Wahnsinn mit Methode

Elon Musk füllte 2018 die Schlagzeilen. Er rauchte während eines Interviews einen Joint, lieferte sich einen Krieg mit der US-Börsenaufsichtund scheiterte fast mit der Produktion des Model 3. Aber Abgesänge waren zu früh.

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Wahnsinn mit Methode

(Bild: Foto: Wenn.com)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Sascha Mattke

Spinner oder Visionär, Angeber oder Genie, Fanatiker oder Fleißarbeiter? Die Frage ist müßig, denn Elon Musk ist von allem ein bisschen. Und 2018 war das Jahr, in dem er die ganze Bandbreite seines schillernden Charakters so deutlich zeigte wie nie zuvor – und fast daran zerbrach.

Es begann im Februar mit einem technisch-ästhetischen Highlight: Musks Unternehmen SpaceX startete die neue Rakete Falcon Heavy, die stärkste, die es derzeit gibt. Nachdem die zwei Booster-Raketen sie ins All bugsiert hatten, landeten beide exakt gleichzeitig wieder, um später wiederverwendet zu werden. Weiter unten arbeitete Musk unterdessen an seiner Vision von der Untertunnelung von Städten als Mittel gegen Staus. Anfang November stellte er das erste fertige Teilstück in Los Angeles vor.

Gleichzeitig aber sah es so aus, als könnte der wichtigste Teil seines Lebenswerk den Bach heruntergehen: der Elektroauto-Hersteller Tesla. Der Produktionsanlauf für dessen Model 3 erwies sich als weitaus schwieriger als versprochen, sodass sich die Liquiditätsreserven dem Ende zuneigten. Musk arbeitete Sieben-Tage-Wochen mit 16 Stunden am Tag. Manchmal habe er die Fabrik drei oder vier Tage am Stück nicht verlassen und auf einer Couch geschlafen – damit es ihm schlechter geht als den normalen Mitarbeitern, die ebenfalls alles geben, wie er schrieb.

Als er schließlich sogar ankündigte, Tesla von der Börse zu nehmen, hielten ihn die Wohlwollenden für überarbeitet, alle anderen für verrückt. Seine Behauptung, die Milliarden-Finanzierung dafür sei schon „gesichert“, bezweifelten die meisten Beobachter. Tatsächlich musste er später einräumen, dass wenig dahinterstand. Die Folge war ein Verfahren der Börsenaufsicht SEC, die zunächst anstrebte, Musk jede Tätigkeit als Vorstand eines Unternehmens zu untersagen.

Zweimal in dessen junger Geschichte hatte Musk Tesla bereits aufs Spiel gesetzt. Erst mit dem Roadster, dann mit dem Model S. Zweimal hat er – zusammen mit ergebenen Mitarbeitern – gewonnen. Und nun mit dem Model 3? Nach langen und hohen Verlusten konnte Musk im Oktober 2018 für das dritte Quartal mehr als 80000 verkaufte Autos und einen Gewinn von 312 Millionen Dollar melden. Von nun an werde Tesla in jedem Quartal mehr Geld einnehmen als ausgeben.

Damit scheint der Elektroautohersteller über den Berg – mit den letzten Rest Strom im Akku, also dem letzten Geld in der Kasse. Ab jetzt kann das Unternehmen eigenes Kapital für seine nächsten Investitionen verdienen, sich also sozusagen bei laufender Fahrt selbst wieder aufladen. 2019 soll nun endlich das Basis-Model-3 folgen, dann der Klein-SUV Model Y, 2020 der aberwitzig schnelle Roadster und der Sattelschlepper Semi mit riesiger Reichweite. Und dann soll SpaceX 2019 ja außerdem erstmals Menschen ins All bringen.

Mit tränenerstickter Stimme berichtete Musk im Spätsommer, das zurückliegende Jahr sei das „schwierigste und schmerzhafteste“ seines Lebens gewesen. Warum aber tut er sich das an? Für ihn selbst ist die Antwort ganz einfach: Weil es Tesla geben muss, damit der Übergang zu einem nachhaltigen Energiesystem schneller erfolgt. Den Gedanken, dass der Zug zur E-Mobilität inzwischen auch ohne ihn schnell genug rollt, scheint Musk nicht einmal zuzulassen.

(rot)