Fitch senkt Kreditwürdigkeit Italiens nicht

Foto: Shashank457. Lizenz: CC BY-SA 4.0

Staatsanleihen bleiben für viele institutionelle Anleger im erlaubten Bereich

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Gestern meldete die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ), die Ratingagentur Fitch habe die Kreditwürdigkeit Italiens gesenkt. Diese Falschmeldung musste sie heute früh korrigieren. Tatsächlich beließ Fitch Italien nämlich auf seiner alten Einstufung "BBB". Eine niedrigere Einstufung hätte zur Folge gehabt, dass viele institutionelle Anleger ihren eigenen Regeln nach italienische Staatsanleihen nicht nur meiden, sondern sogar abstoßen hätten müssen, weil sie dann als zu unsicher gegolten hätten. Das daraus resultierende größere Angebot hätte die Zinsen, die die italienische Regierung für ihre Schulden zahlen muss, wahrscheinlich deutlich erhöht und sich möglicherweise auch auf andere Länder ausgewirkt.

Ministerpräsident Giuseppe Contes Büro meinte nach dem Bekanntwerden der unveränderten Einstufung, diese "bestätig[e] die wirtschaftliche Solidität unseres Landes", auch wenn sie "von der vorübergehend verlangsamten Wirtschaft, die ganz Europa betrifft", negativ beeinflusst sei. Fitch selbst meinte dazu, "die Bewertung und die negativen Aussichten" spiegelten einen "extrem hohen Stand der öffentlichen Schulden" und die "Abwesenheit von strukturellen Haushaltskorrekturen" wider.

Quota 100 und Grundsicherung

Diesen Schuldenstand hatte die EU-Kommission im letzten Jahr zum Anlass genommen, den italienischen Haushalt erst nach einer leichten Korrektur der Neuverschuldung nach unten zu genehmigen (vgl. EU-Kommission akzeptiert etwas kleineres italienisches Haushaltsdefizit). Dass die geplante Neuverschuldung für 2019 trotzdem noch höher liegt als von der abgewählten sozialdemokratischen Vorgängerregierung versprochen, liegt daran, dass die Koalition aus Lega und M5S zentrale Wahlversprechen wie die Rentenreform "Quota 100", die Entbürokratisierung der Steuerpflicht für Kleinunternehmer und die Einführung einer Grundsicherung nicht vollständig durch Einsparungen in Bereichen wie Migration und Rüstung gegenfinanzieren konnte (vgl. Italienische Regierung legt EU-Kommission Haushalt vor).

Durch die Rentenreform, die am 1. April 2019 in Kraft tritt, können Arbeitnehmer in den Ruhestand gehen, wenn ihr Lebensalter zusammen mit den Jahren, in die sie in die Rentenkasse einzahlen, die Zahl Hundert ergibt oder übersteigt. Ist jemand dann beispielsweise 62 Jahre alt und war 38 Jahre lang rentenversichert, kann er sofort in den Ruhestand gehen. Dafür hat die italienische Regierung 2019 vier und 2020 gut acht Milliarden Euro vorgesehen. Sie erwartet sich davon eine Million frei werdende Stellen in den nächsten drei Jahren, in die junge Italiener nachrücken und dadurch die enorme Jugendarbeitslosigkeit senken können. Aktuell liegt sie unter den 15- bis 34-Jährigen bei nahezu 20 Prozent. Voraussetzung dafür, dass diese Rechnung aufgeht, ist allerdings, dass die jungen Arbeitslosen auch über entsprechende Ausbildungen, Fähigkeiten und Bereitschaften verfügen, wie sie die Neurentner hatten.

Über die genaue Ausgestaltung des ab Ende April geplanten Grundeinkommens, das die M5S in das Regierungsprogramm einbrachte, wird noch gestritten. Abgeordnete der Lega haben im Senat Änderungswünsche wie die Begrenzung der maximalen Bezugsdauer auf drei Jahre und eine Erhöhung der Pflichtstunden an gemeinnütziger Arbeit von wöchentlich acht auf 36 Stunden gefordert (vgl. Italien führt die von der M5S versprochene Grundsicherung ein).

Ungarn verbessert Kreditwürdigkeit

Über das von Brüssel genehmigte Maß hinaus steigen könnte die Neuverschuldung, wenn sich die italienische Wirtschaft (und mit ihr das Steueraufkommen) negativer entwickeln als von der italienischen Regierung erwartet. Indizien dafür, dass das der Fall sein könnte, sind unter anderem ein Rückgang der italienischen Industrieproduktion um 5,5 Prozent und ein Schrumpfen der italienischen Wirtschaft im zweiten Halbjahr 2018. Hinzu kommen schlechtere Aussichten für die Weltwirtschaft, die der Prognose des Weltwährungsfonds nach vor allem die Industriestaaten betreffen. Die EU-Kommission hat das von ihr erwartete italienische Wirtschaftswachstum deshalb bereits von 1,2 auf 0,2 Prozent gesenkt. Allerdings gibt es auch positive Nachrichten wie die geplante 2100 Kilometer lange und sechs Milliarden Euro teure Eastmed-Pipeline, die Europa via Italien mit israelischem Erdgas versorgen soll.

Während das trotz mancher Medienerwartungen nicht herabgestufte Italien nur relativer Gewinner der neuen Fitch-Einstufungen ist, kann sich Ungarn über eine absolute Verbesserung freuen: Die Bewertung der langfristigen ungarischen Staatsanleihen wurde nämlich von BBB- auf BBB heraufgestuft, weil die Staatsverschuldung sinkt. Damit folgt Fitch der Ratingagentur Standard & Poors, die Ungarns Kreditwürdigkeitseinschätzung bereits vorletzte Woche entsprechend korrigierte.

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