Grünen-Vorsitzender fällt auf BILD herein

Robert Habeck. Bild: stephan-roehl.de/Heinrich-Böll-Stiftung/CC BY-SA-2.0

Robert Habeck hat wegen offener Grenzen angeblich Angela Merkel einen Tag vor der Hessen-Wahl angegriffen

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Am Tag vor der Hessenwahl erscheint die Frankfurter Ausgabe der Bildzeitung mit der Schlagzeile "Wegen offener Grenzen - Grünen-Chef greift Merkel an". Die Headline ziert ein ernst blickender Robert Habeck. Die Untertitel, passenderweise nicht in Grün, sondern in Gelb auf Schwarz, lauten: "Prinzip Kopf in den Sand +++ Warnungen ignoriert +++ Harte Kritik vor Hessen-Wahl".

Weiter im Inneren des Blatts: "Jetzt gehen sogar Grüne auf Merkels Flüchtlingspolitik los." Die Zeitung verspricht ihren Lesern: "Heute bis zu 13 000 Euro gewinnen". Und morgen kann die AfD, die sich durch den überraschenden Beistand bestätigt fühlen darf, nochmal 13.000 Wähler dazugewinnen.

In den sozialen Netzwerken versucht Habeck eine hastige Richtigstellung. Beim Anblick des Blatts habe er sich wie im falschen Film gefühlt. Wörtlich habe er gesagt: "Der Punkt ist, dass die Bundesregierung viel zu lange nach dem Prinzip 'Kopf in den Sand' agiert hat. Der Syrienkrieg eskalierte schon vor 2015 und die Lage in den Flüchtlingslagern wurde immer dramatischer. Aber die Bundesregierung hat Warnungen ignoriert und das Land nicht vorbereitet ... Zudem hätte sie für europäische Alternativen zum Dublin-Verfahren sorgen müssen, weil das System offenkundig weder fair war noch funktionierte. Dieses Auf-Sicht-Fahren ist das Problem." Diese Aussagen, meint Habeck, gäben nicht her, was die Bildzeitung daraus macht.

Aber auch Habeck gibt nicht her, was die Medien aus ihm gemacht haben. Die allzu freundlichen Töne hätten ihn misstrauisch machen sollen, aber er ist darauf hereingefallen. Kennt er das Geschäft der Boulevardpresse nicht? Ist ihm die eifernde Kampagne der Bildzeitung gegen das angebliche Katastrophenjahr 2015 entgangen? Nein, er biedert sich an, gibt seinen Senf dazu und erspart sich jede Konfrontation mit der nationalistischen Rechten, die, wie das Beispiel der Springer-Medien zeigt, weit über das Lager der AfD hinausreicht.

Habeck hat einen Anlauf genommen, um ausgerechnet mit Hilfe der Bildzeitung 20% in Hessen zu überspringen. Er landet als Kronzeuge der allgemeinen Jagd auf Merkel und der fiebrigen Erwartung einer Schicksalswahl für die Große Koalition. Das ist beinah noch peinlicher als die Verbeugungen der Chefs von ARD und ZDF vor einem Dresdner AfD-Publikum. In letzter Zeit war, gerade auch bei den Grünen, viel von Haltung die Rede, die man als Demokrat zeigen müsse. Leider scheint es keinen Konsens zu geben, was darunter konkret zu verstehen ist.

Nun eilt die Nachricht unaufhaltsam durch die Medien. Den angerichteten Schaden kann Habeck natürlich nicht mit ein paar Twitter-Sätzen reparieren. Wenn er aus dem falschen Film zurück ist, wird ihm vielleicht einfallen, dass er einen Fehler eingestehen muss, einen faustdicken.