Amerikanisches Glide-Breaker-System soll russische Hyperschallraketen abfangen

Werden die Abwehrraketen im Weltall stationiert?

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Am 26. Dezember ließ Russland eine Avangard-Rakete mit 27-facher Schallgeschwindigkeit in einer Plasmawolke fliegen. Der russischen Nachrichtenagentur RIA zufolge können die Avangard-Hyperschallraketen sowohl mit konventionellen als auch mit nuklearen Sprengköpfen bestückt werden. Technische Details dazu fehlen bisher jedoch, weshalb nicht alle Beobachter davon ausgehen, dass man die damit verbundenen Kühlprobleme wirklich schon gelöst hat.

Sind sie gelöst, haben sich die militärischen Gewichte zwischen den Mächten verschoben, weil man so eine Rakete mit herkömmlichen Raketenabwehrsystemen wie Patriot, AEGIS oder THAAD praktisch nicht abfangen kann (vgl. Sputnik-Schock bei Hyperschallraketen?). Für Radarsysteme sind die Raketen unsichtbar. Darüber hinaus können sie über Triebwerksschübe ihre Flughöhe variieren und Richtungsänderungen durchführen.

Der unausgesprochene Grund für amerikanische Weltraum-Militärkommandos?

Hyperschallraketen funktionieren mit so genannten "Scramjet"-Staustrahltriebwerken, die erst ab einer Geschwindigkeit von etwa 6000 Stundenkilometern anspringen. Um auf diese Geschwindigkeit zu kommen, werden die Gefechtsköpfe als "Glider" ("Gleiter") mit konventionellen Marschflugkörpern oder Interkontinentalraketen gestartet. Hier setzt das Glide-Breaker-Projekt an, das die militärischen Forschungsagentur DARPA im November ausschrieb. Offiziell sind bislang fast alle Details zu diesem Projekt geheim. Bekannt ist lediglich, dass es ein Abwehrsystem gegen Hyperschallraketen werden soll, das selbst mit Hyperschalltechnologie arbeitet.

Der ORF-Autor Erich Moechel glaubt, dass er noch etwas über das Glide-Breaker-System weiß: Dass es im Weltraum stationiert werden soll. Das schließt er unter anderem aus Äußerungen des US-Präsidenten Donald Trump, der kurz vor dem ersten Bekanntwerden der Glide-Breaker-Pläne die Notwendigkeit einer "Space Force" und eines amerikanischen Militärkommandos für den Weltraum betonte, ohne konkret zu offenbaren, warum er das für militärisch notwendig hält (vgl. Trump in Space).

Auf einer Veranstaltung am 4. August meinte er beispielsweise lediglich, es geschehe "jetzt so viel im Weltraum", und da spreche er "nicht nur über den Mars und den Mond", sondern auch "über eine gewaltige Verteidigungs- und Offensivkapazität, die im Weltraum liegt, weswegen wir die Space Force einrichten werden". US-Vizepräsident Mike Pence verwies in seiner Begründung vom 9. August sogar ganz konkret auf die Entwicklung russischer und chinesischer "Überschall-Raketen, um das amerikanische Raketenabwehrsystem auszuschalten".

Allerdings nannte Pence darüber hinaus auch die Bedrohung amerikanischer Satelliten als Grund für die Notwendigkeit einer amerikanischen Space Force. Kurz darauf zeigte sich ein Sprecher des US-Außenministeriums über einen bereits im Juni 2017 vom russischen Militär in eine Umlaufbahn gebrachten russischen Satelliten besorgt, weil "die russischen Absichten in Bezug auf diesen Satelliten unklar und offensichtlich eine sehr beunruhigende Entwicklung" seien (vgl. Trumps Space Command und der verdächtige russische Satellit Kosmos 2521).

Für eine Stationierung des Glide-Breaker-Systems im Weltraum sprechen auch Äußerungen wie die des amerikanischen Verteidigungsstaatssekretärs Michael Griffin, der auf einer Konferenz im September betonte, die Stationierung von Abwehrraketen im Weltraum wäre heute deutlich kostengünstiger als Anfang der 1990er Jahre, als man sie nach dem Kalten Krieg aufgab (Pentagon will Raketen im Weltraum stationieren).

Problem Hitze

Ungeachtet der Frage, ob das Glide-Breaker-Abwehrsystem im Weltraum stationiert werden soll, werden US-Ingenieure einige Probleme lösen müssen, bei deren Lösung sie in der Vergangenheit eher bedingt erfolgreich waren, wenn es tatsächlich mit Hyperschalltechnologie arbeiten soll.

Wahrscheinlich auch deshalb will die DARPA auf dem für den 22. Januar angesetzten nächsten "Proposers’ Day" für potenzielle Zulieferer (die sich noch bis morgen bewerben können) unter anderem über Materialien sprechen, die sich auch in der Hitze einer Plasmawolke nicht verformen. Verformen sich ihre Kanten, kann eine Hyperschallrakete nämlich nicht mehr gesteuert werden. Amerikanische Versuche, das mit Kühlsystemen zu verhindern, endeten in den Jahren 2010 bis 2013 mit Abstürzen.