Trilog-Einigung auf Uploadfilter

Grafik: TP

GEMA glücklich - Internetwirtschaftsverband eco befürchtet, dass das Internet in Europa bald "kaputt gefiltert" werden könnte

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Gestern Abend verkündete EU-Digitalbinnenmarktkommissar Andrus Ansip via Twitter eine Einigung der Trilog-Unterhändler seiner Kommission, des Europaparlaments und des EU-Rats bei den Verhandlungen um die neue EU-Urheberrechtsrichtlinie. Damit, so der Este, bekämen "die Europäer endlich moderne Copyright-Regeln, die ins digitale Zeitalter passen und und Vorteile für alle bringen" würden: "Garantierte Rechte für Nutzer, eine faire Entlohnung für Urheber und klare Regeln für die Betreiber von Plattformen".

Außerhalb der EU-Kommission sieht man das nicht überall so: Während Harald Heker, der Vorstandsvorsitzende der deutsche Musikverwertungsgesellschaft GEMA, die Einigung in ähnlichen Worten wie Ansip begrüßte, kritisierte sie Oliver Süme, der Vorstandsvorsitzende des Internetwirtschaftsverbandes eco, als "vertane Chance für ein digitaltaugliches Urheberrecht". Seiner Ansicht nach haben die Trilog-Verhandler "die zahlreichen kritischen Stimmen gegen ein europäisches Urheberrecht inklusive Uploadfilter und Leistungsschutzrecht […] ignoriert":

Statt eines fairen Interessenausgleichs haben sich die protektionistischen Bestrebungen durchgesetzt und damit letztlich eine Benachteiligung digitaler Dienste und Geschäftsmodelle. Damit setzt Europa ein klares Zeichen und sagt: Nein zu Innovation und zum technischen Fortschritt. Das novellierte Urheberrecht wird damit zum Hemmnis für die Digitalisierung in Europa. (Oliver Süme)

Sümes Ansicht nach ignoriert die Richtlinie "sämtliche Potenziale der digitalen Wirtschaft" und bremst "die Entwicklung neuer innovativer Geschäftsmodelle europaweit systematisch aus[,] nur um traditionelle Industrien und veraltete Geschäftsmodelle zu schützen". Der "Verwirklichung des europäischen digitalen Binnenmarktes" werde sie damit "in keiner Weise gerecht". Stattdessen fürchtet der eco-Vorstandsvorsitzende einen "Wettbewerbsnachteil für den Investitionsstandort Europa" durch die Behinderung von Innovationen.

"Kaputt gefiltert"

Außerdem vermutet er, dass das Internet in Europa bald "kaputt gefiltert" werden könnte und glaubt, dass "eine einschneidende Verletzung rechtsstaatlicher Prinzipien [droht], wenn zukünftig Unternehmen und nicht Gerichte darüber entscheiden, was wir im Internet sehen, hören und lesen dürfen".

Mit den "kritischen Stimmen", die die EU-Kommission seiner Wahrnehmung nach ignorierte, meint Süme unter anderem die 4,7 Millionen Bürger, die die Petition #saveyourinternet unterschrieben haben. Das sind mehr, als bei bislang jeder anderen Petition auf EU-Ebene. Dass so viele unterzeichneten, lag unter anderem daran, dass Google und YouTube ihre Nutzer vor massiven Einschränkungen durch die Richtlinie warnten (vgl. Weniger Spaß und weniger Opposition).

Grundlage dieser Warnungen ist, dass Artikel 13 der Richtlinie alle Plattformbetreiber, die älter als drei Jahre sind, mehr als fünf Millionen Nutzer haben oder einen Jahresumsatz von mehr als zehn Millionen Euro erwirtschaften, entgegen der bisherigen Regelung in der E-Commerce-Richtlinie so umfassend für Immaterialgüterrechtsverletzungen in nutzergenerierten Inhalten in die Pflicht nimmt, dass dieser faktisch nur mit Uploadfiltern genüge getan werden kann. Artikel 11 der Richtlinie gewährt Presseverlegern darüber hinaus ein europaweites Leistungsschutz, das sie geltend machen können, wenn ganze Sätze oder Überschriften zitiert werden (vgl. Upload-Filter und Leistungsschutzrecht: EU-Gremien einigen sich auf Copyright-Reform).

Europaparlamerntarier und Regierungen der Mitgliedsländer können Zustimmung noch verweigern

Nach der Entscheidung schossen bei Twitter neben dem Petitionshashtag #saveyourinternet auch die Hashtags #savetheinternet #Artikel13 und #NieMehrCDU in die Top Ten. Letzterer bezieht sich darauf, dass der CDU-Europaabgeordnete Axel Voss bei der Richtlinie federführend war. Für die Uploadfilter stimmten aber auch viele Sozialdemokraten und Grüne (vgl. Graue Grüne stimmen für Springerpresse-Uploadfilter).

Theoretisch haben die Abgeordneten dieser Fraktionen nun die Gelegenheit, der Uploadfilterpflicht bei der letzten Abstimmung im Plenum die Mehrheit zu entziehen. Die deutsche SPD hätte darüber hinaus die Macht, dafür zu sorgen, dass das Trilog-Verhandlungsergebnis im Rat der Mitgliedsländer abgelehnt wird, weil Uploadfilter dem Koalitionsvertrag widersprechen. Ob sie davon Gebrauch macht, wird sich in den nächsten Wochen zeigen.

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