Hambacher Forst: Der Wald ist wieder besetzt

Demo am Samstag mit 50.000 Teilnehmern nach Veranstalterangaben. Bild: BUND

50.000 Menschen kamen zur Großdemo - doch dem Wald selbst wurde heute nicht geholfen

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Der Freitag war ein schwarzer Tag für RWE: Erst stoppte das OVG Münster das Rodungsvorhaben im Hambacher Forst für unbestimmte Zeit - und dann kippte das VG Aachen auch noch das kurz zuvor von der Polizei erwirkte Demonstrationsverbot. Zugleich sackte die RWE-Aktie um mehr als acht Prozent ab.

Für die Kohlegegner und Umweltaktivisten hingegen wurde es ein Tag der Freude. Am Samstag kamen Zehntausende in den kleinen Ort Buir. Die Veranstalter sprachen am Mittag von 50.000 Teilnehmern. Auf einer Wiese unmittelbar vor dem Wald wurde eine mehrstündige Kundgebung abgehalten, bei der auch die Band Revolverheld auftrat.

Dass tatsächlich so viele Menschen gekommen sind, lag zweifellos an der massiven Medienberichterstattung über die Räumung der Baumhäuser in den Vorwochen. Doch es kamen, so war der Eindruck, längst nicht nur Umweltschützer - sondern auch tausende Event-Touristen. Als im Laufe des Nachmittags Unterstützergruppen der ursprünglichen Besetzer dazu aufriefen, in den Wald zu gehen, schlossen sich unzählige Demo-Besucher an. Die Polizei hielt sich zurück. Auch als die Aktivisten längst wieder in den Bäumen hingen und mit der Errichtung neuer Baumhäuser begonnen hatten, griff die Polizei nicht ein. Sie forderte lediglich die Räumung einer Barrikade auf einem Rettungsweg.

Doch während die einen sich im Wald an die Arbeit machten, machten die anderen eine Party daraus. Trampelten durchs Unterholz, beschallten den Wald zeitweise von einem LKW aus mit lauter Techno-Musik. Das sorgte auch bei vielen, die den Kampf um den Wald in den letzten Wochen begleitet hatten, für Unverständnis. Die Journalistin Anett Selle streamte live, kommentierte die Ereignisse und verwies darauf, dass ihr bereits verstört wirkende Tiere begegnet seien. Man darf dabei nicht vergessen, dass es eigentlich um den Schutz eben jener Tiere gehen soll. Zwar gab es seit Mitte September viel Trubel im Hambacher Forst - der war allerdings allein aufgrund des überbordenden Polizeieinsatzes kaum zu vermeiden.

Via Social Media riefen die Hambi-Aktivisten die Besucher mehrfach dazu auf, auf den Waldwegen zu bleiben, nicht über frisch gesäte Felder zu gehen und ihren Müll einzusammeln. Per Megaphon versuchten sie, dafür zu sorgen, dass niemand sich ausgerechnet unter jenen Bäumen ausruht, in denen gebaut wird.

Wenn die Neubesetzung des Hambacher Forsts funktioniert, dürfte der Tag dennoch als Erfolg verbucht werden. Aber organisatorisch liegt einiges im Argen. Die Aktivisten und Waldbesetzer müssen aufpassen, dass sie die gewonnenen Sympathien nicht wieder verspielen. Auch indem sie sich in Zukunft auf die friedliche Besetzung des Waldes konzentrieren und von Angriffen auf RWE-Einrichtungen sowie Sachbeschädigungen absehen. Die "Aktion Unterholz" ließ heute auf Twitter verlauten, man wolle die Sache selbst in die Hand nehmen, sich nicht auf Gerichtsurteile verlassen - das wirkt arg ideologisch verbohrt, nachdem einen Tag zuvor ein rechtsstaatlicher Erfolg errungen wurden.