Jugendliche fordern Klimaschutz und Sicherheit für die Kohlekumpels

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Die Klima- und Energiewochenschau: Von streikenden Schülern, der besonderen Verantwortung der EU und von einer US-Linken, die den Klimaschutz nach vorne bringen will

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Im südwestpolnischen Katowice hat am Sonntag die diesjährige UN-Klimakonferenz begonnen. Noch bis zum Ende nächster Woche werden die Vertreter von 194 Staaten sowie der EU im Schneckentempo über Klimaschutz beraten, während die polnische Regierung versucht, unliebsame Klima-Aktivisten durch die zeitweise Wiedereinführung von Grenzkontrollen abzuwehren.

Derweil haben in verschiedenen Ländern am Freitag kurz vor Konferenzauftakt junge Menschen ihre Schulen bestreikt und für mehr Klimaschutz demonstriert. In Berlin hatten 200 Schüler bereits am Montag vergangener Woche das Wirtschaftsministerium belagert, in dem die Kohlekommission tagte.

Ihre Forderungen: unter anderem ein sofortiger Genehmigungsstopps für neue Kohlekraftwerke und Tagebaue, die "Stilllegung der dreckigsten Kraftwerksblöcke bis Ende 2020" und Maßnahmen, damit die globale Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau beschränkt bleibt. Außerdem verlangten sie einen sofortigen Stopp der erzwungenen Umsiedlungen in den Tagebauregionen und "berufliche und finanzielle Sicherheit für Beschäftigte der Kohleindustrie".

Schulstreik fürs Klima

Angeregt wurden die globalen Aktionen von einer jungen Schwedin, die in Stockholm bereits seit Monaten mit ihren Aktionen auf sich und vor allem auf das Thema Klimaschutz aufmerksam macht. Hier ein Bericht des Berliner Tagesspiegels über die 15jährige Greta Thunberg und ihren "Skolstrejk för Klimatet".

Der britische Guardian berichtet von "Tausenden" australischen Schülern, die am Freitag in Australien auf die Straße gingen und von dem dortigen Minister für Rohstoffe den Rat bekamen, sie sollten lieber in der Schule sitzen und etwas über den Bergbau lernen.

Ein Schüler hatte dagegen für den Chef des Ministers, Scott Morrissen (Scomo), einen guten Rat: Send Scomo back to school.

Geballte Arroganz gut gekontert (auch von den Schülerinnen hier). Ein kleiner Trost für die jugendlichen Klimaschützer: Die Regierungspartei Liberal Party wird gerade von ihren inneren Widersprüchen zerrissen und wird in den nächsten Wahlen mit ziemlicher Sicherheit abgestraft. Sie wurde kürzlich von rechten Hardlinern übernommen, die insbesondere auch in Sachen Klimaschutz das Rad der Geschichte zurückdrehen wollen.

Doch nicht jeder in der Partei ist bereit, diesen Kurs mitzugehen und die Anhängerschaft sieht sich offenbar nach Alternativen für die nächste Wahl um.

Derweil haben in Köln und Berlin am Samstag nach Veranstalterangaben zusammen rund 36.000 Menschen für mehr Klimaschutz und den schnellen Ausstieg aus der Kohle demonstriert. In Berlin seien es 16.000 gewesen sein - was nach dem Augenschein stimmen könnte - und 20.000 in Köln. Der WDR schreibt von "mehr als 10.000" Teilnehmern.

"Ökologie nicht gegen Arbeit ausspielen lassen"

Im Vordergrund der Proteste stand die Forderung nach einem raschen Ausstieg aus der Kohle. Die Bundesregierung stehe in Katowice mit leeren Händen da, heißt es beim Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND). Die Bundesregierung habe das Klimaschutzziel für 2020 - die Emissionen bis dahin im Vergleich zu 1990 um 40 Prozent abzusenken - aufgegeben. Dabei wäre es "durch entschlossenes Handeln noch (zu) erreichen. (…) Wir sind im Endspiel um unsere Zukunft und die unserer Kinder und Enkel."

Seit 30 Jahren wissen wir Bescheid: Bis zum Ende dieses Jahrhunderts droht eine globale Erderwärmung um drei Grad. Die Umweltzerstörung eskaliert. Aber die Politik verbleibt in einer niedergehenden Epoche, die das wirtschaftliche Wachstum wie ein Goldenes Kalb verehrt. Das Schneller, Höher und Weiter birgt den Keim der Vernichtung in sich. Der Widerspruch zwischen Wissen und Handeln wird immer größer.

Michael Müller, Bundesvorsitzender der Naturfreunde Deutschlands und ehemaliger Staatssekretär im Bundesumweltministerium, am Samstag auf der Demonstration in Berlin

Der langjährige SPD-Bundestagsabgeordnete (1983 bis 2009) Müller betonte weiter, dass die Demonstrationen nicht Ökologie gegen Arbeit und Soziales ausspielen lassen" wollen. Es werde "ein Zehn-Milliarden-Programm für den regionalen Strukturwandel, ein Programm für Arbeit und Umwelt" benötigt. Ansonsten gebe es "kein besseres Zukunftsprogramm mit hohen Beschäftigungseffekten als die sozialökologische Modernisierung unseres Landes. Wir bieten den Gewerkschaften an, mit uns gemeinsam für dieses Ziel zu kämpfen."

Denn der Kohleausstieg sei erst der Anfang. Der Ausstieg aus dem Öl und eine Verkehrswende müssten folgen, ebenso "das Ende der Agrarindustrie und (der) Umbau der chemischen Wirtschaft".