Gallup-Umfrage: Weltweit steigt die negative Stimmung

Gallup will den emotionalen Impuls der Weltbevölkerung messen. Bild: Misscurry/CC BY-SA-3.0

In Lateinamerika sind die Menschen am positivsten gestimmt, schwarz gestimmt ist Afrika, aber auch Afghanistan, Irak und Jemen, die vom Westen mit Interventionen beglückt wurden oder werden

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Das vergangene Jahr soll ein besonders schlechtes gewesen sein. Das ist zumindest das Ergebnis einer weltweiten Gallup-Umfrage Global Emotions, für die über 150.000 Menschen über 15 Jahre in 145 Ländern nach ihrer emotionalen Befindlichkeit befragt wurden. Angefangen hat Gallup mit diesem Versuch, die Gefühlslage der Menschen weltweit zu vermessen, im Jahr 2005. Vergleichen lässt sich das Ergebnis also bestenfalls nur mit den zurückliegenden 12 Jahren.

Seit 2014 geht es weltweit mit der Stimmung nach unten. 2014 stand der Index für negative Emotionen bei 24, 2017 kletterte der Index auf 30 Punkte. Fast 40 Prozent der Befragten gaben an, am Tag vor der Befragung negative Erfahrungen gemacht zu haben. Das sind allerdings nur 2 Prozent mehr als 2016, aber doch eine ganze Menge. Stress und Sorgen überwiegen, gefolgt körperlichen Schmerzen (30%) von Traurigkeit (20%). Was gleichgeblieben ist, ist der Ärger oder die Wut. Da hätte man annehmen können, dass eine Zunahme zu verzeichnen wäre, aber zumindest gegenüber 2016 blieb der Wut-Level bei 20 Prozent konstant.

Aus Fragen wie "Wurden Sie gestern den ganzen Tag mit Respekt behandelt?", "Lächelten oder lachten Sie viel gestern?", "Fühlten Sie sich ausgeruht?" oder "Lernten oder machten Sie etwas Interessantes?" wird der positive Index ermittelt. Der negative Index wird aus den Antworten aus Fragen über Gefühle gestern wie körperlicher Schmerz, Sorgen, Traurigkeit, Stress oder Ärger ermittelt. Die Befragten mussten ihre Gefühle auf einer Skala zwischen 0 und 100 quantifizieren.

Auch wenn der negative Index anstieg, ging der positive Index kaum zurück. Er fiel von 71 Punkten in den Jahren 2013-2015 auf 70 in 2016 und jetzt auf 69 zurück, lag aber schon 2006 und 2007 noch geringer bei 68 Punkten. 70 Prozent der Menschen gaben also an, 2017 am Tag vor der Befragung viel gelacht zu haben, mit Respekt behandelt worden zu sein, sich ausgeruht gefühlt zu haben oder vergnügt gewesen zu sein. Immer sagen die Menschen weniger häufig, etwas Interessantes erlebt zu haben, 2017 sagten dies nur 46 Prozent. Das ist eigentlich eine ganze Menge und ist auch weltweit unterschiedlich ohne diekte Verbindung zum positiven und negativen Index verteilt, und dass sich doch so viele Menschen weltweit gut fühlen, mag auch überraschend sein.

Aber die Stimmung der Menschen in den 145 Ländern unterscheidet sich natürlich doch sehr. In Paraguay waren die Menschen wie die Jahre zuvor am zufriedensten mit 85 Punkten. Im vom Westen befreiten Afghanistan, in dem seit 18 Jahren Krieg geführt wird, bildeten sie den Abschluss mit 48 Punkten, 10 Punkte weniger als 2016. Das könnte bedeuten, dass den Menschen in dem angeblich sicheren Herkunftsland allmählich die Hoffnung ausgeht oder dass die Probleme zugenommen haben. Wenig verwunderlich ist, dass gleich nach Afghanistan Jemen kommt, wo Saudi-Arabien mit der Unterstützung der USA und anderer westlicher Länder einen brutalen Krieg gegen die Huthis führt.

Verwunderlich ist, dass so viele lateinamerikanische Länder an der Spitze des positiven Index stehen. Weltweit am besten fühlen sich die Menschen, wie gesagt, in Paraguay, aber in geringem Abstand folgen Kolumbien, El Salvador, Guatemala, Costa Rica, Ecuador, Panama und selbst Honduras, das Land, das am gewalttätigsten gilt. Unter den ersten 10 Ländern mit einem positiven Gefühlsindex findet man nur Kanada und Island als Vertreter des Westens und erstaunlicherweise auch noch Usbekistan.

Bild: Gallup

Kulturelle Unterschiede

Die Frage ist natürlich, wie aussagekräftig solche Ländervergleiche sind, schließlich beantworten Menschen aus unterschiedlichen Kulturen Fragen nach ihrem Befinden und Erlebnissen unterschiedlich, was auch von ihren Erfahrungen und Erwartungen abhängt. Gallup sagt dazu nicht viel, es könne in den lateinamerikanischen Ländern trotz Gewalt und Armut einfach eine Tendenz geben, positive Stimmungen zu äußern.

Auffällig ist zumindest auch, dass dann, wenn man die positiven und negativen Stimmungen zusammennimmt, ebenfalls lateinamerikanische Länder wie Peru, Guatemala, Ecuador, Kolumbien, Bolivien, Nicaragua und Costa Rica mit an der Spitze stehen. Aber das Land, das im negativen Index ganz vorne gelandet ist, die Zentralafrikanische Republik, steht auch hier an erster Stelle. Abgesehen von den Philippinen und dem Irak finden sich bei den Ländern mit den höchsten positiven und negativen Emotionen sonst afrikanische Länder.

Schaut man sich den negativen Index an, dann sieht man, dass nach Afghanistan, dem Jemen und Tunesien - wahrscheinlich kein gutes Zeichen - ganz hinten auch die Türkei liegt. "Sultan" Erdogan mit seinem repressiven, nationalistischen und aggressiven Regime macht die Menschen augenscheinlich nicht glücklich. Weit unten befindet sich auch der vom Westen befreite Irak, was darauf hindeutet, dass westliche Interventionen und Regime Change nicht gerade Freude den Menschen bringen. Auch im Balkan herrschen eher negative Stimmungen wie in Mazedonien, Serbien oder Montenegro vor. Die Menschen in Ägypten und Weißrussland sind auch eher trüber Stimmung.

Ob man aus dem positiven und negativen Index ableiten kann, wie explosiv die Stimmung in den Ländern ist? Vermutlich könnte man schon schließen, dass in den Ländern, in denen die Menschen deutlich positiv gestimmt sind oder dies behaupten, eher wenig an Rebellion zu erwarten ist. Beim negativen Index scheint dies schwieriger zu sein. Am wenigsten negativ sind die Menschen in Kirgisien und Taiwan, aber Afrika ist ein schwarzer Kontinent, zu den schlecht gestimmten gehören aber auch die Iraker, die Iraner und die Palästinenser.

Stimmungskanonen wie Trump, die das Gefühl merken und wieder alles gut machen wollen, scheinen mit ihrer Wutpolitik die Situation nicht zu verbessern. Wenn die Stimmung weiter absackt und die schlecht gelaunten Wutbürger stärker werden, darf man wenig Positives von der Zukunft erwarten. Allerdings löst das politische Personal etwa in Deutschland von Merkel über Scholz, Seehofer oder Nahles bis hin zu Gauland oder Weidel nicht gerade fröhliche Stimmung aus, sondern vermiest sie nur weiter.