Zentrale Stelle Verpackungsregister - das nächste bürokratische Monster?

Symbolbild: CC0

Bei der Entsorgung von Verpackungsmaterialien und deren Finanzierung gibt es bislang große Schlupflöcher. Das soll künftig durch eine Registrierungspflicht für Verpackungen vermieden werden

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Wer auch 2019 in Deutschland Waren verkaufen will, die verpackt gehandelt werden, muss sich für zahlreiche dieser Verpackungen künftig erst bei der Zentralen Stelle Verpackungsregister (ZSVR) in Osnabrück registrieren lassen, bevor er einen Entsorgungsvertrag mit einer einschlägigen Recyclingorganisation abschließen darf. Mit dem am 5. Juli 2017 veröffentlichten "Gesetz zur Fortentwicklung der haushaltsnahen Getrennterfassung von wertstoffhaltigen Abfällen" sollen die Kosten für das Recycling von Verpackungsmaterialien, die letztlich in privaten Haushalten landen, gerechter verteilt werden. Für manchen ist das schon wieder ein typisch deutsches bürokratisches Monster.

Die bislang in Deutschland geltende Verpackungsverordnung (VerpackV) wird am 1. Januar 2019 durch das neue Verpackungsgesetzes (VerpackG) abgelöst. Damit greift dann auch die Pflicht zur Registrierung sogenannter systembeteiligungspflichtigen Verpackungen im öffentlich einsehbaren Verpackungsrregister Lucid und die laufende Mengen-Meldepflicht für die in den Handel gebrachten Verpackungen.

Die Zentrale Stelle Verpackungsregister wird von der gleichnamigen Stiftung in Osnabrück getragen. Die vier Stifter dieser Stiftung des privaten Rechts sind die Bundesvereinigung der deutschen Ernährungsindustrie (BVE), der Handelsverband Deutschland (HDE), die Industrievereinigung Kunststoffverpackungen (IK) sowie der Markenverband. Die Finanzierung der Arbeit des ZSVR erfolgt nach § 25 VerpackG durch die sogenannten Systeme und Betreiber von Branchenlösungen, die verpflichtet sind, sich gemäß ihrem jeweiligen Marktanteil an der Finanzierung der Zentralen Stelle einschließlich der erforderlichen Errichtungskosten zu beteiligen. Die geprüften und genehmigten Kosten werden somit über eine entsprechende Umlage refinanziert.

Hintergrund der Zentralen Stelle Verpackungsregister

Zu Anfang des Jahrzehnts wurde vom Umweltbundesamt ein sogenanntes "Planspiel zur Weiterentwicklung der Verpackungsverordnung" durchgeführt. Dabei wurde auch die Organisation und Finanzierung einer erweiterten Wertstoffsammlung untersucht und die Schwachstellen der bisherigen Konstruktion der Verpackungsverordnung hinsichtlich der Finanzierung des bisherigen Systems diskutiert.

Die Lösung der damals zunehmend wachsenden Finanzierungsprobleme beim Verpackungsrecycling wurde in der Einrichtung einer sogenannten Zentralen Stelle gesehen, die beliehen wird und im Rahmen der Kontrolle hoheitlich agieren muss. Mit dieser Einrichtung einer hoheitlichen Stelle sollten die zwei zentralen Schwachstellen ausgemerzt werden. Dies sind die hoheitliche Regelsetzung und Kontrolle des Finanzierungsmechanismus unterhalb der einzelnen dualen Systeme über die sogenannte Marktanteilsberechnung und die verbindliche Auslegung der gesetzlichen Vorgaben zu den Pflichten der Hersteller sowie die Erstellung von Leitlinien für die Prüfung der Lizenzierung bei den großen Herstellern.

Was sind systembeteiligungspflichtigen Verpackungen?

Systembeteiligungspflichtig sind nach § 3 Abs. 8 VerpackG mit Ware befüllte Verkaufs- und Umverpackungen, die nach Gebrauch typischerweise beim privaten Endverbraucher als Abfall anfallen. Als Endverbraucher gilt in diesem Zusammenhang jeder, der die jeweilige Ware in der an ihn gelieferten Form nicht mehr gewerbsmäßig in Verkehr bringt. Das sind nicht nur private Haushaltungen, sondern auch vergleichbare Anfallstellen im Sinne des § 3 Abs. 11 VerpackG.

