Wie soll die Linke mit der Rechten umgehen?

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Obwohl viele persönlich Haltung zeigen, gibt es keine klare Strategie

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Der in der Kunsttradition von Neo Rauch stehende Maler Alex Krause versteht sich nicht als politischer Künstler. Trotzdem trennte sich die Galerie Kleindienst von ihm aus politischen Gründen. Krause hatte in Stellungnahmen auf Facebook Sympathie für die AfD erkennen lassen. Der Künstler fühlte sich dann an die DDR erinnert.

"Die Einträge auf der privaten Facebook-Seite des Künstlers wurden während der vergangenen zwei Jahre inhaltlich zunehmend einseitig. Er referierte und verlinkte eindeutig rechtsextreme Seiten", verteidigte Galerist Christian Seyde in der Wochenzeitung Freitag die Trennung. Zu den Kritikern der Entscheidung gehört der in der 1990er Jahren in Ostdeutschland beliebte Psychotherapeut Hans-Joachim Maaz, dem auch rechte Sympathien nachgesagt wurde. Die Radiomoderatorin Kathrin Huß soll ihre Stelle gekündigt haben, weil sie nicht kritisch intervenieren wollte, als Maaz sich in ihrer Sendung migrationskritisch äußerte.

Gegen Normalisierung rechter Diskurse

Die feministische Journalistin Margit Stokowski sagte eine Lesung in einer Münchner Buchhandlung ab, weil dort auch Bücher rechter Autoren angeboten werden. Dafür wurde auch von nicht-rechten Kreisen Zensurversuche vorgeworfen. Daher stellte die Journalistin ihre Position noch einmal klar.

Für mich gehört es sehr zentral zum Engagement gegen Rechts, dass man die Positionen von Rechten und Rechtsextremen nicht normalisiert. Mit "normalisieren" meine ich, bestimmte menschenfeindliche Aussagen als etwas hinzustellen, was eben zum vielfältigen Spektrum innerhalb einer Demokratie gehört und was man "aushalten" müsse, auch wenn dabei z.B. gegen Minderheiten gehetzt wird. (…) Man muss diese Texte dann nicht unbedingt kaufen, dafür gibt es Bibliotheken, Archive usw. Ich sehe nicht, wie man sich gegen Rechts engagiert, wenn man Autoren wie Alexander Gauland oder aus dem Antaios-Verlag durch Buchkäufe Geld zukommen lässt. (…) Ich sehe nicht, wie man als Buchhändler einerseits gegen Rechts sein will und dann gleichzeitig den Erfolg der Rechten in diesem Land unterstützt, indem man ihre Schriften aktiv anbietet und durch Verkäufe fördert.

Margarete Stokowski

Sowohl die Galerie Kleindienst als auch Margarete Stokowski positionieren sich hier individuell gegen rechts. Ihnen Zensur vorzuwerfen ist absurd. Sie haben beide nicht dazu aufgefordert, rechte Künstler oder Autoren auszugrenzen. Sie haben nur klargestellt, dass sie nicht mit solchen Künstlern oder Autoren in Verbindung gebracht werden wollen.

Eine solche Haltung dürfte auch deshalb soviel Wut auslösen, weil sie den vielen, die sich nicht so verhalten, zeigt, um Haltung gegen rechts zu dokumentieren, muss man nicht auf eine Antifa-Demonstration gehen. Manchmal kann eine solche Haltung im Alltag wirkungsvoller sein.

Soko Chemnitz - oder wie das Zentrum für politische Schönheit eine Aktion aus den USA übernimmt und als die Eigene ausgibt

Damit heben sich Margarete Stokowski und die Galerie Kleindienst auch klar von den jüngsten Kapriolen des Zentrums für politische Schönheit ab, das mit seiner Soko Chemnitz eigentlich nur eine Unterabteilung des Verfassungsschutzes eingerichtet hatte.

Da die Protagonisten des Zentrums für politische Schönheit auch in der Vergangenheit als Fürsprecher des bürgerlichen Staates und der sogenannten Menschenrechtskriege aufgefallen sind, dürfte es sich bei der Soko Chemnitz nicht um eine Satire, sondern um die Hybris von Künstlern handeln, die mal Pause machen sollten.

Selbst die Tatsache, dass zivilgesellschaftliche Gruppen in den USA nach den rechten Aufmärschen von Charlottesville ähnliche Outing-Methoden nutzten und es dabei zu den üblichen Kollateralschäden - der Denunziation von Unbeteiligten - kam, macht daraus kein adäquates Mittel im Kampf gegen rechts.

Wer es als Kampf gegen rechts sieht, prekär Beschäftigten ihren Job zu nehmen, mag zu solchen Mitteln greifen. Dass sich Familienmitglieder gegenseitig denunzieren, spricht auch nicht für die Aktion. Merkwürdigerweise bezieht sich das Zentrum für politische Schönheit nicht auf das Vorbild USA, wohl um die eigene Originalität rauszustellen.

Waldorfschule als Klassenstreber im Kampf gegen rechts

Heftige Reaktionen löste der Beschluss einer Berliner Waldorfschule aus, das Kind eines AfD-Politikers nicht aufzunehmen. Natürlich ist der Einwand berechtigt, dass ein Kind nicht für die politische Einstellung der Eltern in die Verantwortung genommen werden sollen. Doch, wo bleibt dann die Kritik, wenn Kindern wegen der sozialen Stellung der Eltern Schulbesuche verweigert werden?

Es drängt sich allerdings der Verdacht auf, dass hier eine Waldorfschule als Klassenstreber im Kampf gegen rechts auftritt, um nicht von ihren Gründer Rudolf Steiner und dessen rassistischer Wurzellehre reden zu müssen.