Wie die USA versuchen, die Wiedervereinigung Koreas zu verhindern

Bild: Weißes Haus

Frieden in Korea würde die Militärpräsenz der USA an der Hintertür Chinas obsolet werden lassen

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Wir erinnern uns: Die USA hatten als Antwort auf die Entwicklung von Nordkoreas Kernwaffen und Interkontinentalraketen - oder sollte man sagen als Vorwand? - sein Raketenabwehrsystem an die Grenze Russlands und Chinas in dieser Region installiert. Wobei die Abschusscontainer für das Abwehrsystem natürlich auch Angriffsraketen mit Kernwaffen verschießen können, und niemand weiß, was nun wirklich in den Silos lauert.

Schauen wir in die Vergangenheit. Auch wenn in den Medien meist Nordkorea für das Scheitern von Friedensverhandlungen verantwortlich gemacht wurden, ist das Gegenteil der Fall. Alle Verhandlungen zwischen Nordkorea und den USA waren stets darauf ausgerichtet, endlich die Bedrohung für das Regime durch die USA zu neutralisieren. In erster Linie durch einen Friedensvertrag. Danach wäre man zu allem bereit. Als Beispiel aus der Geschichte sei ein Artikel aus dem Jahr 2012 erwähnt. Schon damals hatte Nordkorea gesagt: Zuerst Entspannung und Friedensvertrag, dann geben wir das Nuklearprogramm auf. Im Prinzip war das die Politik Nordkoreas seit über 60 Jahren. Die USA dagegen verlangen zuerst die bedingungslose Kapitulation, und wenn doch einmal ein Vertrag mit Entspannungsmaßnahmen beginnt, wird er durch Definanzierung durch den Kongress beendet.

"Seit dem Ende des Koreakrieges vor 60 Jahren hat die Regierung der Arbeiterpartei der Demokratischen Volksrepublik Korea (DPRK oder Nordkorea) wiederholt im Grunde die gleichen vier Forderungen an die Vereinigten Staaten von Amerika gestellt. Diese beinhalten:

1. Einen Friedensvertrag, der den Koreakrieg beendet. 2. Die Wiedervereinigung Koreas, das seit 1945 "vorübergehend" in einen Nord- und einen Südteil aufgeteilt war. 3. Ein Ende der Okkupation Südkoreas durch die Vereinigten Staaten von Amerika und eine Einstellung der jährlichen monatelangen Kriegsmanöver durch die Vereinigten Staaten von Amerika und Südkorea. 4. Bilaterale Verhandlungen zwischen Washington und Pyongyang, um die Spannungen auf der koreanischen Halbinsel zu beenden." Jack A. Smith am 5. April 2013

Sollte es diesmal anders sein? Anscheinend nicht. Denn wieder wird die Behauptung verbreitet, Nordkorea würde gegen Vereinbarungen, hier die Selbstentwaffnung von Kernwaffen, verstoßen.

Die Vereinbarung von Singapur

Die USA erklären, dass Nordkorea sich nicht an die Vereinbarungen mit den USA halten würde. Was genau so falsch ist wie die Behauptungen, der Iran würde sich nicht an den JCPOA halten. Diesmal konzidiert dies sogar die New York Times:

In Wahrheit war es der dritte Punkt in der vier Punkte umfassenden Vereinbarung von Singapur, und für die Nordkoreaner bedeutet die Reihenfolge der Punkte alles. Das Land wird nur der Kernwaffenfreiheit zustimmen, nachdem Washington den ersten und zweiten Punkt erfüllt hat: Mr. Trumps Versprechen, "neue" Beziehungen und eine "Friedensordnung" in Korea aufzubauen - und Nordkorea damit das Gefühl der Sicherheit zu geben, um sich zu entwaffnen.

NYT

Allerdings lastet der Artikel dann Trump den Fehler an, sich auf einen solchen Deal eingelassen zu haben, denn nun würde Nordkorea die Vereinbarung als "Knüppel" gegen die USA einsetzen, um Konzessionen zu erreichen. Also schauen wir uns noch einmal an, was genau in Singapur vereinbart worden war.

Die Trump-Regierung hatte von Anfang an behauptet, dass das Ziel die "vollständige, nachprüfbare und unwiderrufliche Entwaffnung" Nordkoreas von Kernwaffen ist. Nachdem durch internationale Sanktionen das Maximum an Druck auf das Land ausgeübt worden war, hoffte man bei den dann stattfindenden Gesprächen auf die totale Unterwerfung des Landes. Und wie ein Artikel der Washington Post zu erkennen gab, glaubten viele daran, dass Nordkorea reif geschossen war, seine Kernwaffen aufzugeben. Was der aufmerksame Leser aber schon früh als Selbsttäuschung entlarven konnte.

