Syrien: Anzeichen einer Verständigung zwischen Golfstaaten und al-Assad

Bild: Kremlin.ru / CC BY 4.0

Die Vereinigten Arabischen Emirate wollen die Botschaft in Damaskus wiedereröffnen. Auch Saudi-Arabien wechselt angeblich auf die Unterstützerseite, "um Syrien zu stabilisieren"

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Auf dem diplomatischen Feld bahnt sich eine Entwicklung an, welche die Gegner der syrischen Regierung schon länger befürchteten, eine "Normalisierung", die de facto eine internationale Anerkennung von Baschar al-Assad als Präsident bedeutet.

Erste Anzeichen dafür sind Vereinbarungen zu Wiedereröffnung des syrisch-jordanischen Grenzübergangs bei Nasib wie auch des syrisch-israelischen Grenzübergangs bei Quneitra. Auch die Öffnung der Grenze im Südosten bei al-Bukamal zum Irak wird laut Informationen von al-Monitor vorbereitet.

Dann gab es noch die Umarmung zwischen dem syrischen Außenminister Walid al-Muallem und seinem Amtskollegen aus dem Golfstaat Bahrain, Khalid bin Ahmed al-Khalifa, beim Treffen zur UN-Generalversammlung in New York Anfang Oktober, die einiges Aufsehen in den Medien verursachte.

"Wenn du ihn nicht besiegen kannst, dann schließ dich ihm an"

Dem folgte eine Erklärung Baschar al-Assads gegenüber der kuwaitischen Zeitung Al-Shahed, die aufhorchen ließ. Assad sprach davon, dass Syrien mit arabischen Staaten nach all den Feindseligkeiten zu einem "relevanten Verständnis" gelangt sei. Die Namen der arabischen Staaten nannte er nicht.

Die US-Publikation The National Interest nahm den Faden auf und schrieb von einer sich anbahnenden Normalisierung des Verhältnisses zwischen Syrien und arabischen Staaten, die zuvor die militanten Regierungsgegner mit Waffen, Geld und politischer Unterstützung versorgt haben. Fortan gebe es wohl ein neues Motto: "If you can’t beat him, join him." (Frei übersetzt: "Wenn du ihn nicht aus dem Weg schaffen kannst, dann schließ dich ihm an.")

Die Normalisierung scheint sich auf ungewöhnliche Weise fortzusetzen. Dafür sprechen die Namen der arabischen Staaten, die nun genannt im Zusammenhang mit der neuen Diplomatie gegenüber der syrischen Regierung genannt werden. Zum Beispiel die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE).

Signale einer spektakulären Wende

Nach Informationen der al-Masdar-News, die der Regierung in Damaskus nahesteht, planen die VAE eine Wiedereröffnung ihrer Botschaft in Damaskus. Es ist eine kleine Meldung, die sich auf Informationen anderer nicht genannter Medienberichte stützt und davon berichtet, dass Abu Dhabi angewiesen habe, die Botschaft soweit in Stand zu setzen, dass sie in den nächsten beiden Wochen eröffnet werden kann. Man wird sehen.

Dem hinzugefügt wird, dass auch andere Golfstaaten diesen Schritt erwägen. Der prominenteste und wichtigste Golfstaat ist Saudi-Arabien. Würde sich das Land dieser diplomatischen Annäherung anschließen, käme das einer Sensation gleich, da sich damit die Verhältnisse in Syrien sehr verändern würden. Kann man sich Iran und Saudi-Arabien auf einer Seite vorstellen? Eigentlich nicht.

Die Wahrscheinlichkeit, dass es ein Gerücht ist, scheint hoch. Dagegen spricht aber die Quelle. Immerhin lehnt sich der syrisch-US-amerikanische Beobachter Ehsani2 weit aus dem Fenster, wenn er einen regionalen Kurswechsel ankündigt, in deren Zentrum eine "neue Allianz" steht, als deren Mitglieder er "Syrien, die Vereinigten Arabischen Emirate und Saudi-Arabien" nennt. Ziel der Allianz sei es, die Ideologie und die Expansion der Muslimbrüder zu bekämpfen. Damit würden sich Katar und besonders die Türkei einer neuen Front gegenübersehen.

