Alles gelogen, aber online

Angeblich sind 40 Prozent aller Aktivitäten im Internet Fake. Und der Rest? Hoffentlich stimmt der

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So. Jetzt wurde im alten Jahr auch noch Siri verklagt. Das hört ja gut auf. Also, streng genommen wurde eigentlich Apple vor den Kadi gezogen. In Israel. Weil eine dort ansässige Radiosprecherin meint, dass man ihre Stimme in Siri unrechtmäßig benutzt habe. Für Siri. Und deshalb sei ihr ein Schaden von umgerechnet 66.000 USD entstanden.

Darf ich anmerken: das ist eigentlich ein Schnäppchen für Apple. Hätte ein US Radiosprecher seine Stimme zu Unrecht auf Siri gefunden, wäre das UNternehmen jetzt wahrscheinlich pleite. Aber Israel ist da preisgünstiger. Auch wenn dann sozusagen 100 Prozent von Siri auf Hebräisch Fake wären.

Gut, man würde schon gerne wissen, warum ein Radiosprecher bei bestimmten Sätzen nicht misstrauisch werden sollte. "Ich kann Jehova nicht im Internet finden" spricht man ja ja doch selten in ein Mikrophon (sollte man sich das überhaupt trauen), ohne sich eine klare Frage zu stellen: Wer will das denn bitteschön. Und warum. Aber egal. Siri in Israel ist rein rechtlich Fake. Basta. Haben wir gelernt. Danke.

Das New York Magazine stellt nun die Behauptung auf, dass 40 Prozent aller Aktivitäten im Internet Fake sind. Nicht nur in Israel. Weltweit. Und das beziehe sich nicht nur auf angebliche Menschen, die sich wild durch Soziale Medien posten. Nein, auch andere Aktivitäten, ganze geschäftliche Transaktionen, Wiederverkäufe, sogar produzierter Content wie Kinderfilme mit berühmten Vorbildern seien Fake. Vermutlich dreht Siri in Israel gerade heimlich die Eiskönigin nach und ist nur deshalb noch nicht fertig damit, weil man einfach keinen zugefrorenen See am Toten Meer findet und deshalb die Schlussszene nicht in den Kasten bekommt.

Wir geben es ja zu. Wir sind auch alle Fake. Nicht nur aus Gründen, die mit einem Bot oder einer Klickfarm zu tun haben. Soooo richtig echt sind die Profile, die es von uns auf diversen Plattformen gibt, nun auch wieder nicht. Nein, ich meine nicht das Tinder Profil, auf dem man eher wie ein rassiger Querfeldeinhengst mit Übersportambitionen aussieht und den eigenen Bierbauch wegretuschiert. Das rechnen wir mal unter "Verbesserung". Aber der Rest, Jesses, der Rest, wir lügen auf dem Netz ja auch der Welt die Hucke voll.

Uns gibt es alle gar nicht, und wir kaufen Dinge online, die wir angeblich gar nicht kaufen. Zumindest zu 40 Prozent. Und wir klicken auch nur pro forma auf den New Yorker, damit sich das in unserer Klickhistory gut macht und wir in Google mit einem SEO matchen, für das wir uns nicht zu sehr schämen müssen. Aber eigentlich hängen wir auf YouPorn herum. Und wir halten 25 Prozent unserer Suchanfragen im Netz strikt unter der Gürtellinie.

Das geht alles wahrscheinlich so weit, dass sich Bots ab und zu ungläubig gegenseitig anstupsen, kurz mit ihrem Tagwerk anhalten und sich fragen: Das kann doch gar nicht sein, dass Menschen wirklich so sind. Die lügen doch, oder?

Auch ein Bot hat schließlich seine Ehre ... das war jetzt natürlich gelogen.