Annegret Kramp-Karrenbauer ist neue CDU-Chefin

Neu gewählte Parteivorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer. Bild: CDU/Tobias Koch

Die von Merkel favorisierte Nachfolgerin gewinnt die Wahl um den Parteivorsitz knapp gegen Friedrich Merz

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Von Annegret Kramp-Karrenbauer wird gesagt, dass sie diejenige Kandidatin unter den drei Bewerbern für den Parteivorsitz ist, die dem Merkel-Kurs am nächsten steht und damit eine bestimmte Kontinuität repräsentiert. Gestern Abend deutete der ARD-Deutschlandtrend darauf, dass sie damit bei einer repräsentativ ausgewählten Stichprobe der Bevölkerung besser ankommt als ihre Konkurrenten.

Der CDU-Parteitag bestätigte die Richtung, wenn auch knapp. Erst in der Stichwahl erreichte Kramp-Karrenbauer die nötige Mehrheit, nämlich 517 von 999 abgegebenen Stimmen. Ihr schärfster Konkurrent, der Politikrückkehrer Friedrich Merz, erhielt 482 Stimmen. Der dritte Kandidat, Jens Spahn, derzeit Gesundheitsminister, wird von Kommentatoren als Mann der Zukunft gehandelt.

Bei ihrer Dankesrede betonte die neue Parteivorsitzende, dass es ihr Ziel sei, aus der CDU die "große Volkspartei der Mitte" zu machen, dabei sollten alle Parteiflügel mitmachen und insbesondere ihre beiden Konkurrenten. Ihre Bewerbungsrede, so fiel Beobachtern auf, hätte sie - anders als Merz - auch auf einem Parteitag der SPD oder Grünen halten können.

AKK, wie der Name der neuen Parteivorsitzenden häufig abgekürzt wird (später auch als Kanzlerin?), wird eine Nähe zu den Grünen und zur SPD nachgesagt, nicht unähnlich ihrer Vorgängerin Merkel. Anderseits sagt man ihr auch einen Ehrgeiz nach, der vor allem darauf aus ist, Wahlen zu gewinnen. Auch das ist Merkel-nah.

Auf queer kommentiert man skeptisch, dass Annegret Kramp-Karrenbauer nun endlich Homosexuellen die Fähigkeit zuspricht, dass sie gute Adoptiveltern sein können, wo sie doch früher das Adoptionsrecht als "gesellschaftspolitisches Experiment" abgelehnt hat. Ähnliche Etappen durchlief Angela Merkel bei der Ehe für alle.

Es wäre aber ein Fehler in Annegret Kramp-Karrenbauer einen bloßen "Merkel-Klon" zu sehen, damit würde man sie unterschätzen, stand heute in der Welt, wo man sich, wie in vielen anderen Mainstream-Zeitungen auch, ausgiebig über den tollen Nachfolge-Wahlkampf in der CDU gefreut hat.

Welches politische Profil die neue Chefin der CDU geben kann, wird man aber erst sehen. Die Freude über die Nachfolgebewerbung in der CDU hatte viel mit dem Schwung zu tun, der mit Merkels Rücktritt frei wurde, als in der geschlossenen Gesellschaft endlich eine Tür aufgemacht worden war.

Welchen Anteil dieser Effekt am Stimmungsaufschwung der CDU hat, ob die Frischluftzufuhr nur von kurzer Dauer ist oder ob die Vorsitzende den neuen Schwung auch über längere Zeit einer großen Öffentlichkeit draußen vermitteln kann, ist noch offen. Auch am Volksparteinimbus der CDU wird längst gekratzt.

Es zeigt sich aber auch, dass man Merkel und ihre Politik zu voreilig abgeschrieben hat (siehe Nix mit "Merkel muss weg"). Ihr Kurs scheint prinzipiell noch immer geeignet für Mehrheiten. Wie viel der Kurs aber aushält, wenn es die nächsten größeren Schwierigkeiten gibt? Die Ereignisse in Frankreich zeigen an, dass manche Unterströmungen erst spät wahrgenommen werden.