Kohlekommission: Ein fauler Kompromiss

Steag Kraftwerk Herne. Bild: CC BY-SA-3.0

Kohleausstieg soll erst 2038 vollzogen sein. Keine Sicherheit für Tagebau-Anwohner. Neue Proteste angekündigt

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Der Berg hat gekreißt und gebar eine Maus. Wider Erwarten hat die Kohlekommission am Freitagabend doch noch ein Ergebnis vorgelegt. Ein vollkommen unzureichendes. Erst 2038 soll das letzte Kohlekraftwerk vom Netz gehen, erst 2032 will man mal drüber nachdenken, ob es vielleicht auch drei Jahre früher sein könnte, berichtet die Tagesschau.

Das bleibt weit hinter dem Erforderlichen zurück. Wie bereits gestern vorgerechnet, müsste Deutschland bis 2030 seine Emissionen um 450 Millionen Tonnen, das heißt, um 50 Prozent reduzieren. Anders wird die globale Erwärmung nicht auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen sein.

Die Stilllegung aller Kohlekraftwerke könnte dazu knapp 300 Millionen Tonnen beitragen, müsste also noch mit Reduktionen in anderen Sektoren, zum Beispiel im Straßenverkehr oder in der Industrie, flankiert werden. Aber die Kohlekraftwerke sind noch das am einfachsten und schnellsten zu lösende Problem, weil die Ersatztechnologien längst da sind und zudem auch immer billiger werden.

Die Jugendlichen, die in den letzten Wochen in zunehmender Zahl hierzulande und anderswo für mehr Klimaschutz demonstriert haben, sind mit dem Ergebnis jedenfalls ziemlich unzufrieden. Mehr als 10.000 waren es am gestrigen Freitag in Berlin, 3.000 zur gleichen Zeit in München, viele Tausend in anderen deutschen Städten, die lieber für Klimaschutz auf die Straße gingen als die Schulbank zu drücken.

59 der örtlichen Schulstreik-Gruppen hatten im Vorfeld einen Forderungskatalog der neuen Bewegung veröffentlicht: Die fünf ältesten Kohlekraftwerke sollen sofort abgeschaltet werden und 14 weitere Braunkohlekraftwerke bis 2020 folgen, geht es nach den Schülern. Bis 2030 soll der Rest schrittweise folgen und außerdem keine weiteren Dörfer und auch nicht der Hambacher Wald für die Braunkohle zerstört werden.

Davon wurde so gut wie nichts von der Kohlekommission aufgegriffen, und was den Erhalt des Hambacher Waldes angeht, muss sich erst noch erweisen, was die Bekundung der Kommission in diesem Zusammenhang wert ist. Auch die Menschen in den Braunkohlerevieren Ostdeutschlands lässt die Kommission weiter in der Luft hängen, wie die Grüne Liga kritisiert.

Die Organisation kündigte daher "weitere Proteste gegen Umsiedlung, Landschaftszerstörung und Zwangsenteignungen im Lausitzer Revier an". Die Vertreterin der Lausitzer Tagebaubetroffenen in der Kohlekommission, Hannelore Wodtke, habe dem Kommissionsbericht daher nicht zugestimmt.

"Die Rettung des Dorfes Proschim vor der Umsiedlung ist seit Jahren überfällig. Auf Druck der sächsischen und brandenburgischen Landesregierungen lässt die Kohlekommission die betroffenen Menschen weiter in Unsicherheit über ihre Zukunft. Offensichtlich lassen sich Kretschmer und Woidke ihre Politik noch immer vom EPH-Konzern diktieren."
Hannelore Wodtke, Vertreterin der Lausitzer Tagebau-Anwohner in der Kohlekommission

Auch die Organisation Ende Gelände kündigte neue Proteste an.

"Was die Kohlekommission vorlegt, ist kein Konsens. Damit wird das 1,5°-Ziel unmöglich. Die Konzerne bekommen hier Geld für nichts, was mit dem Hambi und den Dörfern passiert, ist unklar. Noch 20 Jahre Kohlekraft sind 20 Jahre Kohlekraft zu viel."
Nike Mahlhaus, Pressesprecherin von Ende Gelände