Die Quelle

Ehsani2 schreibt seit vielen Jahren über Syrien. Schon vor dem Ausbruch der kriegerischen Auseinandersetzungen in Syrien im Jahr 2011, hat er seine Lageeinschätzungen im Blog Syria Comment von Joshua Landis veröffentlicht. Oft mit Blick auf die wirtschaftliche Situation und den Stand der Reformen; er sparte nicht mit Kritik: "Die Wirtschaft ist in einem weit schlechteren Zustand, als man gegenwärtig glaubt", schrieb er nach einem Besuch in Syrien, im August 2006.

Diese kurze Anmerkung zu Ehsani soll darauf hinweisen, dass es sich um jemanden handelt, der schon lange - und gut unterrichtet - über Syrien schreibt und dies nicht als Polemiker oder Gerüchtekoch in einem unseriösen Medium, der über gute Verbindungen zu Damaskus verfügt und kein unkritischer "Jubelsyrer" ist.

Aus dem, was er in den letzten Jahren über Syrien geschrieben hat, ist herauszulesen, dass er zur gehobenen Schicht gehört. Unverkennbar ist, dass seine Sympathie nicht den islamistisch geprägten Milizen gehört, von deren Herrschaft er Chaos und ein großes Blutvergießen, etwa durch Racheakte an Alawiten, erwartete.

Seine Position wurde von Oppositionellen und Gegnern in den Expertenrunden im Netz mit "Assadist" umschrieben. Auch das soll erwähnt werden. Tatsächlich gehört er zu den informativsten Quellen zu Syrien, die im Netz in englischer Sprache verfügbar sind. Wer lesen kann, kann auch von Positionen abstrahieren.

Ein gemeinsames Interesse, Syrien zu stabilisieren

Entsprechend kann man die Ausführungen von Ehsani2 zur Annäherung der Golfstaaten nicht als fabrizierten Unsinn abtun. Als Quelle gibt er einen ranghohen Offiziellen in Damaskus an. Demzufolge gebe es ein "gemeinsames Interesse" daran, Syrien zu stabilisieren. Das kann man nachvollziehen.

Schwieriger wird es schon mit der Erläuterung, wonach man in der "Gulf capital" (in der "Hauptstadt des Golfstaates", wahrscheinlich ist Abu Dhabi gemeint, das bleibt aber unklar) Überlegungen anstellt, dass ein stärkeres und stabileres Syrien die beste Möglichkeit wäre, um die Expansion Irans zu verlangsamen oder sogar zurückzudrängen - nach dem Motto: "Wenn Syrien nicht nur von Iran und Russland unterstützt wird, sondern auch von uns wird unser Einfluss größer".

Anzunehmen ist aber, dass dies bei der iranischen Führung, von der man sagt, dass sie eine größere Nähe zur Person Baschar al-Assad hat als Russland, auf Abwehr oder Misstrauen stößt. Es gibt Zweifel, ob eine derartige Rechnung aufgeht. (Zumal Saudi-Arabien sich auch nicht gerade großer Beliebtheit in der syrischen Bevölkerung erfreuen kann.)

Bemerkenswert ist, dass die Mitteilung der Annäherung von Golfstaaten durch Ehsanis2 von anderen Experten und Beobachtern, die nicht zu den Sympathisanten der Regierung in Damaskus gezählt werden, als glaubhaft behandelt wird. In einigen Tagen wird man mehr wissen.

Sollte sich die Normalisierung des Verhältnisses zwischen arabischen Staaten und Syrien fortsetzen, was Damaskus aus einer wirtschaftlich bitterharten Situation heraus nötig hat, so wird es nicht nur interessant, wie die Türkei darauf reagieren wird, sondern auch, welche Haltungen sich in Ländern wie Frankreich und Deutschland entwickeln werden. Und wie das "vierdimensionale Schachspiel dann aus Sicht Russlands und der USA aussieht?