Umsatzsteuerausfälle bei China-Importen?

Karte: Kostmo. Lizenz: Public Domain.

Gesetzgeber will gegensteuern

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Das "Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften" wurde am 8. November 2018 vom Bundestag beschlossen. Der Bundesrat hat am 23. November 2018 zugestimmt. Das Gesetz tritt nun zum 1. Januar 2019 in Kraft. Ziel des Gesetzes ist, so das Bundesministerium der Finanzen, das Umsatzsteueraufkommen beim Handel von Waren über elektronische Marktplätze sicherzustellen und steuerehrliche Unternehmer vor Wettbewerbsverzerrungen zu schützen.

Künftig sollen daher Betreiber eines elektronischen Marktplatzes wie Amazon oder Ebay für nicht entrichtete Umsatzsteuer, die sich aus dem Handel auf ihren Plattformen ergeben, haften. Hiervon sollen sie sich befreien können, wenn sie gewisse Aufzeichnungspflichten erfüllen oder steuerunehrliche Händler von ihrem jeweiligen Online-Marktplatz ausschließen. Da vor allem in Drittländern ansässige Unternehmen häufig keine Steuer auf Umsätze abführten, die sie aus Verkäufen in Deutschland erzielen, will man diese Steuern jetzt von den Handelsplattformen einkassieren. Damit will man die Plattformen letztlich dazu zwingen, nur noch solchen Händlern eine Plattform zu bieten, welche die entsprechenden Steuern in Deutschland abführen.

Ein Sprecher des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) erklärte auf Anfrage von Telepolis zu den jetzt beschlossenen Änderungen:

Danach kann, soweit es sich bei einer "Plattform" um einen elektronischen Marktplatz im Sinne von § 25e Abs. 5 Umsatzsteuergesetz(UStG) handelt, der Betreiber des elektronischen Marktplatzes unter bestimmten Voraussetzungen für die nicht entrichtete Steuer aus der Lieferung eines Unternehmers in Haftung genommen werden, wenn die Lieferung auf dem von ihm bereitgestellten Marktplatz rechtlich begründet worden ist. Dabei wird nicht nach der Ansässigkeit des Betreibers unterschieden. Das bedeutet, dass sowohl Betreiber mit Sitz im Inland als auch mit Sitz in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union und im Drittland vom Anwendungsbereich des Gesetzes erfasst sind.

(Bundesfinanzministerium)

Was die praktische Umsetzung angeht, fährt die Antwort aus dem BMF wie folgt fort:

Sofern es unter den in § 25e UStG genannten Voraussetzungen zur Haftungsinanspruchnahme von Betreibern elektronischer Marktplätze kommt, werden die Länder, welche gemäß Artikel 108 Grundgesetz für die Kontrolle und Erhebung der Umsatzsteuer zuständig sind, unabhängig von der Ansässigkeit des Betreibers die geltenden rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen, um das Umsatzsteueraufkommen sicherzustellen.

Die Möglichkeit der Beitreibung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis gegenüber Steuerpflichtigen/Haftungsschuldnern mit Sitz in Drittstaaten richtet sich nach den allgemeinen völkerrechtlichen Bestimmungen und den bilateralen Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem jeweiligen Drittstaat. Darüber hinaus stehen den Ländern auch Vollstreckungsmaßnahmen zur Verfügung, welche nicht zwingend die Amtshilfe des jeweiligen Ansässigkeitsstaates erfordern.

Zur Überwachung der Einfuhr von Waren aus Drittländern ist dem Zoll das Verbringen in das Zollgebiet der Union mitzuteilen und eine Anmeldung - u.a. für Zwecke der Einfuhrumsatzsteuer - abzugeben. Sämtliche Warensendungen werden risikoorientiert kontrolliert, d. h. besonders betrugsanfällige Bereiche werden speziell ins Visier genommen. Die Kontrollraster werden dabei kontinuierlich weiterentwickelt.

Generell spielen spezifische Risikoprofile und Schwerpunktkontrollen sowie der Austausch von Erkenntnissen und Handlungsmöglichkeiten zwischen Zoll- und Steuerverwaltung auch im Bereich des Onlinehandels eine wichtige Rolle. Mit der Modernisierung des europäischen Zollrechts (Zollkodex der Union) werden künftig alle Einfuhrsendungen elektronisch erfasst.

(Bundesfinanzministerium)

Solange es jedoch keine EU-weite Erfassung der Einfuhren in den Binnenmarkt gibt, besteht für Online-Händler aus Drittstaaten immer noch die Möglichkeit die Lieferungen über ein EU-Mitgliedsland einzuführen, in welchem keine Endkunden bedient werden und das daher auch gerne auf den mit der Einfuhr verbundenen Verwaltungsaufwand verzichtet, wenn es sicher sein kann, dass es bei der Ausfuhr die erhobene Einfuhrumsatzsteuer rückerstatten muss. Bei den eventuell zu erhebenden Zöllen ist das Interesse bei so manchem Einfuhrland durchaus überschaubar, muss doch der Löwenanteil der Zolleinnahmen nach Brüssel weitergereicht werden.

Wie die geforderte Umsatzsteuer erhoben wird, wenn die Handelsplattform ihren Sitz in einem Drittland hat, das nicht den für die EU und den EWR geltenden Gesetzen unterworfen ist, scheint derzeit noch nicht abschließend geklärt. Dass man zum Eintreiben der Steuerschuld jetzt den Zusteller heranzieht, der den Betrag bei der Zustellung direkt vom Besteller einzieht, scheint nicht vorgesehen zu sein. Die Deutsche Post AG teilt auf Anfrage von Telepolis mit, dass sie von der Regelung in § 25e UStG und insbesondere von der Regelung zum "liefernden Unternehmen" nicht betroffen sei.

Was bei dem Gesetz nicht bedacht wurde

Wenn man ein Gesetz beschließt, das die ehrlichen Kaufleute gegenüber den Händlern schützen soll, die sich nicht an die einschlägigen Vorschriften halten, dann hätte man durchaus weiter denken können als nur bis Amazon und Ebay. So muss, wer in Deutschland elektrische Produkte auf den Markt bringt, eine Registrierung bei der Stiftung ear vornehmen. Ab 1. Januar 2019 besteht die Registrierungspflicht auch für die Verpackung und im Laufe des Jahres 2020 wird es auch für Batterien eine Registrierungspflicht bei der zuständigen Zentralen Stelle geben.

Daneben gibt es auch eine Abgabenpflicht für Speicherprodukte, deren Umsetzung darunter leidet, dass bei der ZPÜ-Abgabe nicht der Lauf der Ware entscheidend ist, sondern der Lauf der Rechnung. Wird die Rechnung aus einem anderen Land, wie beispielsweise Luxemburg gestellt, so fällt bislang keine Abgabe auf Speicherprodukte in Deutschland an.

Könnten sich die EU-Mitgliedsstaaten einen Ruck geben und für alle auf den Markt gebrachten Produkte eine Registrierung zu fordern, wie sie beispielsweise für elektrische Produkte in Australien und Neuseeland erforderlich ist, ließen sich die Warenströme deutlich besser verfolgen, als dies bislang der Fall ist.

Alle Anläufe in diese Richtung scheiterten bislang meist am zu geringen Budget, der Herausforderung, alle EU-Landesprachen zu bedienen, und der Frage, wer die Datenbank betreibt, wenn das Projekt zur Erstellung der Datenbank abgelaufen ist. Solange die innerhalb der EU gehandelten Warenströme nicht wirklich verfolgbar sind, wird es auch mit der Abgabenehrlichkeit weiter hapern.