Terrorwarnstufe in Frankreich nach mehreren Toten und Verletzten in Straßburg

Screenshot nächtliche Pressekonferenz des Innenministers, France 24

Der mutmaßliche Täter, der bei einem Weihnachtsmarkt das Feuer auf Passanten eröffnete, ist auf der Flucht. Er wird in den Akten als radikalisiert geführt

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Drei Tote, zwölf Verletzte, darunter sechs in einem kritischen Zustand, gab der französische Innenminister Christophe Castaner in der Nacht auf Mittwoch als vorläufige Bilanz eines mörderischen Angriffs in Straßburg bekannt, der als Terroranschlag eingestuft wird. Die Regierung in Paris verhängte die höchste Terrorwarnstufe. Die Staatsanwaltschaft in Paris ermittelt wegen "mehrfachen Mordes und Mordversuchen in Zusammenhang mit einem terroristischen Unterfangen und in Verbindung mit einer terroristischen kriminellen Vereinigung".

Einzeltäter sind die "rarisssimo" Ausnahme, so die Erfahrung. Der Täter in Straßburg, der früh anhand der Überwachungskameras identifiziert wurde, ist flüchtig. Er sei unauffindbar, hieß es gestern um Mitternacht, und das ist auch der Stand am Mittwochmorgen. Man geht mit allen Vorbehalten zur Informationslage von einem Mann aus, der gestern Abend kurz vor 20 Uhr in der Nähe oder am Rand eines gutbesuchten, berühmten Weihnachtsmarktes (im letzten Jahr waren es zwei Millionen Besucher) in der Innenstadt Feuer auf Passanten eröffnete. Laut Innenminister Castaner gab es "drei Szenen mit Schießereien".

Der Flüchtige wird von 350 Polizisten der Spezialeinheiten der BRI (Brigades de recherches et d'intervention) und dem RAID (Suche, Unterstützung, Intervention, Abschreckung) gesucht, beteiligt sind auch Einheiten der Armee, die in der seit Jahren andauernden Anti-Terror-Bereitschaftsoperation Sentinelle Dienst haben. Sie sollen sich mit dem Flüchtigen am Abend zwei Feuergefechte geliefert haben, bei denen es zu Verletzungen kam.

Die Angaben zur Bewaffnung des Mannes sind unterschiedlich. Überall war zu lesen, dass der angeblich um die 30 Jahre alte Mann eine Schusswaffe und ein Messer bei sich hatte, zur Schusswaffe wurde mehrere Variationen genannt, so etwa der Begriff Handfeuerwaffe oder halbautomatische Pistole.

Der Mann sei polizeibekannt, wurde gestern Abend ziemlich rasch mitgeteilt. Nach ihm wurde gefahndet, nachdem er am Morgen bei einer Hausdurchsuchung im Zusammenhang mit Ermittlungen wegen eines Raubüberfalls von der Polizei nicht angetroffen wurde. In seiner Wohnung wurden angeblich "Granaten" gefunden.

Er soll ein Strafregister haben. Darüber hinaus wird der Mann unter dem mittlerweile notorisch bekannten Datenbankeintrag "Fiche S" geführt, die man - mit Abstrichen - mit einer Gefährderdatei vergleichen kann. Der Eintrag Fiche S führt nicht unbedingt zu Überwachungsmaßnahmen. Unter Fiche S der Datei sind Zehntausende registriert. Ende letzten Jahres waren es 25.000.

Über die fehlenden oder unzureichenden Konsequenzen gibt es nach jedem Terroranschlag mit einem als Fiche S Registrierten Beteiligten hitzige Diskussionen in Frankreich. Gestern Abend hatte unter anderem Marine Le Pen dazu einen neuen Anfang gestartet.

Außer, dass er strafrechtlich relevante Verstöße begangen hat, ist von dem Mann laut Berichten auch bekannt, dass er sich in islamistischen Kreisen in Straßburg bewegt hat oder Bekanntschaften hatte. Er habe sich radikalisiert, ist zu lesen. Der Mann ist in Straßburg geboren und ist nordafrikanischer Herkunft.

Bis zum Mittwochmorgen gab es noch keine Meldungen, wonach der IS oder eine andere Terrorgruppe die mörderischen Gewalttaten gegenüber unschuldigen Zivilisten auf seine Dschihadfahne schreiben will.

Schock und Panik in Straßburg waren groß. Bewohner wurden dazu aufgefordert, dass sie in ihren Häusern bleiben, Passanten sollten in Restaurants und Cafés unterkommen und auch die Abgeordneten des europäischen Parlamenst durften das Gebäude stundenlang nicht verlassen.