Rapider Gletscherschwund in der Antarktis

Protestaktion im Braunkohletagebau Jänschwalde. Bild: Ende Gelände/CC BY 2.0

Die Energie- und Klimawochenschau: Proteste und Blockaden gegen die Kohle, ein schlechtes Jahr für die Windindustrie und neue Risiken für die Artenvielfalt

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Die Proteste gegen den Ausstiegsfahrplan der Kohlekommission bis zum Jahr 2038 halten an. Sowohl Schüler als auch Aktivisten des Bündnisses Ende Gelände demonstrierten am Freitag vor dem Bundeswirtschaftsministerium in Berlin. Demonstrationen von Schülern gab es auch in vielen weiteren Städten. Am Samstag wurde ein Steinkohlekraftwerk in Karlsruhe blockiert, am Montag Kohlebagger in der Lausitz und im Leipziger Land.

Mit dieser letzten Aktion protestieren Aktivisten von Ende Gelände und Robin Wood auch dagegen, dass es für die Dörfer in den beiden Kohleabbauregionen weiterhin keine Sicherheit gibt. Das Bündnis hatte zu einer Aktionswoche vom 1. bis zum 10. Februar aufgerufen, es wird also auch in den nächsten Tagen mit verschiedenen Formen des Protests zu rechnen sein. Die LEAG wirft den Aktivisten vor, auf diese Weise den von der Kommission für Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung erarbeiteten gesellschaftlichen Konsens zu torpedieren. Bei Robin Wood heißt es hingegen: "Die Aktivist*innen wollen klarstellen, dass es sich bei dem Bericht keinesfalls um einen gesellschaftlichen Konsens handelt und dass - trotz der Zustimmung von in der Kommission vertretenen Umweltorganisationen - weiterhin mit erheblichem Protest aus der Klimabewegung gerechnet werden muss."

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und die Grüne Liga versuchen in der Lausitz unterdessen, juristisch gegen den Kohleabbau im Tagebau Jänschwalde vorzugehen. Am 1. Februar hat die DUH beim Verwaltungsgericht Cottbus gegen den Weiterbetrieb des Tagebaus Klage eingereicht. Der Tagebau bedrohe geschützte Moorgebiet, da das Grundwasser abgesenkt würde und die Feuchtgebiete dadurch austrockneten.

Trotz solcher Bedenken wurde im Dezember 2018 der Hauptbetriebsplan für die Weiterführung des Tagebaus genehmigt. Die Betreiberfirma LEAG möchte in Jänschwalde bis zum Jahr 2023 Braunkohle fördern. "Da es an der behördlichen Verträglichkeitsprüfung fehlt, die bei Beeinträchtigung europäischer Schutzgebiete zwingend erforderlich ist, ist die aktuell für 2019 erteilte Genehmigung zur Weiterführung des Tagebaues Jänschwalde rechtswidrig", meint dagegen der Rechtsanwalt Dirk Teßmer, der für die DUH die Klage führt.

CO2-Budgets für die Ministerien

Medienberichten zufolge hat Bundesumweltministerin Svenja Schulze einen Entwurf für ein Klimaschutzgesetz vorgelegt, das ihrem Haus eine gewisse Leitrolle verleihen. Die einzelnen Ministerien würden Vorgaben zur CO2-Minderung erhalten, bei Nichteinhaltung müssten sie Bußgelder zahlen. Grundlage für die Minderungsziele wäre der Klimaschutzplan 2050 der Bundesregierung. Ein unabhängiger Klimarat solle die Fortschritte in den einzelnen Ressorts überwachen.

Hintergrund von Schulzes Vorschlag mag sein, dass es in einigen Ressorts beim Klimaschutz stärker hakt als in anderen, in erster Linie im Verkehr. Teuer würde ein fehlender Klimaschutz künftig in jedem Fall, die Frage ist eigentlich nur, wie die Kosten umgelegt würden. Denn ab 2021 muss die Bundesregierung - wie alle anderen EU-Länder auch - bei Nichteinhalten ihrer Klimaschutzziele entsprechende Zertifikate kaufen. Kritik am Gesetzesentwurf des Umweltministeriums kam laut einem Bericht der FAZ von Seiten des stellvertretenden Unionsvorsitzenden Georg Nüßlein. Er sieht darin sogar eine "Sollbruchstelle für die Koalition".

Eine verhalten positive Meldung kam am Donnerstag vom Umweltbundesamt (UBA). Demnach ist die Belastung mit Stickoxiden in deutschen Städten im vergangenen Jahr leicht zurückgegangen. Wenngleich die Stickoxidbelastung an vielen Messstellen geringer ausfiel als 2017, kam es dennoch weiterhin zu Überschreitungen des Grenzwerts von 40 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter Luft. Ludwigshafen, Halle, Regensburg und Solingen schafften es, den Grenzwert nicht mehr zu überschreiten. Allerdings werden die Jahresmittelwerte für viele Städte voraussichtlich erst im Mai vorliegen.

