Trump: "Unser Militär wird bald mächtiger als jemals zuvor sein"

Donald Trump auf der UN-Generalversammlung. Bild: Weißes Haus

Trump feiert vor der UN-Generalversammlung unter Gelächter seine nationalistische Politik, die aber beim Militär ihre Paradoxien zeigt

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Es dürfte US-Präsident Donald Trump schmerzlich getroffen haben, als er in seiner Rede vor der UN-Generalversammlung ausgerechnet dann - und das auch noch ganz am Beginn - Gelächter erntete, als er die "außerordentlichen" Erfolge seiner Regierung anzupreisen versuchte. Überrascht sagte er, er habe diese Reaktion nicht erwartet: "But that’s okay". Und er fuhr dann fort, die von ihm erzielten Leistungen, alles natürlich in historischen Dimensionen, zu feiern: die größte Steuerreform, der Bau der Grenzmauer und vor allem auch die militärische Aufrüstung: "Unser Militär wird bald mächtiger als jemals zuvor sein. Die USA sind ein stärkeres, sicheres und reiches Land, seitdem ich das Amt vor zwei Jahren übernahm."

Trumps Nationalismus nahm breiten Raum ein. Er machte klar, dass seine Politik allein den nationalen Interessen gehorcht. Kooperation gibt es nur, wenn die USA profitieren und ein Geschäft machen. Der Versuch, eine regelhafte Weltordnung aufzubauen, bislang zumindest ein angebliches Ziel der amerikanischen Politik, wenn auch die Weltordnung eine amerikanische sein sollte, gilt nicht mehr.

Jeder soll sich selbst der Nächste sein

Jeder ist selbst der Nächste, nationaler Egoismus ist angesagt, Hilfe oder Unterstützung erhält nur noch, wer sich dem nationalen Interesse der USA oder dem, was Trump darunter versteht, unterwirft. Wer dies nicht macht, wird zunächst wirtschaftlich bedroht wie China und vor allem der Iran, den Trump zum Weltparia machen und aushungern will. Dagegen wird natürlich der Deal mit Nordkorea nach dem Showdown der Drohungen mit einem Atomkrieg gefeiert.

Die Trumpsche Ideologie wird den Rechtsnationalen und auch den eurpäischen EU-Verächtern gefallen: "Amerika wird von den Amerikanern regiert. Wir weisen die Ideologie der Globalisierung zurück und wir stehen hinter der Doktrin des Patriotismus." Dass der etwa Europa in zwei Kriege gestürzt hat, die zu Weltkriegen wurden, stört den Präsidenten mit deutschem Migrationshintergrund nicht.

Trump schließt sich seinem Sicherheitsberater Bolton an und verurteilt den Internationalen Strafgerichtshof (ICC). Nicht weil er eine universelle Rechtsprechung unvollkommen einlöst oder einseitig Herrschende zur Rechenschaft zieht, sondern weil die USA sich keinen verbindlichen allgemeingültigen Regeln unterwerfen wollen, sondern stets Ausnahme bleiben wollen: "Wir werden niemals Amerikas Souveränität einer nicht-gewählten, nicht belangbaren, globalen Bürokratie unterwerfen." Von einer Reform der Vereinten Nationen oder des ICC spricht er nicht.

Staaten müssten unabhängig, also autark sein, auch im Blick auf Energie. Deutschland wird deswegen wieder mal kritisiert, sich von Russland abhängig zu machen, eine Abhängigkeit von den USA wäre in seinem Sinne natürlich etwas ganz anderes. Sozialismus ist natürlich das Böse, für dessen Unvermögen steht Venezuela. Auf Armut und den Zerfall der Gesellschaften in Arm und Reich, die Herrschaft von Oligarchen, zu denen er schließlich auch gehört, bleibt Leerstelle.

