Die Sache mit dem gesunden Menschenverstand

Es ist so ein Ding mit dem gesunden Menschenverstand, wenn der bei Künstlicher Intelligenz zur Anwendung kommen soll.

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Klar, kann man sich vorstellen. An einem nicht zu fernen Dienstag steht ein verzweifelt dreinschauender Softwareingenieur vor seinem Computer und schluchzt:

"Mensch, komm, Alter, jetzt sei nicht so, wir sind doch alle nur Menschen."

Was war passiert, irgendwie hat ihm das System, mit dem er arbeitet, aus rein künstlich intelligenten Erwägungen heraus den Zugang gesperrt. Vielleicht weil der Kerl einfach nervte, oder weil es nach Berechnungen der Maschine für selbige oder für den Menschen oder für die Welt an sich besser sein würde, wenn dieser Developer nicht mehr ans Gerät gelassen werden würde. Das könnte dann zwar nachvollziehbar sein, aber irgendwie auch nicht schön. Für den Menschen vor dem Bildschirn.

Aber aus reinem gesunden Menschenverstand heraus könnte man so eine Entscheidung nachvollziehen. Und genau diese Art von "Lass es uns doch mal entspannt und von einem Meter Entfernung anschauen" will die DARPA derzeit bei Künstlicher Intelligenz eben genauer analysieren.

Genau genommen, und da kann man auch Opfer der halbgenauen Übersetzung vom Englischen ins Deutsche werden, geht es um die Implementierung von "Common Sense" in KI-Systeme, und da hat sich die DARPA mit dem Allen Institute for Artificial Intelligence in Seattle (Allen? Ja Paul Allen, der Kerl, der Microsoft mit gegründet hat) zusammengetan. Vielleicht sollte man das eher "allgemein anerkannte Weltsicht" nennen, das die militärische Forschungsagentur mit einem privaten Institut da auf die Reihe und in den Kasten kriegen will.

Und das ist vielleicht auch bitter dringend nötig, denn in der gleichen Stadt hat ein Anbieter von Cloud Speicherplatz, Büchern und allem anderen, das man sich online bestellen kann, erhebliche Probleme damit. Das KI-basierte Recruiting Tool von Amazon musste vomn Netz genommen werden, weil es für technische Jobs bevorzugt Männer statt Frauen vorgeschlagen hat.

Gut, bei über 575.000 Angestellten hat man es doch mit einem ordentlichen Einstellungsvolumen zu tun. Vor allem, wenn man wie bei diesem doch etwas gewachsenen Kaufhaus in Seattle den eigenen Staff mal eben über die Jahre verdreifacht hat. Und klar, dieser Überfokus auf männliche Kandidaten in technischen Jobs kommt ein wenig davon, dass das System eine allgemein anerkannte Weltsicht darüber implementiert hatte: Es gibt mehr Männer in der IT-Branche als Frauen. Bisher. Und wenn es solche Recruiting Tools gibt, dann ist das auch weiterhin kein Wunder.

Bei Amazon hat man auf jeden Fall die Konsequenz und damit den Stecker von diesem System gezogen. Das Gleiche könnte übrigens auch der Developer weiter oben machen. Wenn einen die Maschine nicht reinlässt, dann dreht man ihr eben den Saft ab. Das ist gesunder Menschenverstand. Und noch kommt der bei Computern zum Einsatz.

Mal sehen.