Drohnen vs. Flughafen: Sieg durch K.O.

Drohnen legen Europas größte Flughäfen lahm. Wie kann das sein?

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Anton Weste

Willkommen zum heutigen Hauptkampf mit dem Titel: Es geht um Ihre Sicherheit! In der linken Ecke: ein geschickter Drohnenpilot, der sich ein paar Gedanken darüber gemacht hat, wie er unerkannt und unbehelligt etwas Chaos stiften kann. Ausrüstung: Eine Drohne und Equipment für insgesamt ein paar hundert Euro. In der rechten Ecke: Der siebtgrößte Flughafen Europas, 280.000 Flugbewegungen und 43 Millionen Passagiere pro Jahr, 25.000 Beschäftigte, ein Millionenbudget für Flugsicherheit. Auf wen würden Sie Ihr Geld setzen?

Dass es einem Drohnenpiloten im Dezember gelungen ist, sein Fluggerät mehrmals in der Sicherheitszone des Flughafens Gatwick aufsteigen zu lassen und den Flugbetrieb über Tage zu stören, ist für viele Experten unverständlich. Über 100.000 Passagiere waren von Flugausfällen betroffen. Der Verursacher ist trotz umfangreicher Ermittlung und 60.000 Pfund Kopfgeld noch immer nicht gefasst. Und es geht weiter: Im Januar gab es einen ähnlichen Vorfall in Heathrow.

In Deutschland ist in 1,5 Kilometern Umkreis um Flughäfen der Drohnenflug verboten. Die Deutsche Flugsicherung meldet eine deutlich steigende Zahl der Zwischenfälle mit Drohnen. Was die Kollision einer Drohne mit einem Flugzeug ausrichten kann, zeigte kürzlich ein Crashtest der Universität Dayton

Dass sich mit relativ wenig Aufwand per Drohne ein Flughafen lahmlegen lässt und sogar die Chance gegeben ist, damit durchzukommen, hat sich seit Gatwick herumgesprochen. Es braucht letztlich nur einen motivierten Täter, sei es ein politischer Aktivist, ein Terrorist oder jemand, der Vergnügen daran hat, Chaos zu verursachen.

Bis dato vorhandene Drohnenabwehr an Flughäfen: keine. Angekündigt ist die Installation von Systemen, die registrieren, wenn per Funk eine Drohne innerhalb der Sicherheitszone gestartet wird. Sie soll auch den Signalgeber identifizieren und weitere Funksignale stören können. Das ist noch zu wenig.

Technisch sind Szenarien möglich, in denen Drohnen auch ohne eine Funkverbindung starten und fliegen können. Dafür muss man zunächst die voreingestellten Sicherheitsprotokolle der Drohnenhersteller hacken, die vielen Geräten etwa ein automatisches Geofencing mitgeben, das den Betrieb in Flughafennähe unterbindet. Denkbar ist es etwa, eine Drohne im Stand-by an einen verborgenen Startplatz nahe des Flughafens zu verbringen und einen Timer zu setzen, der die Drohne zum gewünschten Zeitpunkt aktiviert. Das Fluggerät kann dann nach einem vorprogrammierten Kurs aufsteigen, gesetzte Wegpunkte abfliegen und selbsttätig wieder landen. Der Täter muss hierfür keine Funkverbindung zur Drohne herstellen. Er muss nicht mal in der Nähe sein, wenn die Drohne den Flugbetrieb stört. Die autonome Technik macht es möglich.

Die Flugsicherheit hat sich erkennbar nicht auf die Bedrohung durch den absichtlichen Einsatz von Stördrohnen eingerichtet. Drohnen sind wegen ihrer geringen Größe kaum auf dem Radar sichtbar. In Gatwick stellte man beim Vorfall Dutzende Polizisten ab, die mit bloßen Auge nach den Störfliegern Ausschau halten sollten, konventionelle Scharfschützen sollten sie vom Himmel schießen.

Dass es zu einem weiteren Vorfall kommt, ist wohl nur eine Frage der Zeit. Die Industrie bietet bereits verschiedene Abwehrsysteme an, mit denen auch autonome Drohnen vom Himmel geholt werden können, etwa durch Störung des GPS-Empfangs oder durch Überlastung der Flugelektronik mit leistungsfähiger Mikrowellenstrahlung. Es bleibt zu hoffen, dass Gatwick auch für deutsche Flughäfen der Weckruf war, der die Flugsicherheit in solche Abwehrmaßnahmen investieren lässt.

(anwe)