Migration wird von Trump verdammt, Toleranz für Menschenschmuggel sei nicht human, unkontrollierte Einwanderung führe zur Kriminalität und Bandenbildung. Dagegen helfe nur der Schutz der Grenzen. Kein Wort verliert Trump über die Gründe, die Menschen antreibt, in andere Länder zu fliehen. Die Grenze ist das Allheilmittel und die Länder müssten halt auch auf Nationalismus setzen, um wieder groß zu werden: Donald Trumps Politik als globale Medizin, die alles gut macht. Auch hier will sich Trump nicht reinreden lassen und lehnt den Global Compact on Migration ab.

Widerpruch der nationalstischen Ideologie

Allerdings könnte es Probleme mit der Politik geben, Amerika militärisch wieder groß zu machen, auch wenn der Rüstungshaushalt weiter ansteigt. Angeblich kommt sowieso nur ein Viertel der amerikanischen jungen Menschen im Alter zwischen 17 und 24 Jahren für eine Rekrutierung bei den Streitkräften in Frage, Dreiviertel seien dafür nicht geeignet. Und von den Fitten hat kaum jemand Lust, sich für Trumps Ideologie als Soldat einspannen zu lassen, gerade einmal ein Achtel.

Den Dienst an der nationalen Sicherheit interessanter zu machen, würde natürlich eine andere Politik erforderlich machen, dagegen helfen mehr Panzer, Atombomben oder Flugzeugträger nichts. Es sei denn, die fehlenden Soldaten der großen amerikanischen Nation werden durch ferngesteuerte oder autonome Kampfroboter ersetzt.

Ansonsten stößt Trump hier auf einen Widerspruch, denn die Soldaten müssen sich für relativ wenig Geld womöglich für die Nation oder das national Allgemeine opfern. Das aber widerspricht dem Prinzip, dass jeder seine eigenen Interessen verfolgen soll. Trumps nationale Souveränität basiert im Inneren darauf, dass die Ärmeren ihre Interessen hintanstellen und die Vorherrschaft der Reichen, die Trump steuerlich noch einmal entlastet hat, zugunsten des angeblichen allgemeinen Wohls, dulden - und wahrscheinlich hoffen, dass doch ein paar Krümel für sie abfallen.

Trump würde gerne die Personalstärke des US-Militärs vergrößern. Aber damit stößt er auf den Widerstand der jungen Menschen. Eigentlich wollte die US Army im Haushaltsjahr 2018 76,500 Rekruten einstellen, es wurden aber nur 70.000, 8,5 Prozent unter Plan. Das Wirtschaftswachstum, für das sich Trump als Erfolg seiner Politik brüstet, wird dafür ebenso verantwortlich gemacht wie die fehlende Neigung, zur Armee gehen zu wollen. Und dazu kommen mangelnde Fitness oder Drogenkonsum.

Die Armee will nun die Werbung anders ausrichten und mehr auf Soziale Medien und Computerspiele setzen. Offenbar haben mehr Geld und gesenkte Aufnahmekriterien den Dienst für die nationale Sicherheit unter Donald Trump nicht attraktiver gemacht. Man müsste wohl stärker auf Söldner setzen, also auf Ausländer, die sich die US-Staatsbürgerschaft durch den Militärdienst verdienen, aber Trump will ja den Zuzug von Ausländern überhaupt begrenzen. Zwar betrifft das Problem nur die Armee, die Luftwaffe, die Marine und Marine Corps haben ihr Rekrutierungssoll erfüllt. Aber die Armee hat am meisten Personal und ist bei Auslandseinsätzen auch am gefährdetsten.

Für die Steigerung des militärischen Personals wären eine steigende Arbeitslosigkeit und sinkende Löhne optimal. Aber Trump will Amerika wirtschaftlich und militärisch groß machen. Das scheint nicht zu funktionieren. Wer auch sonst Arbeit findet, die noch dazu besser bezahlt wird, verzichtet auf den schlechter bezahlten und womöglich riskanten Dienst am Vaterland, um selbst groß zu bleiben. Der Nationalismus oder Patriotismus zerbricht an den eigenen Maßstäben, zumindest dann, wenn die Wirtschaft boomt und die Arbeitslosigkeit gering ist - und es sich um eine Berufsarmee handelt, die im Gegensatz zur Wehrpflicht den Gesetzen des Marktes unterworfen ist.