Die gleichgestellten Anfallstellen sind hier nicht abschließend aufgezählt. Erwähnt werden beispielhaft Gaststätten, Hotels, Raststätten, Kantinen, Verwaltungen, Kasernen, Krankenhäuser, Bildungseinrichtungen, karitative Einrichtungen, Niederlassungen von Freiberuflern, Kinos, Opern und Museen, sowie Ferienanlagen, Freizeitparks und Sportstadien. Dazu zählen auch landwirtschaftliche und Handwerks-Betriebe, deren Verpackungsabfälle mittels haushaltsüblicher Sammelgefäße im haushaltsüblichen Abfuhrrhythmus entsorgt werden können.

Nach § 26 Abs. 1 Satz 2 Nr. 23 VerpackG entscheidet die Zentrale Stelle Verpackungsregister auf Antrag durch Verwaltungsakt über die Einordnung einer Verpackung als systembeteiligungspflichtig. Derzeit ist ein Katalog mit 36 Produktgruppenblättern zu insgesamt 417 Produktenkategorien im Aufbau.

Ausnahme Serviceverpackungen

Unter Serviceverpackungen versteht man alle Verpackungen, die erst am Ort der Abgabe an den Endverbraucher mit Ware befüllt werden. Dazu zählen beispielsweise Tragetaschen, Coffee-to-go-Becher, Imbisseinweggeschirr und -besteck. Diese Verpackungen unterliegen grundsätzlich der Registrierungspflicht. Der Letztvertreiber kann jedoch verlangen, dass die Systembeteiligung von der Vorvertriebsstufe übernommen wird, die ihn mit dem entsprechenden Verpackungsmaterial beliefert.

Damit gehen auch alle anderen Pflichten wie die Registrierung und falls gefordert auch die Vollständigkeitserklärung auf den Vorvertreiber über. Damit soll das Gesamtverfahren ein wenig verschlankt werden, weil sonst jede Pommes-Bude registrierungspflichtig geworden wäre. Im Gegensatz zur inzwischen funktionierenden nach dem ElektroG vorgeschriebenen Registrierung von elektrischen Produkten bei der Stiftung EAR, wo sich inzwischen zahlreiche Dienstleister etabliert haben, welche die Registrierung und die turnusmäßige Mengenmeldung für die betroffenen Unternehmen abwickeln, muss die ZSVR-Registrierung von jedem betroffenen Unternehmen selbst vorgenommen werden und darf nicht auf einen einschlägigen Dienstleister übertragen werden.

Bußgelder bei Verstößen gegen die Registrierungspflicht

Wer zum 1. Januar 2019 keine Registrierungsnummer aus der ZSVR-Registrierung im Lucid-System hat, kann seine Verpackungen künftig nicht mehr bei einem dualen System anmelden. Wenn sich ein Hersteller nicht ordnungsgemäß registrieren lässt, dürfen Verpackungen mit diesen Marken auf keiner Handelsstufe in Deutschland vertrieben werden. Wer gegen dieses Vertriebsverbot verstößt, riskiert ein Bußgeld von bis zu 200.000 Euro.

Auch wer die Daten über Verpackungsmaterialien und -mengen nicht fristgerecht einreicht, wird mit bis zu 10.000 Euro zur Kasse gebeten. Zur Überwachung der einschlägigen Registrierung soll das Register soweit öffentlich gestaltet werden, dass Wettbewerber nachsehen können, ob ihre Konkurrenz erfolgreich registriert wurde. Auf diesem Weg hofft man einen wichtigen Teil der grundsätzlichen Marktüberwachung auf den einschlägigen Wettbewerb auslagern zu können.

Laut einer Anfang September 2018 veröffentlichten Umfrage von Trusted Shops unter 700 Online-Händlern weiß etwa vier Monate bevor die Gesetzesänderung im Verpackungsbereich greift, knapp jeder zweite (49 Prozent) noch nicht, welche Neuerungen das Gesetz mit sich bringt. Da werden wohl zum Jahreswechsel manche Anwaltskanzleien gleich doppelt anstoßen.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Buchempfehlung (Amazon Affiliates) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Amazon Affiliates) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.