Höherer Rundfunkbeitrag - oder weniger Schmonzetten, Soaps, Schlager und Sport?

Darsteller und andere Verantwortliche der gebührenfinanzierten Weekly Soap "Lindenstraße". Foto: © Raimond Spekking / CC BY-SA 4.0 (via Wikimedia Commons)

Der neue bayerische Medienminister Florian Herrmann und ARD-Intendant Ulrich Wilhelm zeigen sich öffentlich unterschiedlicher Auffassung

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Der niederbayerische Rechtsanwalt Florian Herrmann ist seit dem 12. November 2018 nicht nur Leiter der bayerischen Staatskanzlei und Staatsminister für Bundesangelegenheiten, sondern auch für Europa- und Medienangelegenheiten zuständig. Zu denen zählt auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk, der seinen Beitrag gerne automatisch erhöht sehen würde (vgl. Länder geben Ziel einer Beschränkung der öffentlich-rechtlichen Programme klammheimlich auf).

Diesem Wunsch hat Herrmann nun mit dem Satz "Beitragserhöhungen sind Gift für die Akzeptanz beim Bürger" eine Absage erteilt. Stattdessen riet er ARD und ZDF beim Medienkongress der Vereinigung der bayerischen Wirtschaft in München zum Sparen. "Nicht alles, was der Rundfunk funktionsentsprechend produziert", ist dem Staatskanzleileiter nach "auch funktionsnotwendig".

Wilhelm: Unterhaltungsprogramme gehören zum "Bildungsauftrag"

Damit stieß er umgehend auf den Widerspruch des aktuellen ARD-Vorsitzenden und ehemaligen Merkel-Regierungssprechers Ulrich Wilhelm, der die Wirkung einer Gebührenerhöhung zwar nicht bestritt, aber meinte, es sei "genauso Gift für die Akzeptanz […], wenn Programmleistungen in großem Tempo und erheblichem Umfang abgebaut werden müssen, wenn Lieblingssendungen verschwinden, wenn sehr wichtige Angebote [...] sich auf einmal verabschieden müssten, weil Geld fehlt".

Damit spielte er auf die am 16. November bekannt gewordene Entscheidung der ARD an, die Weekly Soap "Lindenstraße" 2020 auslaufen zu lassen. An der ebenfalls sehr teuren Daily Soap "Dahoam ist Dahoam" will Wilhelms Stammsender, der Bayerische Rundfunk, dagegen festhalten, obwohl sie noch weniger Zuschauer anlockt. Seiner Meinung nach gehören solche Unterhaltungsprogramme nämlich zum "Bildungsauftrag". Außerdem, so der ARD-Vorsitzende, sei es "absurd", die Bereiche der Unterhaltung und des Sports von denen der Information und der Kultur zu trennen, weil sich vieles davon überlappe.

Den Informationen des Tagesspiegel nach ist Herrmann nicht der einzige Ländervertreter, der sich gegen eine Erhöhung des Rundfunkbeitrags sträubt, die bei der Ministerpräsidentenkonferenz nächste Woche auf der Tagesordnung steht. "Insbesondere unter den Ministerpräsidenten der ostdeutschen Länder" gibt es der Zeitung nach "starke Vorbehalte gegen eine Anhebung".

Japan zeigt, wie es anders geht

Dort hat man auch öffentlich-rechtlichen Rundfunksysteme anderer Länder im Auge, die mit deutlich weniger Geld auskommen. In Japan beispielsweise werden die Rundfunkgebühren nicht erhöht, sondern bereits das zweite Mal hintereinander gesenkt, wie der Korrespondent der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) erfreut vermeldet: Nach der siebenprozentigen Kürzung von 2012 steht nun eine insgesamt 4,6-prozentige bis zum Oktober 2020 an. Denn - man höre und staune - anders als in Deutschland (wo ARD und ZDF einen umgekehrten Effekt geltend machen) senkt in Japan die Digitalisierung die Kosten.

Dabei ist der japanische Rundfunkbeitrag schon jetzt mit umgerechnet 9,30 Euro nur gut halb so hoch wie der deutsche, wenn man die Sender terrestrisch empfängt. Das japanische System hat nämlich den Vorzug, dass die Zahler Einfluss darauf nehmen können, was ihnen das Angebot tatsächlich wert ist. Sind sie damit so zufrieden, dass sie es via Satellit empfangen möchten, zahlen sie mit umgerechnet 16,40 Euro fast so viel wie in Deutschland. Und können sie mit Fernsehen nichts anfangen und verzichten auf ein Gerät, müssen sie - wie früher in Deutschland - gar keine Rundfunkgebühr zahlen.

Eine Ausdehnung dieser Fernsehgebühr auf Computer und Mobiltelefone wurde vom öffentlich-rechtlichen Sender Nippon Hoso Kyokai (NHK) zwar angedacht, aber verworfen. Stattdessen wird sich NHK nun an einer gemeinsamen Online-Mediathek der öffentlichen-rechtlichen und der privaten Sender in Japan beteiligen, bei der der Abruf bereits ausgestrahlter Sendungen eine Video-on-Demand-Gebühr kostet, die vom Rundfunkbeitrag getrennt eingezogen wird.

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