Geschäfte mit Iran trotz Sanktionen: Die EU packt einen Trick aus

Iranische Reaktion auf das Ende des JCPOA im Mai 2018. Der iranische Präsident Rohani am Sprecherpult, links von ihm Außenminister Zarif. Foto: Screenshot/Press TV

Die EU kämpft um Glaubwürdigkeit und will Zeit gewinnen in der Hoffnung, dass 2020 ein anderer US-Präsidenten gewählt wird

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Mogherini bemüht sich. Sie engagiert sich dafür, dass die Glaubwürdigkeit der EU in Sachen Atomvereinbarung mit Iran keinen allzu großen Schaden nimmt, um es defensiv auszudrücken. Ob das von Mogherini vorgestellte EU-Vorgehen dazu reicht, um, offensiver ausgedrückt, europäische Glaubwürdigkeit hochzuhalten, hängt von mehreren Faktoren ab.

Der Ausstieg Trumps aus der JCPOA-Vertragsbeziehung mit Iran stellt die EU und ihre Unternehmen vor die Wahl, Geschäftsbeziehungen entweder mit Iran oder mit den USA zu unterhalten (laut Wall Street Journal geht es um einen Markt mit 400 Milliarden gegen einen mit 20 Billionen US-Dollar). Denn Trump hat Anfang Mai das schärfste US-Sanktionsregime "ever" gegen Iran angekündigt (vgl.USA wollen Dollargeschäfte mit Iran verbieten ) und wer nicht mitmacht, muss saftige Strafen fürchten.

Das haben große Unternehmen wie Total, Daimler, Siemens, Airbus oder die Peugeot-Gruppe PSA schnell erkannt und Zeichen gegeben, dass sie zum Ausstieg aus den Beziehungen mit Iran bereit sind, bzw. dies schon vollzogen haben. Das heißt, dass man in den Führungsetagen von international agierenden Unternehmen der EU faktisch nicht wirklich zutraut, dass sie Geschäfte mit Iran absichern kann.

Das "Special Purpose Vehicle"

Das wissen auch die iranischen Vertreter. Es ist wenig wahrscheinlich, dass sie mit solchen Garantien oder mit der Erfüllung der weltfremden Forderungen ihres geistigen Oberhaupts rechnen. Aber bloße Zeichen werden ihnen in Zeiten wirtschaftlicher Nöte und daraus wachsenden Protesten auch nicht genügen.

Das sind, grob skizziert, Rahmenbedingungen der Erklärung, welche die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini gestern am Rande der UNO-Generalversammlung abgab. In deren Zentrum steht eine Ankündigung, die international großes Medienecho findet.

Die EU will eine Zweckgesellschaft, englisch "Special Purpose Vehicle" (SPV), genannt, schaffen, um für die Abwicklung von Geschäften mit Iran eine Möglichkeit zu eröffnen, dass der Zahlungsverkehr abseits der üblichen Finanzkanäle stattfinden kann.

"Dadurch soll vermieden werden, dass Banken, die bisher solche Transaktionen abwickeln, selbst Ziel der US-Sanktionen werden. Die Rechtsform einer sogenannten Zweckgesellschaft hat den Vorteil, dass sie nicht mit Kapital ausgestattet werden muss, öffentliche Mittel werden also nicht benötigt", erläutert der Spiegel.

"Finanzielle Transaktionen werden erleichtert." Es komme darauf an, dass europäische Unternehmen weiter Handel mit Iran treiben können, im Rahmen des EU-Rechts, und das diese Möglichkeiten auch anderen Partnern in der Welt eröffnet werde, erklärte Mogherini und fügte hinzu, dass an der technischen Umsetzung noch gearbeitet werde. Konkretere Informationen zur Vorgehensweise würden dann folgen.

Position gegen die USA

So ist das erstmal eine Ankündigung vor großem Publikum. Zu der gehört, dass sich die Außenminister von China, Frankreich, Deutschland, der russischen Föderation, Großbritanniens und Iran getroffen haben und einen gemeinsamen Beschluss getroffen haben, der bestätigt, dass diese Länder - im Gegensatz zu den USA, deren Entschluss zutiefst bedauert werde - am JCPOA festhalten und dies im internationalen Interesse liege.

In Punkt vier von zwölf wird festgestellt, dass sich Iran laut der letzten zwölf aufeinanderfolgenden Berichte der Internationalen Behörde für Atomenergie (International Atomic Energy Agency, IAEA) an seine Verpflichtungen gehalten habe und sich auch weiter daran halten will. Nicht eigens erwähnt wird, dass die iranische Führung aber sehr wohl verschiedentlich damit gedroht hat, die Urananreicherung binnen kürzester Zeit wiederaufzunehmen, wenn man sich nicht mehr an die Vereinbarung gebunden fühle.

Ob der europäische Vorschlag der Einrichtung eines Special Purpose Vehicle (SPV) diesen politischen Bankrott abwenden kann? Welches Geschäftsvolumen damit in Verbindung gebracht wird, welche Unternehmen bereit wären, unter diesem Dach Geschäfte mit Iran zu machen, welche wirtschaftspolitische Relevanz der SPV-Umgehungstrick gegenüber US-Sanktionen haben wird, ist noch gar nicht einzuschätzen.

Zunächst wird damit vor allem eine Position verbunden, wie die Schlagzeilen zeigen: EU stellt sich mit China und Russland gegen die USA. Die Konfrontation mit den USA setzt den Akzent in der Berichterstattung.