Inmitten fortschreitender Prüfung von Nordkoreas Selbstverpflichtung, seine Waffen aufzugeben, kam Pompeo nach Pjöngjang für den Versuch, die Details für einen Denuklearisierungs-Plan festzuzurren. Während der Minister den Reportern erklärte, dass Fortschritte "in fast allen zentralen Problemen" gemacht wurden inmitten von "Verhandlungen in Treu und Glauben", sagte Nordkorea, dass die US-Haltung, die Entwaffnung zu verlangen, "bedauernswert" wäre.

Washington Post

Die Bereitschaft Nordkoreas, seine Kernwaffen aufzugeben, wurde in den US-Medien als gegeben verbreitet, obwohl jeder aufmerksame Beobachter wusste, dass das eben nur für den Fall galt, dass die USA dem Land die von diesem gewünschte Sicherheit garantierten. Die Erklärungen Nordkoreas waren immer klar und deutlich darauf ausgerichtet, dass Denuklearisierung Koreas als Ziel angesehen wurde, das erreicht werden könnte, nachdem es zu einer Normalisierung der wirtschaftlichen und militärischen Beziehungen gekommen war, und nach dem Abschluss eines Friedensvertrages, den die USA hartnäckig verweigern, gekommen war.

Innerkoreanische Vereinbarungen

Offensichtlich war dies der südkoreanischer Führung sehr wohl bewusst, welche die historische Chance aber nicht ungenutzt verstreichen lassen wollte. Im April 2018 trafen sich der südkoreanische Präsident Moon Jae-in und der nordkoreanische Vorsitzende Kim Jong-un in Panmunjom. Sie unterzeichneten bei dem Treffen eine Deklaration für Frieden, Wohlstand un Einheit der koreanischen Halbinsel.

Die gemeinsam beschlossene Erklärung hatte drei in Folge nummerierte Hauptpunkte, jeweils mit einer Liste von Unterpunkten. Während der erste Hauptpunkt die inner-koreanischen Beziehungen, einschließlich der Wirtschaftsbeziehungen, betraf, ging es beim zweiten Punkt um die Reduzierung der militärischen Spannungen, und der dritte Hauptpunkt betrifft den Abschluss eines Friedensvertrages. Der zweite Hauptpunkt sieht einen schrittweisen Prozess der Abrüstung vor:

Süd- und Nordkorea vereinbaren die stufenweise Abrüstung wobei die militärischen Spannungen abgeschwächt werden und substantielle Fortschritte auf dem Weg der militärischen Vertrauensbildung gemacht werden

Der dritte Hauptpunkt handelt von einem, seit Jahrzehnten von Nordkorea angestrebten Friedensvertrag mit den USA, der auch China einbezieht. Aber erst im vierten Unterkapitel des dritten Hauptpunktes, und damit auch fast am Ende der Erklärung, wird die Denuklearisierung innerhalb eines größeren Kontextes erwähnt:

Süd- und Nordkorea bestätigten, das gemeinsame Ziel realisieren zu wollen, durch eine komplette Denuklearisierung eine atomwaffenfreie koreanische Halbinsel zu erreichen. Süd- und Nordkorea teilen die Ansicht, dass die Maßnahmen, die von Nordkorea begonnen wurden, bedeutend und entscheidend für die Denuklearisierung der koreanischen Halbinsel sind, und vereinbarten, ihre entsprechenden Rollen und Verantwortlichkeiten in dieser Hinsicht wahrzunehmen. Süd- und Nordkorea vereinbarten aktiv die Unterstützung und die Zusammenarbeit der Internationalen Gemeinschaft für die Denuklearisierung der koreanischen Halbinsel zu suchen.

Eigentlich ist es lediglich das Aufschreiben von Forderungen, die schon immer von der nordkoreanischen Seite erhoben worden waren: Die Schaffung einer atomwaffenfreien Halbinsel wird schrittweise angestrebt, und das Papier beschreibt die Voraussetzungen und die einzelnen Schritte zu dem Ziel. Ein Ziel, das übrigens auch den Abzug aller möglichen Kernwaffen aus Südkorea und dem entsprechenden Gebiet auf dem Wasser bedeutet. Am Ende gäbe es keine Kernwaffen der USA auf Schiffen im südkoreanischen Gebiet, in seinen Häfen oder auf Militärbasen der USA in Korea.