Österreichischer Nationalrat debattiert über Schließung des König-Abdullah-Zentrums

Eröffnungszeremonie des Wiener KAICIID mit Prinz Saud al-Faisal. Foto: Österreichisches Außenministerium. Lizenz: CC BY 2.0

Auch in Deutschland werden mit Saudi-Geld umstrittene Einrichtungen finanziert

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Gestern debattierte der österreichische Nationalrat auf Antrag der Liste Pilz (LP) darüber, ob die Alpenrepublik als Konsequenz aus der Affäre Khashoggi (vgl. Saudi-Arabien: Absolute Herrscher richten sich nicht nach dem Westen) dem Wiener "König-Abdullah-Zentrum für interreligiösen und interkulturellen Dialog" (KAICIID) das Gründungs- und das Sitzübereinkommen kündigen soll. Außenministerin Karin Kneissl weigerte sich zwar, das zu tun, drohte aber gleichzeitig, das dies für die Einrichtung und die hinter ihr stehenden Saudis die "allerletzte" Chance sei, sich zu "reformieren".

Das erst vor sechs Jahren eröffnete Zentrum ist sowohl von von Steuern als auch Zöllen befreit, muss für seine Angestellten keine Sozialversicherungsbeiträge entrichten und unterliegt der österreichischen Gerichtsbarkeit nur in Ausnahmefällen. Hausdurchsuchungen darf die österreichische Polizei dort nur nach einer vorherigen expliziten Einwilligung der Betreiber durchführen. Bereits 2016 warnte die Initiative Liberaler Muslime Österreich (ILMÖ), dass das KAICIID ihren Informationen nach ein "Einfallstor für radikale Islamisten" sei, die Österreich unterwandern wollten.

Faymann wollte bereits 2015 aussteigen, Kurz nicht

Zwei Jahre vorher hatte die damalige stellvertretende KAICIID Generalsekretärin Claudia Bandion-Ortner mit der Beschwichtigung, die in Saudi-Arabien gängigen öffentlichen Enthauptungen fänden ja "nicht jeden Freitag" statt, viel Aufmerksamkeit erregt. Der damalige SPÖ-Bundeskanzler Werner Faymann wollte darauf hin aus dem Zentrum aussteigen, sein damaliger ÖVP-Außenminister Sebastian Kurz beließ es jedoch bei einer Entlassung Bandion-Ortners.

In Deutschland gibt es ebenfalls umstrittene religiöse Einrichtungen, die mit saudischem Geld finanziert werden. Die bekannteste davon, die Bonner König-Fahd-Akademie, wurde allerdings schon im letzten Jahr zugemacht (vgl. Saudis schließen Bonner Wahabitenschule). Der damalige Kölner Regierungspräsident Jürgen Roters hatte bereits 2003 versucht, die Schule zu schließen, nachdem herauskam, dass Prediger in der angeschlossenen Moschee zum Dschihad gegen die "Ungläubigen" aufriefen.

"Anziehungspunkt für Extremisten"

Nachdem die Saudis beim damals vom Grünen Joseph Fischer geführten Außenministerium in Berlin intervenierten, musste Roters das Vorhaben jedoch aufgeben, obwohl der nordrhein-westfälische Verfassungsschutz mit nachrichtendienstlichen Mitteln zur Erkenntnis kam, dass das Umfeld der Schule "Anziehungspunkt für Extremisten war". Wahrscheinlich ist das einer der Gründe dafür, dass das früher beschauliche Rheinstädtchen heute als eines der Zentren des deutschen Salafismus gilt.

Nachdem er an Fischer und den Saudis gescheitert war, versuchte Roters die von der Schule ausgehende Gefahr durch Einflussnahme auf den Unterricht zu mildern. Als er zu diesem Zweck die verwendeten Lehrbücher übersetzen ließ, stellte sich heraus, dass der Dschihad dort nicht nur von der Kanzel, sondern auch in Lesebüchern gepredigt wurde, in denen man die angebliche "Hinterhältigkeit der Juden" hervorhob und die "Mudschaheddin" pries "denen es vergönnt ist, auf dem Weg Gottes zu sterben". Außerdem stellte man fest, dass die Schule, die sich nicht an deutsche Lehrpläne hielt und eigentlich nur Schüler aufnehmen sollte, deren Eltern bald wieder in ihre Heimat zurückkehren, zu etwa zwei Drittel von Kindern besucht wurde, deren Eltern die deutsche Staatsangehörigkeit hatten.

Gemeinsame Projektgruppe "Salafistische Missionstätigkeit aus den arabischen Golfstaaten"

Viele Einrichtungen werden nicht vom saudischen Staat direkt, sondern über scheinbar unabhängige Organisationen wie die in Riad ansässige al-Rabitah al-Islamiyyah finanziert. Solche Organisationen nutzen auch zwei andere Golfstaaten: Katar und Kuwait. Der deutsche Bundesnachrichtendienst (BND) und das deutsche Bundesamt für Verfassungsschutz haben deshalb im letzten Jahr die gemeinsame Projektgruppe "Salafistische Missionstätigkeit aus den arabischen Golfstaaten" eingerichtet, die helfen soll, zu klären, warum sich die Zahl der Salafisten in Deutschland, die 2012 noch bei 4.500 lag, inzwischen auf über 10 000 verdoppelt hat (vgl. Neuer Verfassungsschutzbericht: Zahl der Salafisten in Deutschland überschreitet 10.000).

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