USA: Neuer Falke für Syrien will "Regime" leiden sehen

Al-Qaida-Kämpfer bereiten sich auf die Offensive vor. Bild: HTS

Syrien-Sonderbeauftragter James Jeffrey bindet US-Präsenz im Land an den Abzug iranischer Soldaten und Milizen. Die EU soll Helfer bei zusätzlichen harten Sanktionen gegen Syrien sein

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Die USA wollen so lange in Syrien bleiben, "bis Iran Soldaten und Milizen, die unter seinem Kommando stehen, aus dem Land zurückzieht" - also für sehr lange Zeit. Neulich hatte der Falke John Bolton als Nationaler Sicherheitsberater bereits die US-Präsenz in Syrien an Iran geknüpft, nun bestärkt James Jeffrey diesen Ansatz.

James Jeffrey ist der neue Syrien-Sonderbeauftragte des Außenministeriums. Seine Begründung des US-Aufenthalts in Syrien ignoriert völlig, was die syrische Regierung dazu sagt. Deren Außenminister Walid al-Moallem hatte am Wochenende vor der UN-Vollversammlung den "sofortigen und bedingungslosen Rückzug der Streitkräfte der USA, Frankreichs und der Türkei" gefordert.

Den Jeffreys und Boltons sind Einwände der syrischen Regierung völlig unwichtig. Ihre "neue Zielsetzung", so die Washington Post zur expliziten Hereinnahme der iranischen Präsenz in die Begründung für den Aufenthalt von etwa 2.000 US-Soldaten auf syrischem Boden, ist Teil einer aggressiveren Haltung, die sich auch gegen Damaskus richtet.

Neue Sanktionen

James Jeffrey formuliert dies unmissverständlich. Sollte die syrische Regierung beim Ausarbeiten einer neuen Verfassung nicht kooperieren, dann würden die Vereinigten Staaten mit wirklich harten internationalen Sanktionen reagieren, so wie man vor 2015 auf Iran Druck gemacht habe. Dieser Ansage, zitiert von Reuters, folgen zwei bemerkenswerte Einlassungen.

Zum einen, dass sich die US-Regierung die EU als Handlanger vorstellt, zum anderen die beinahe genussvolle Beschreibung der Härten, die der Regierung in Damaskus gelten, die letztlich aber vor allem die Bevölkerung zu spüren bekommt - ergänzt werden sollte auch, dass Syrien bereits seit Jahren Sanktionen unterworfen ist:

Selbst wenn der UN-Sicherheitsrat sie (die Sanktionen, Anm. d. Verf.) nicht passieren lässt, dann werden wir sie über die EU umsetzen oder über Verbündete in Asien und dann werden wir es zu unserer Aufgabe machen, das Leben für diesen aus dem letzten Loch pfeifenden Kadaver eines Regimes (i.O. "that flopping cadaver of a regime") so miserabel wie möglich zu machen und die Russen und die Iraner, die dieses Chaos angerichtet haben, daraus zu entlassen.

Jim Jeffrey, US-Sondergesandter für Syrien

Jim Jeffrey war stellvertretender Nationaler Sicherheitsberater unter Präsident George W. Bush; er gehörte dem Think Tank Washington Institute for Near East Policy an und ist, wie im LobeLog und im Council on Foreign Relations-Blog aus berufenem Mund nahegelegt wird, fest im Neocon-Lager verankert. Er gehörte zu dem Zirkel, der im August 2016 einen Brief unterzeichnete, der Trump wesentliche Kompetenz für das Präsidentenamt absprach.

Dass Jeffreys dessenungeachtet als Sondergesandter für Syrien berufen wurde, ist auf Außenminister Pompeo zurückzuführen, mit dem er in zwei wesentlichen Punkten übereinstimmt: ein klarer Anti-Iran- und ein ausgeprägter pro-israelischer Kurs.

Jeffreys Drängen auf den "politischen Übergang"

Für die EU wird das nicht ganz einfach werden. Nicht nur, dass Mogherini als außenpolitische Vertreterin der Gemeinschaft zusammen mit den E3 (Frankreich, Großbritannien, Deutschland), Russland und China für die Beibehaltung der "Atom-Vereinbarung" mit Iran eintrat - und hiermit einen anderen Kurs geht als die USA. Mogherini erwähnte darüber hinaus die Umsetzung der russisch-türkischen Idlib-Vereinbarung als Bedingung für eine Beteiligung beim Wiederaufbau.

Das birgt einige Schwierigkeiten. Während nämlich der US-Vertreter Jeffrey unter Berufung auf die Sicherheitsratsresolution 2254 darauf drängt, dass nun schnell mit der Arbeit an einer neuen Verfassung in Syrien begonnen wird, um den "politischen Übergang" einzuleiten, und sich auch die Small Group on Syria mit Deutschland, Frankreich, Großbritannien, den USA, Saudi-Arabien, Jordanien und Ägypten dieser Linie anschließt, bremst Russlands Außenminister Lawrow.

Er hält die Eile und den Druck für einen Fehler:

Die "kleine Gruppe zu Syrien", die sich kürzlich getroffen hatte - vier westliche Länder und drei arabische Länder - hat ein Statement vereinbart, das den sofortigen Beginn der Arbeit eines konstitutionellen Komitees fordert. Wir wissen, dass dies bedeutet, dass sie Staffan de Mistura dazu bringen wollen, dass er erklärt, er habe nun ein Komitee mit dieser Zusammensetzung geschaffen. Das wäre ein großer Fehler.

Sergei Lavrow

Laut Reuters hat de Mistura erklärt, dass er 50 Personen aus dem Lager der Regierung, der Opposition und Unabhängiger aussuchen werde, damit diese bei dem konstitutionellen Komitee mitmachen. Angeblich, so die Nachrichtenagentur, habe die syrische Regierung diesem Plan zunächst zugestimmt.

Später habe sie ihn jedoch verworfen, was der Linie aus Damaskus entspricht, dass man möglichst wenig Einfluss von außen auf interne Angelegenheiten haben will. Eine Erklärung aus den USA zeigt, dass der neue Syrien-Sondergesandte ebenfalls ein Interesse an der Zusammensetzung des Komitees hat.

Anzunehmen ist, dass sich der Prozess bis zur Bildung eines konstitutionellen Komitees und der Ausarbeitung einer Verfassung noch lange hinziehen wird. Interessant zu beobachten wird sein, wie sehr sich die EU um eine eigene Rolle bemüht oder eben grundsätzlich völlig auf US-Linie bleibt.

Bevor Zeitpläne zum politischen Prozess und das Drängen darauf - das höchstwahrscheinlich letztlich auf eine Wiederholung der Forderung nach einem Abschied Baschar al-Assads und seiner engeren Umgebung hinauslaufen wird - überhaupt in irgendeiner Weise relevant werden könnten, müssen andere Fragen geklärt werden. Zum Beispiel, wie es in Idlib weitergeht.