Die USA haben bereits einmal gedroht, Den Haag zu überfallen, sollte ein US-Bürger vor dem Internationalen Strafgericht für Verbrechen zur Verantwortung gezogen werden. Aber das ist schon eine Weile her. In der Zwischenzeit hat sich das Land schon mal als immun gegen ein Urteil erklärt, vermied es aber, das Gericht grundsätzlich abzulehnen, da man es für die Vernichtung politischer Gegner noch sehr nützlich fand. Aber mit der neuesten Äußerung von Sicherheitsberater Bolton, zerfällt der letzte Schein von Rechtsstaatlichkeit auf internationaler Ebene. Es gilt wieder das "Naturrecht", also das Recht des Stärkeren, das die Welt seit Urzeiten bestimmt. Aufklärung, Humanismus, UNO und Völkerrecht werden entlarvt als Potemkinsche Dörfer. "

Von Natur aus ist es gerecht und schön, wenn sich einzelne Stärkere gegenüber den Schwächeren, wenn nötig auch mit Gewalt, durchsetzen, wenn der Tüchtigere mehr habe als der Untüchtige, der Edlere mehr als der Unedle. Als Beispiele nennt er das Tierreich sowie die Politik, wo die besseren Staaten und Menschen über die schlechteren Staaten und Menschen herrschen und auch mehr besitzen. Für einen Starken wie den Herrscher Xerxes gab es keine Gesetze, die ihn einschränkten: Er handelte der Natur, aber nicht den Gesetzen gemäß.

Kallikles

Wie kam es dazu, dass nun auch deutsche Politiker behaupten, ein Recht zu haben, Syrien zu bombardieren, nur weil sie es können (Umfrage: Deutliche Mehrheit der Deutschen lehnt Militärschlag gegen Syrien ab). Gehen wir davon aus, dass der vorgeschobene Grund eines angeblichen Chemiewaffeneinsatzes der syrischen Armee so absurd ist, dass niemand ihn wirklich glauben kann und dass aber selbst ein solcher Einsatz völkerrechtlich und dem Grundgesetz zufolge keine Berechtigung für einen Angriffskrieg liefert. So wie die USA den vom Sicherheitsrat der UNO ratifizierten und für alle Seiten verbindlichen Vertrag "einseitig beenden" konnten, was natürlich in Wirklichkeit ein Bruch des Vertrages war, so behauptete Deutschland, nun einen Angriffskrieg führen zu dürfen, im Prinzip, weil man auf der Seite des Stärkeren ist (Deutschland, der verbotene Angriffskrieg und die "Schutzverantwortung").

Nicaragua und die Iran-Contra-Affäre

Schauen wir zurück in den Anfang der der 1980er Jahre, als die CIA unter Präsident Ronald Reagan entschied, dass sie die Regierung Nicaraguas stürzen sollte. Das war nicht nur völkerrechtlich illegal, sondern auch hinsichtlich der Gesetze der USA, denn der Putsch sollte ohne Genehmigung des Kongresses durchgeführt werden. Aber Reagan und die CIA kümmerten sich nicht darum, verminten die Häfen Nicaraguas und gefährdeten die zivile Schifffahrt. Als der Kongress davon erfuhr, gab es einen lauten Aufschrei. Nicht wegen der völkerrechtswidrigen Aktion an sich, sondern wegen des fehlenden Einholens der Genehmigung des Kongresses. Aber es gab damals auch noch Stimmen, die das Programm für unmoralisch erklärten.

Der Kongress verabschiedete daraufhin ein Gesetz, das der Regierung verbot, die rechtsextremen Contra-Rebellen zu unterstützen. Auch dies wurde von Ronald Reagan ignoriert. Durch den Schmuggel von ungezählten Tonnen Rauschgift in die USA, wurden die Rebellen gegen die linke Regierung in Nicaragua am Leben erhalten. Um die Finanzierung weiter zu verschleiern, verkaufte der CIA dann Waffen an den Iran, der als Feind der USA galt, nicht zuletzt auch um im Konflikt mit dem Irak zu verhindern, dass der Krieg mangels Waffen beendet wurde. Mit dem Erlös finanzierte die Regierung dann weiter die Todesschwadronen der Contra-Rebellen in Nicaragua.

Auch das flog auf, denn zu der Zeit gab es noch investigative Journalisten. Damals sorgte der vor kurzem verstorbene Robert Parry noch für Aufregung mit solchen Enthüllungen, während man bei seinen letzten Aufklärungen über Verbrechen der Regierung nur noch müde abwinkte. Auch seine Enthüllungen über die Machenschaften der USA in Syrien erzeugen heute durch die inzwischen "eingebetteten" Medien keinen Aufruhr mehr wie seinerzeit bei der Iran-Contra-Affäre.

Aber zurück zur Iran-Contra-Affäre. Durch die Enthüllungen der Presse wurde eine Untersuchung auf die Schiene gebracht. Zahlreiche Beamte der Reagan-Regierung wurden angeklagt und einige verurteilt. George Bush war unter Reagan Vizepräsident, trat sein Erbe als 51. Präsident an. Ein Erbe, das aber durch die Affäre gefährdet war. Bush benutzte dann sein präsidiales Recht auf Begnadigung für sich selbst und die Mittäter, um die Untersuchung zu beenden.

Nicaragua war jedoch so unverschämt, die USA vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag zu verklagen. Dieses urteilte zugunsten Nicaraguas und verurteilte die USA zur Zahlung von Schadenersatzleistungen. Die USA weigerten sich jedoch und erklärten sich für immun gegen solche Urteile. Dabei sagte die Reagan-Regierung zunächst, dass es nur um die prozessualen Vorgänge gehen würde, weshalb man das Urteil nicht anerkannte. Angeblich wollte man aber das Gericht nach wie vor benutzen. Natürlich für die Verfolgung von Gegnern. Später erklärten die USA dann, grundsätzlich keine Urteile des Gerichts gegen sich anzuerkennen.

USA drohen Internationalem Strafgerichtshof

Und nun waren Richter des Internationalen Strafgerichtshofes (ICC) in Den Haag so dreist, trotz Invasionsdrohung, Vorermittlungen gegen die USA wegen Kriegsverbrechen in Afghanistan einzuleiten. Die Strafe folgt auf dem Fuße. Sicherheitsberater John Bolton (Bomb Iran), also der letzte, mit dem der Präsident der USA spricht, bevor er einen Krieg beginnt, bezeichnete den ICC als illegitim und "geradezu gefährlich" und drohte mit Sanktionen (Sicherheitsberater Bolton droht dem Internationalen Strafgerichtshof. Hier der Grund:

Chefanklägerin Fatou Bensouda hatte im vergangenen November eine Untersuchung zu möglichen Kriegsverbrechen in Afghanistan ersucht. In einem Bericht von November 2016 beschuldigt sie US-Militärs und Mitglieder des US-Auslandsgeheimdienstes CIA, Häftlinge gefoltert oder brutal behandelt zu haben. Die Vorfälle sollen sich mehrheitlich zwischen 2003 und 2004 ereignet haben.

SRF

Willkommen in der Antike und dem Mittelalter. Vergessen Sie alles, was sie über Völkerrecht oder Menschenrechte gehört haben, hören Sie nur, was die USA erklären und Deutschlands Politik und Medien gehorsam verkünden. Es gibt kein anderes Gesetz als das Gesetz des Stärkeren.

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