Wenig erfreulich ist die Bilanz des Windenergieausbaus für das Jahr 2018. Nach den Zahlen der DeutschenWindGuard wurden lediglich 2.400 Megawatt in 743 Anlagen an Land zugebaut. Damit wurden selbst die niedrigen Erwartungen des Bundesverbands Windenergie (BWE) von 3.300 MW für 2018 unterschritten.

Der Branchenverband sieht die Hauptursache für den Einbruch um 55 Prozent gegenüber dem Vorjahr darin, dass bei den Ausschreibungen im Jahr 2017 viele Projekte einen Zuschlag erhalten hatten, die noch über keine Genehmigung verfügten. Aber auch bereits erteilte Genehmigungen böten keine Sicherheit, weil häufig dagegen geklagt würde. So verzögere sich die Umsetzung der Projekte. Die Prognose des BWE für 2019 fällt mit knapp 2000 MW noch schlechter aus als für 2018. Der Verband fordert, zu den Ausschreibungsverfahren künftig nur noch genehmigte Projekte zuzulassen. Das Ziel, bis zum Jahr 2030 65% erneuerbare Energien im Strommix zu haben, sei mit den derzeitigen Ausbaupfaden nicht zu erreichen.

Ausgehöhlter Antarktis-Gletscher

An dieser Stelle haben wir mehrfach über den Eisrückgang in der Antarktis berichtet, insbesondere darüber, dass die Gletscher von der Unterseite her schmelzen, wenn sie die Bodenhaftung verlieren und Wasser darunter gelangt.

Einer der betroffenen Gletscher ist der Thwaites-Gletscher in der Westantarktis. Wissenschaftler der NASA, die die Gletscher der Antarktis aus der Luft vermessen, haben nun einen riesigen Hohlraum im Thwaites-Gletscher entdeckt. Dieser ist 10 Kilometer lang, 4 Kilometer breit und 350 Meter hoch. 14 Milliarden Tonnen Eis muss dieser Hohlraum ehemals enthalten haben.

Thwaites-Gletscher. Bild: NASA/OIB/Jeremy Harbeck

Das Erschreckende ist, dass er sich zum größten Teil innerhalb der letzten drei Jahre gebildet haben muss. Die Wissenschaftler gingen zwar bereits vorher davon aus, dass der Thwaites-Gletscher nicht überall auf dem Gestein aufliegt, der jetzige Befund war aber auch für sie überraschend. Die Größe von Hohlräumen spiele eine wichtige Rolle, so der Leitautor der nun im Fachmagazin Science Advances veröffentlichten Studie, Pietro Milillo: "Je mehr Wärme und Wasser unter den Gletscher gelangen, desto schneller schmilzt er."

Allerdings zeigt Thwaites seinen Schwund nicht nur in Form der neuen großen Höhle auf der Westseite. Insgesamt zieht sich der Bereich zurück, in dem der Gletscher auf dem Festlandsockel aufliegt. Auf der Ostseite des Gletschers haben sich unter dem Eis kleinere Kanäle gebildet, die ebenfalls die Eisschmelze befördern. Der Thwaites-Gletscher trägt momentan etwa 4% zum Anstieg des Meeresspiegels bei. Sollte er komplett abtauen, könnte er den Meeresspiegel um 65 Zentimeter steigen lassen und die Westantarktis weiter destabilisieren.

Dass einige Gletscher in der Westantarktis komplett verloren gehen werden, davon gehen Wissenschaftler schon seit fünf Jahren aus. Doch auch das Eis der Ostantarktis könnte sich als weniger stabil erweisen als bislang angenommen.

Steigende Temperaturen bedrohen Fruchtbarkeit

Auf ein ganz anderes Risiko der globalen Erwärmung machen Wissenschaftler der University of Liverpool aufmerksam, und zwar das einer möglichen Unfruchtbarkeit. "Es besteht das Risiko, dass wir den Einfluss des Klimawandels auf das Überleben von Arten unterschätzen, weil wir uns auf die Temperaturen konzentrieren, die tödlich für Organismen sind, statt auf die Temperaturen zu schauen, bei denen sie sich nicht mehr fortpflanzen können", erklärt der Biologe Tom Price von der Universität Liverpool.

Besonders betroffen könnten davon kaltblütige Tiere und im Wasser lebende Organismen sein. Ob ein Rückgang der Fruchtbarkeit schließlich zu einem kompletten Aussterben von Arten führe oder durch die Anpassung einzelner Pflanzen und Tiere aufgewogen werden könne, darüber können die Forscher zum jetzigen Zeitpunkt noch nichts sagen. "Wissenschaftler auf der ganzen Welt, die sich mit verschiedenen Lebensformen beschäftigen, von Fischen über Korallen bis hin zu Blütenpflanzen, Säugetieren oder Fliegen, müssten herausfinden, wie die Temperatur die Fruchtbarkeit dieser Organismen beeinflusst. Diese Temperatur müssten sie mit den Schätzungen vergleichen, ab denen die Organismen nicht mehr funktionieren oder sterben", so Price.

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