Polen: Trumps laute Freundin eckt an

US-Botschafterin Mosbacher mit dem polnischen Innenminister Mariusz Błaszczak. Bild: US Embassy

Die US-Botschafterin Georgette Mosbacher hatte das Vorgehen der polnischen Regierung gegen Medien gerügt

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Georgette Mosbacher, die US-Botschafterin in Warschau, ist derzeit um warme Worte bemüht. Die Aufhebung der Visumspflicht für Polen sei "eine Priorität Trumps", zudem werden weiterhin amerikanische Soldaten in Polen stationiert sein. Die Nettigkeiten haben ihren Grund. Die 71-jährige gute Bekannte des US-Präsidenten hat das nationalkonservative Regierungslager vor den Kopf gestoßen.

Dies liegt wohl auch an ihrem Temperament. Wenn es ein weibliches Gegenstück zu Donald Trump gibt, dann ist es die Republikanerin mit den roten Haaren und Kleidern und dem lauten Selbstbewusstsein. Sie besitzt zwei Kosmetikfirmen, eine Unternehmensberatung und das Know-How, wie der amerikanische Traum Wirklichkeit wird: "Mach Dich an die Arbeit und kümmere Dich nicht um die Kritiken", so ein Credo aus ihrem Ratgeber.

Doch die derzeitige polnische Regierung ist dafür bekannt, sich sehr ausgiebig und passioniert um die Kritik der anderen zu kümmern. So auch um den kritischen Brief der temperamentvollen Diplomatin, die erst seit Februar in Warschau wirkt und die sich mit dem richtigen Schreiben der Namen polnischer Politiker nicht lange aufgehalten hatte. Ihre Zeilen von der vergangenen Woche an Premierminister Mateusz Morawiecki brachten "eine tiefe Besorgnis" zum Ausdruck, da die Regierung gegen unabhängige Journalisten vorgehe, aber die USA die freien Medien als "tragende Pfeiler" der Demokratie verteidige.

Mosbacher spielte hier auf das Vorgehen der Behörden gegen einen Journalisten des regierungskritischen Senders TVN an: Piotr Wacowski schlich sich als verdeckter Reporter bei polnischen Neonazis ein und nahm mit verdeckter Kamera eine Feier zu Hitlers Geburtstag im April 2017 auf. Dabei zeigte er selbst den Hitlergruß, die Staatsanwaltschaft ermittelt nun gegen ihn, wegen Verbreitung "faschistischer Propaganda".

Der Brief wurde von einem Journalisten der eher regierungskritischen Zeitung "Dziennik" via Twitter veröffentlicht, die Medien des Regierungslagers entrüsteten sich, die Regierung selbst schwieg, der stellvertretende Premierminister Jaroslaw Gowin sagte ein geplantes Treffen mit Mosbacher ab.

Dass die polnischen Behörden gegen den unliebsamen Medienvertreter vorgehen, ist für Kenner der aktuellen Verhältnisse nichts Überraschendes. Die Staatsanwaltschaft ist fest in der Hand des nachtragenden Justizministers Zbigniew Ziobro, dem liberalen Establishment wurde der Kampf angesagt. Das machte freilich auch Trump. Doch in der Wahl der Mittel gibt es Unterschiede. Medienfreiheit gilt in den USA als hohes Gut - und da scheint Mosbacher, die erst diese Woche zugegeben hat, den Brief verfasst zu haben, in ihrer Überzeugung ein wenig klassisch-amerikanischer als ihr aktueller Präsident zu sein. Hinzu kommt selbstverständlich, dass TVN ein Sender mit einem amerikanischen Anteilhalter ist. Der Versuch, tvn24 mit einer horrenden Geldstrafe zu belegen, wurde bereits im Januar diesen Jahres durch Druck aus Washington verhindert.

Die Krise ist für Warschau von Bedeutung, denn Amerika gilt traditionell als wichtigster Verbündeter Polens, vor allem angesichts der russischen Aktivitäten in der Ukraine. Und während der regierungsnahe Staatspräsident Andrzej Duda die EU als eine Art Besatzungsmacht, als "imaginäre Gemeinschaft, von der wir nicht viel Nutzen haben", schmäht, wurde ihm vom US-Präsidenten bei der Unterzeichnung eines Partnerschaftsvertrag nicht mal ein Stuhl angeboten, so dass er in gebückter Stellung eine komische Figur abgab.

Doch auch Mosbacher geriet argumentativ in die Bredouille, als sie von polnischen Journalisten in einer Diskussion auf das Hinwegsehen Trumps bei Verbrechen gegen Werte von Saudi Arabien und der Türkei angesprochen wurde.

Im aktuellen Fall war es Mosbacher, die sich zurücknahm. Auch gab sie erst Anfang dieser Woche zu, dass sie den Brief verfasst hatte, wollte ihn jedoch nicht weiter kommentieren. Doch für die temperamentvolle Freundin von Trump, den sie als "wahren Gentleman" verehrt, unter anderem da er sie einst mit ihren Hunden im Privatjet nach Las Vegas nahm, worauf er einen "besonderen Platz in ihrem Herzen habe", gibt es weiterhin Kritikpunkte an Polen. So verlangt derzeit der Chef der Nationalbank Adam Glapinski, dass die kritische Berichterstattung in den Online-Ausgaben der Gazeta Wyborza und von Newsweek über ihn gelöscht werde. Den Vertretern der Gazeta Wyborza wurde bei der letzten Pressekonferenz der Nationalbank der Zutritt verwehrt.

Auf der anderen Seite wartet auf Polen wieder die alte Enttäuschung über den amerikanischen Freund: Das Aufheben der Visapflicht wurde von allen US-Präsidenten versprochen, um die Wähler polnischer Herkunft bei der Stange zu halten, jedoch nie eingehalten, um die Schwarzarbeit einzudämmen. Auch Trump versprach die Reiseerleichterung als erste Amtshandlung, doch seine Antimigrationspolitik wird auch hier dem Konkreten in der polnisch-amerikanischen Freundschaft entgegen stehen.

Mosbacher, die mit ihrer selbstbewussten "Self-Promotion" auch den Republikanern in Washington Ende der 80er und Anfang der 90er zu schrill war (sie war damals mit dem Robert Mosbacher, dem Wirtschaftsminister, verheiratet) scheint somit Garant für einen hohen Unterhaltungswert in Warschau zu sein.

Beleidigte Polen haben mittlerweile eine Petition gestartet, um Mosbacher loszuwerden. Sollten sie über 100 000 Stimmen zusammen bekommen, wird sich das Weiße Haus mit dem Fall beschäftigen müssen.