Botterdämmerung

Die Diskussion um eine Kennzeichnungspflicht für Social Bots geht am Kern des Problems vorbei.

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Ein Gespenst geht um im Internet. Das Gespenst des "Social Bot". Software, die darauf programmiert ist, Aufmerksamkeit auf bestimmte Themen zu ziehen, eigene Botschaften zu verbreiten und so die politische Meinung gezielt zu beeinflussen.Zuletzt, berichtete unlängst die Tageszeitung "Welt", sei das bei bei der Kampagne gegen den UN-Migrationspakt deutlich geworden, die maßgeblich von Bots befeuert worden sein soll. Die Bundesregierung erwägt deshalb jetzt sogar eine Kennzeichnungspflicht für Bots in sozialen Netzen. Botterdämmerung?

Sieht erst mal nicht so aus. Denn zum einen ist die Faktenlage dünn: Der Welt-Artikel bezieht sich auf eine Studie des Unternehmens Botswatch, die das Unternehmen jedoch nicht veröffentlichen will. Zum anderen verweisen diverse Experten darauf, wie schwer es sei, die Kennzeichnungspflicht zu überwachen, wie simpel gestrickt und mithin leicht zu durchschauen Bots zur Zeit noch wären, und was für gefährliche Waffen sonst noch im Arsenal der Infokrieger stecken.

Einzelne Netzaktivisten mutmaßten zudem, eine Kennzeichnungspflicht für Bots sei nur das Vorspiel für eine allgemeine Klarnamenpflicht im Internet. Der Tenor der Netzdebatte um Bots: Alles völlig übertriebenen, hysterisch und gesteuert von durchsichtigen Motiven.

Das ist schade. Nicht, dass ich jetzt die Kennzeichnungspflicht als Allheilmittel verteidigen möchte. Die Diskussion um Bots in sozialen Netzen böte allerdings eine Gelegenheit, gemeinsam zu reflektieren wie sehr sich politische Öffentlichkeit in den vergangenen zwanzig Jahren verändert hat, was das für unsere Gesellschaft bedeutet, und wie wir bitteschön in Zukunft damit umgehen wollen.

So zu tun, als ob privatwirtschaftlich betriebene soziale Netze, die den Gesetzen der Aufmerksamkeitsökonomie gehorchen, nun mal die Marktplätze der Gegenwart sind, auf denen sich halt alle tummeln müssen, die gesellschaftlich etwas bewirken wollen, ist naiv.

(wst)